Entscheidend sind für die Insekten aber nicht nur die Bäume - auch die Grünflächen unter ihnen spielen eine zentrale Rolle. Dies konnte Böll in einer ersten Studie 2017 zeigen, in der sie drei heimische mit drei südosteuropäischen Bäumen verglich. "Der Grünstreifen unter den Bäumen war ein unverzichtbarer Teillebensraum der Wildbienen, aber auch von Zikaden", erklärt Böll. Nester von 57 Wildbienenarten, also ein Zehntel aller deutschen Wildbienenarten, fand sie in den Grünstreifen unter den Bäumen.
Insgesamt gab es keine Unterschiede der Insektenvielfalt bezüglich der unterschiedlichen Baumarten. Dieses Ergebnis möchten sie und ihr fünfköpfiges Team nun mit mehreren Baumarten überprüfen.
Pilotarbeit gegen den KlimawandelBis auf die erste Studie gibt es keinerlei Hinweise darauf, wie unsere urbane Insektenfauna exotische Bäume aufnimmt. Da Insekten eine bedeutende Rolle für den Klimawandel spielen, etwa für Bestäubungsprozesse, ist das Pilotprojekt so wichtig.
Die Biologin sagt: "Insekten sind die artenreichste Tiergruppe. Das heißt, wenn welche ausfallen, können langfristig auch andere Tiergemeinschaften zusammenbrechen und damit Ökosysteme." Eine hohe Artenvielfalt könne zudem verhindern, dass Schädlinge die Bäume angreifen.
Erste Ergebnisse in einem JahrNachdem alle Fallen der 30 Bäume geleert sind, bringt Böll sie in das Biozentrum der Universität Würzburg. Paul Geisendörfer ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und schreibt seine Masterarbeit über "Lebensraum Stadtbaum". Er spült den Inhalt der Fallen mit Ethanol, um die Insekten zu konservieren. Nachdem er sie in Kleinstarbeit nach Arten sortiert und auf eine Nadel gespießt hat, betrachtet er sie unter dem Binokular stark vergrößert.
Eine dunkle Erdhummel, die er auf einer Ulme gefunden hat, stimmt ihn positiv: "Das zeigt, dass besonders die Wildbienen auf unterschiedliche Baumarten gehen und die annehmen." Böll wiederum vermutet, dass eine "Mischung der Baumarten" eine ideale Lösung für Klima und Insektenfauna darstellt. Bis im Oktober sammeln sie und ihr Team weiterhin fliegende und flugunfähige Insekten. Mit ersten Ergebnissen der zweijährigen Studie ist im nächsten Frühjahr zu rechnen.