Am frühen Montag des 6. Februars erschütterten zwei Erdbeben der Stärke 7,7 und 7,6 und Hunderte Nachbeben den Südosten der Türkei und Nordwesten Syriens. Betroffen sind vor allem türkische, kurdische und syrische Städte.
Die Beben ereigneten sich in Maraş (Epizentrum), Gaziantep, Şanlıurfa, Hatay, Adana, Adıyaman, Diyarbakır, Osmaniye, Kilis, Malatya und Elazığ im Südosten der Türkei, den syrischen Provinzen um Idlib und Aleppo und der kurdischen Region in Nordsyrien.
Die Beben forderten in Syrien laut offiziellen Angaben mehr als 3500 Menschenleben, in der Türkei ist die Zahl auf über 24.000 Opfer gestiegen. Über 80.000 Menschen sind verletzt, Tausende werden noch unter den Trümmern vermutet. Allein in der Türkei sollen 6000 Gebäude eingestürzt sein. Die Folge: Zehntausende Menschen sind obdachlos.
Es folgt eine für Sie zusammengestellte Übersicht an neuesten Artikeln zur größten Katastrophe in der Geschichte der Region.
Das sagt die WissenschaftZuletzt erlebte die Türkei ein Erdbeben mit solch verheerenden Folgen 1999 in der Marmararegion. Damals waren Städte im Nordwesten betroffen, darunter auch Istanbul, Bolu und Bursa.
In den Sozialen Medien häufen sich Beiträge von Menschen aus der Türkei, die ihren Unmut ausdrücken: „Wir haben doch gesagt ,Nie wieder darf sich das von 1999 wiederholen' - und jetzt seht uns an", heißt es beispielsweise. Nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien werden die Vorwürfe immer lauter, Politiker hätten die Wissenschaft nicht ernst genug genommen.
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„In der Region, in der sich das heutige Erdbeben ereignete, sind Verwerfungssegmente gebrochen, die seit 500 Jahren Spannungen aufgebaut haben. Da das Intervall der Erdbebenentstehung an diesen Verwerfungen 400-500 Jahre beträgt, wurde ein Erdbeben an diesen Verwerfungen wissenschaftlich erwartet", sagt Prof. Dr. Hasan Sözbilir, Direktor des Erbebenforschungs- und anwendungszentrums (DAUM) der Dokuz-Eylül-Universität (DEU) in Izmir.
Unser Kollege Jan Kixmüller aus dem Ressort Wissen hat Ihnen das Erdbeben in der Region aus Sicht der Forschung in folgenden Artikeln zusammengefasst.
„Niemand hat reagiert" Wissenschaftler beklagen ignorierte Erdbebenwarnungen Das Türkei-Beben aus Sicht der Forschung Die Expertise muss auch gehört werden
Das sind die politischen DimensionenImmer lauter wird die Kritik an der Verantwortungslosigkeit, die dem Bausektor der Türkei vorgeworfen wird. Unzureichend stabile Gebäude trugen ebenfalls zum derartig hohen Verlust von Menschenleben bei.
Ein von Expert:innen oft verwendeter Satz wird nun mehr denn je zitiert: „Erdbeben töten nicht, Gebäude töten". Die Korruption im türkischen Bausektor, der florierende Schwarzbau, die mit Billigmaterialien gebauten unverhältnismäßig hohen Häuser sind zu „Massengräbern" geworden, wie Journalist:innen im Land schreiben. Unliebsame Kritik dämmt der Staat mit Ermittlungen und eintägiger Twitter-Sperre ein.
Die Wut auf die Regierung wird sich wohl in den im Mai anstehenden Präsidentschaftswahlen der Türkei entladen. Der Journalist Aydın Selcen des unabhängigen Nachrichtendienstes Medyascope sieht klare Prioritäten im Wiederaufbau der durch das Erdbeben zerstörten Provinz. Weniger Krieg, mehr Investition in Bildung, Gesundheit und Katastrophenprävention.
© dpa/AP/Kamran JebreiliDie unter dem Kampf gegen Terror laufende Militäroffensive der türkischen Regierung in Rojava wurde trotz schwerer Beben unterdessen fortgesetzt. Es habe Berichten zufolge türkische Luftangriffe gegeben, dabei ist auch die kurdische Autonomie in Nordsyrien von den Beben betroffen.
