Eine Frau sitzt im Zug, der Mann neben ihr reibt sein Bein an ihrem. Eine Frau sitzt im Zug, ein Mann macht sie erst an und folgt ihr dann bis nach Hause. Zwei junge Mädchen sitzen im Zug, ein Mann fotografiert mit seinem Handy unter ihre Röcke.
Nur drei von Hunderten Beispielen, von denen Menschen derzeit unter #imzugpassiert auf Twitter berichten. Vor allem Frauen schreiben von verbalen Angriffen, Doppeldeutigkeiten, sexuellen Belästigungen, Verfolgungen und Machtdemonstrationen. Binnen kurzer Zeit ist der Hashtag zu einem der meistdiskutierten Themen auf der Plattform geworden.
Ausgelöst wurde die Diskussion durch eine Ankündigung der Mitteldeutschen Regionalbahn. Das Unternehmen hatte am Donnerstag mitgeteilt, in Zügen zwischen Leipzig und Chemnitz künftig Abteile für Frauen zur Verfügung zu stellen. Damit solle das Sicherheitsgefühl weiblicher Fahrgäste gestärkt werden. Der ORF-Journalist Hanno Settele kritisierte die Idee daraufhin auf Twitter. Sein Gegenvorschlag zum Umgang mit den Tätern: "Melden und raus mit ihm nächste Haltestelle. Per Polizei. Ist nicht so schwer."
Anlass genug für viele Twitter-Nutzerinnen, auf sexuelle Belästigung im Zug hinzuweisen. "Mann starrt mich mit irren Augen über den Gang an", twitterte @AnnaLenaBankel und fragte: "Und, was ist euch anderen Frauen* so #imzugpassiert ?" Viele - auch Männer und Transgender - antworteten.
Die Vielzahl der Beiträge macht deutlich, wie alltäglich Sexismus in Deutschland ist. Und die Reaktionen zeigen, dass viele trotz #aufschrei und der vermeintlichen Sexismusdebatte nach den Übergriffen von Köln noch immer keine Vorstellung davon haben, wie alltäglich diese Erfahrungen für Frauen sind.
"Ist #imzugpassiert jetzt der neueste Versuch, Männer mal wieder als triebgesteuerte Machoschweine zu beschreiben?", twittert @aurhurhey. Andere beleidigen die Schreiberinnen, machen sich über ihre Erfahrungen lustig und ziehen sie ins Lächerliche. Und auch pauschale Kritik am Feminismus bleibt wie so oft nicht aus. Unter die Kritiker und Hetzer mischen sich Rassisten, die die Debatte für ihre Hetze auf Migranten instrumentalisieren.
Diese Reaktionen schockieren: "Eklig, wie #imzugpassiert sofort Tausende Kloppis auf den Plan ruft, die die feministische Weltverschwörung wittern.#keinpatriachart", kritisiert @feliciouno.
Dass insbesondere Frauen für Sexismusvorwürfe angegriffen werden, ist typisch für Debatten über Sexismus. Auch in der #aufschrei-Debatte mussten sich häufig die Frauen für ihre Kritik rechtfertigen - nicht die Männer, die übergriffig sind. Und schon damals forderten viele: "Lasst uns über Machststrukturen reden." Das zumindest gelingt in der Diskussion um Frauenabteile.
Mitarbeit: Anne-Katrin Schade und Katherine Rydlink