In Neukölln, da geht noch was. Das Motto der Diskussionsveranstaltung, die von der Unternehmensgruppe Klingsöhr Gruppe am Montagabend initiiert worden war, traf es ziemlich genau: „Neukölln im Kommen". An der Runde im Auditorium des Estrel-Hotels an der Neuköllner Sonnenallee nahmen Geschäftsführer und Co-Investor Stefan Klingsöhr, Bezirksbürgermeister Martin Hikel und Maxim Streletzki, Sohn des Estrel-Eigentümers Ekkehard Streletzki, teil.
Im Sommer nächsten Jahres soll das SHED fertig sein; ein 250 Millionen Euro teurer Gebäudekomplex, der Gastronomie, Büros und die private Hochschule SRH University of Applied Sciences beherbergen wird - also die erste Hochschule in Neukölln. Mit dem geplanten 176 Meter hohen Estrel-Tower auf der gegenüberliegenden Straßenseite soll das höchste Hochhaus Berlins Ende 2024 im Bezirk stehen.
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Bauherr für den Estrel Tower ist Maxim Streletzki. „Wir stehen in Konkurrenz mit anderen Metropolen wie Barcelona oder Stockholm." Mit diesen europäischen Großstädten müsse man um diese Kongresse kämpfen und den Standort daher möglichst attraktiv machen.
Wenn in Nord-Neukölln die Mieten teilweise höher sind als in Zehlendorf, dann ist da eine Schieflage entstanden.
Martin Hikel (SPD), BezirksbürgermeisterDie Baukosten dafür sind laut Maxim Streletzki „gewaltig". Dass teure Projekte Gefahr laufen, auch mal „Prozessschwierigkeiten" zu haben, „weil einzelne Gewerbe teurer geworden sind", kenne man als Bezirk gut, sagte Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD). „Durch Baukostensteigerungen mussten wir dann auch mal den ein oder anderen Euro von der Senatsverwaltung verlangen."
Auch sei die Gentrifizierung ein großes Diskussionsthema im Bezirksamt. Dort sei es aber schon immer ein Wunsch gewesen, „eine gesunde Mischung" aus der „sozioökonomisch relativ homogenen Zusammensetzung" im Bezirk herauszuholen. „Da ist uns eine positive Veränderung gelungen", denn das heutige „Highlife an kulinarischen Möglichkeiten" im Reuterkiez sei vor 15 Jahren niemals möglich gewesen.
Gleichzeitig gibt Hikel zu, dass durch den sukzessiven Anstieg des Mietspiegels besonders in Nordneukölln eine „faktische Verdrängung" stattfindet. „Wenn in Nord-Neukölln die Mieten teilweise höher sind als in Zehlendorf, dann ist da eine Schieflage entstanden, die wir in Kooperation mit Eigentümern wieder hinkriegen müssen, aber auch durch Regularien, an die sich Eigentümer halten sollen."
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„Durch Gentrifizierung entstehen Ängste bei den Menschen, man will ja seinen Wohnraum nicht verlieren." Die Lösung: „Eine gesunde Balance schaffen." Es sei auch wichtig, dass Industrieflächen in Städten wie Berlin bewahrt würden. Erheblichen Widerstand im Bezirk gebe es nicht, sagte Hikel. „Nicht in der Form, weil diese Projekte sind ja erst einmal Angebote, die zum Teil Kaufkraft in den Bezirk holen und Arbeitsplätze schaffen.
Im Zuge der Städtebauentwicklung Berlins hält Hikel auch die Signa-Neubauplanung von Karstadt am Hermannplatz für eine nachvollziehbare Entscheidung, auch wenn Neukölln als Bezirk an dem Umbau nie unmittelbar beteiligt gewesen sei, da sich das Gebäude auf der Kreuzberger Seite befindet.
„Trotzdem war uns klar, dass das nur in Kooperation geht, wenn sich an diesem Gebäude was ändert, weil der Hermannplatz als solcher umgestaltet werden muss." Verkehrstechnisch sei es am Hermannplatz nicht mehr „up-to-date", die Verkehrssituation drumherum mit zwei Fahrspuren sei „sehr intensiv".
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„Wenn dieser von Signa geplante Umbau so käme, wird es eine gesamtstädtische Bedeutung haben." Zwar habe Hikel mitbekommen, dass die unmittelbaren Anrainer dort ein sehr gespaltenes Verhältnis dazu hätten, doch in „einigen vielen Bürgergesprächen ist dann immer gefragt worden: Wann baut ihr denn endlich um?"
Der Artikel erschien zuerst in unserem Neukölln-Newsletter, hier weitere Themen der aktuellen Ausgabe: Bezirkspolitik, Politik an der Basis, ist immer ein wichtiges Thema unserer Bezirksnewsletter. Bei den Sitzungen der Bezirksverordneten sind wir präsent. Und schauen auch auf die Menschen, die sich in die Bezirkspolitik einbringen - nicht zuletzt Kinder. Die BVV tagt am Mittwoch zum 12. Mal, unter anderem stehen Kindermitbestimmung und das Problem Drogenmüll auf der Tagesordnung. Von Ersterem macht Eva Gebrauch, um Letzteres zu beklagen. Denn die Neunjährige stört es, dass in ihrem Kiez an der Flughafenstraße so viel Drogenmüll sei und viel gedealt werde. Sie fragt in Richtung Politik: „Macht ihr schon was dagegen?" Mehr dazu im Newsletter, weitere Themen diesmal unter anderem: Sozialkulturelle Arbeit im Schillerkiez fängt Sorgen und Wünsche junger Neuköllner:innen auf Prozess um Neuköllner Messerattacke: Angeklagter habe keinen Hehl aus rechter Gesinnung gemacht Die erste Hochschule Neuköllns in Planung Estrel-Bauprojek wirbt: „Neukölln im Kommen" - nur für wen? Was Sprache mit Gentrifizierung zu tun hat „Forgotten Team": Fotoausstellung zu den ausgebeuteten Arbeiter:innen in Katar Startschuss für den 44. Friedrich-Ludwig-Jahn-Lauf in der HasenheideUnseren Newsletter aus Neukölln können Sie wie alle zwölf Bezirksnewsletter vom Tagesspiegel hier kostenlos bestellen.
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