Mit der Timeline soll das bisherige Profil ersetzt werden und ein digitales Tagebuch entstehen. Die Funktion „Ältere Beiträge" wird verschwinden, sämtliche Statusmeldungen und Fotoposts in Endlosschleife dargestellt. Jegliche Ereignisse werden für alle Ewigkeit auf Facebook gespeichert und als eine Art Magazin präsentiert. Beiträge werden automatisch chronologisch angeordnet. „So erzählt man die ganze Geschichte seines Lebens auf einer einzigen Seite", sagt Mark Zuckerberg. Aber will man das? Möchte man, dass jeder „Freund" lückenlos alle Statusmeldungen und Updates bis zum ersten Beitrag zurückverfolgen kann?
Facebook möchte seinen Nutzern die Möglichkeit geben, die wichtigsten Ereignisse ihres Lebens mit der Welt zu teilen, Hochzeitsfotos und Videos vom Nachwuchs zu posten. Aber nicht jeder will so persönliche Momente in einem sozialen Netzwerk veröffentlichen, sondern mit seinen engsten Vertrauten teilen. In der realen Welt.
Nach Angaben von Zuckerberg soll die Timeline dazu dienen, auf den ersten Blick mehr über einen Menschen zu erfahren, als es die bisherigen Pro- filangaben erlaubten. Würde die Bevölkerung das wollen, hätten in der Vergangenheit vermutlich mehr Leute überhaupt alle Informationsfelder ausgefüllt. Selten gaben User mehr Informationen als Name, Wohnort, Alter und Hobbys preis. Und das aus gutem Grund! „Facebook ist so stalkerisch!", „Wie gemacht für Stalker" – so lauten viele der Kommentare zu den angekündigten Neuerungen im offiziellen Facebook-Blog.
Mit dem Mechanismus „Open Graph" – der zweiten großen Veränderung – werden dem digitalen Freundeskreis des Nutzers mitgeteilt, welches Lied er gerade hört. Oder welchen Film er sich ansieht. Oder welches Rezept er gerade nachkocht. Auch wenn er hierfür eigentlich keinen Faceook-eigenen Dienst verwendet, sondern eine App von externen Anbiertern innerhalb des Netzwerkes nutzt. Hat man die Anwendung einmal mit Facebook verbunden, werden alle Aktivitäten automatisch immer im Ticker sichtbar sein. Ohne vorher – wie bisher – zu fragen: „Diesen Inhalt auf Facebook teilen?"
Spotify, einer der Kooperationspartner, stellte gestern ein Video auf seiner Homepage online, das mit „Spotify <3 Facebook" und „Überall Musikvorschläge und Play-Buttons" seinen neuen Dienst anpreist.
Facebook versprach, dass die Mitglieder des Netzwerkes die Kontrolle darüber behalten werden, welche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Ob es dennoch Probleme mit dem Datenschutz geben wird, ist noch abzuwarten. Was bereits sicher ist, ist, dass Facebook mit diesen Veränderungen eine Art unterschwellige Konsumentenforschung betreibt. Es ist bekannt, welche Bücher, Filme, Lieder und Themen den Nutzer interessieren, verbundenen Anbietern wird es leicht gemacht, daszu Passendes anzubieten. Zuckerberg möchte Facebook zu einem medialen Knotenpunkt machen, veranlasste in den letzten Wochen zahlreiche Änderungen. Nicht zuletzt, weil Google+ seinen Konkurrenzentwurf vor kurzem öffentlich machte. Ob das alles funktionieren wird, kommt allerdings darauf an, ob die Nutzer mitmachen oder nicht.