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In der kurdischen und seit 2018 von der Türkei und islamistischen Milizen besetzten Stadt Afrin im nördlichen Umland von Aleppo, wurden hunderte Menschen verletzt, die Zahl der Verschütteten sei ungewiss. Bürger:innen selbst versuchten sich tagelang selbst zu helfen, wie in Videos in den Sozialen Medien von Menschen vor Ort berichtet wird.
Die vom Krieg zerrüttete syrische Stadt Aleppo ist einer der Orte, die am stärksten von dem tödlichen Erdbeben betroffen ist. Insbesondere in Nordsyrien tobt weiterhin ein Bürgerkrieg, was die Öffnung von Grenzübergängen und koordinierte Hilfeleistungen erschwert.
Die politischen Dimensionen dieses Bebens lässt sich nicht so leicht überblicken. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben sie für Sie aufgeschrieben.
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So können Sie helfenUnmittelbar nach den Berichterstattungen über die Meldungen, folgte eine breite Koordinierungsarbeit türkischer, kurdischer und arabischer Communities in vielen Städten Deutschlands. Auch in Berlin strömten Tausende Hilfswillige an Sammelorte, wo Freiwillige die Berge an Kleidung, Hygieneartikel und Decken sortierten und in LKW's verfrachteten.
Die Hilfsbereitschaft ist groß. Doch vor allem für das kriegsgebeutelte Syrien gibt es kaum die Gewissheit, dass Spenden dort ankommen, wo sie gebraucht werden.Expert:innen befürchten, dass der unter dem Schutz Russlands stehende Regierungschef Assad die Notlage auf internationaler Bühne zu herrschaftspolitischen Zwecken instrumentalisieren wird. Sowohl das syrische als auch das kurdische Volk in den betroffenen Gebieten sind inmitten eines politischen Konflikts auf internationale Hilfe angewiesen - das macht alles komplizierter.
Wenig Vertrauen bei der Gleichheit von Hilfsversorgung und infrastrukturellen Zugängen haben auch alevitisch-kurdische Bürger:innen aus mehrheitlich oppositionellen Gemeinden und Dörfern. Auch am dritten Tag habe es laut Bewohner:innen der im Epizentrum der Beben liegenden Orte wie Elbistan und Pazarcık unzureichend Hilfe gegeben.
„Warum kommt niemand, wir sind doch auch Menschen, wieso ist niemand hier?", fragt eine Frau in Pazarcık weinend. Die alevitischen Gemeinden wie AABF und BDAS sammeln daher unabhängig Geldspenden.
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Spenden werden von verschiedenen zentralen und dezentralen Organisationen gesammelt. Von Sachspenden wurde von diversen Hilfsorganisationen vermehrt abgeraten, unter anderem vom Deutschen Roten Kreuz.
Die besonders in syrischer und kurdischer Regionen ansässige NGO medico erklärt auf Twitter: „Geldspenden ermöglichen es, genau das zu beschaffen, was wirklich gebraucht wird und garantieren, dass die Hilfsgüter auch dem lokalen Kontext angepasst sind."
Große Spendenbereitschaft in Berlin Tausende Kartons mit Hilfsgütern für Erdbebenopfer in der Türkei Vorsicht vor „Trittbrettfahrern" beim Spenden So können Sie den Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien helfen Große Hilfsbereitschaft Wie Berlin für die Erdbebenregion sammelt Wie Hilfe in der Not funktioniert „Das Ausmaß dieser Katastrophe überrollt auch die Rettungskräfte"
Eine Liste an Hilfsorganisationen, die Spenden für die Erdbebenregion sammeln:Kurdischer Roter Halbmond in Deutschland Heyva Sor a Kurdistanê e. V. Kreissparkasse Köln IBAN: DE49 3705 0299 0004 0104 81 BIC/SWIFT: COKSDE33XXX Paypal.me/heyvasorakurdistane
AABF - Almanya Alevi Birlikleri Federasyonu: Empfänger: Alevitische Gemeinde Deutschland K.d.ö.R. IBAN: DE46 3806 0186 6401 4060 32 BIC: GENODED1BRS Volksbank Köln Bonn Verwendungszweck: Spende Erdbeben Türkei 2023/Name/Adresse
Ärzte der Welt e.V. IBAN: DE06 1203 0000 1004 3336 60 BIC: BYLADEM1001 Deutsche Kreditbank Stichwort: Nothilfe Türkei / Syrien www.aerztederwelt.org
Save the Children e.V. IBAN: DE92 1002 0500 0003 292912 BIC: BFSWDE33BER Bank für Sozialwirtschaft Stichwort: Nothilfe weltweit www.savethechildren.de
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