Der Rücken schmerzt, die Knie auch und man fühlt sich ständig nur gestresst. Knapp 19,9 Tage im Jahr sind Angestellte in Deutschland krankgeschrieben. Psychologinnen und Arbeitsmediziner erklären, wie man sich vor Überlastung im Beruf schützen kann, warum Pausen wichtig sind und was bei viel Stress hilft.
Woran merke ich, dass mein Job mich krank macht?Manche Menschen denken immer nur an den Job, machen ständig Überstunden, kommen kaum weg vom Schreibtisch oder der Fabrik. Sie alle sollten wachsam sein, sagt die Arbeitspsychologin Maike Debus. "Wer nicht abschalten kann und seine Freizeit nicht genießen kann, sollte aufpassen", sagt Debus. Das alles sind Anzeichen, dass die derzeitige Arbeit einen krank macht - körperlich und psychisch. Ihr zufolge kann man zum Beispiel Schlafstörungen bekommen, wenn man dauerhaft gereizt ist. Das alles könne sogar einen Burn-out auslösen. Das gehe vor allem Menschen so, die in stressigen oder körperlich anstrengenden Berufen arbeiten.
Doch auch das Arbeiten im Homeoffice kann krank machen, wenn man nicht richtig sitzt, nur auf den Bildschirm starrt und wenig soziale Kontakte hat. Auch kann Langeweile Angestellten dauerhaft schaden, wenn sie in "Bullshit-Jobs" arbeiten und den Sinn darin nicht erkennen oder am Bore-out-Syndrom leiden und die eigene Arbeit als quälend empfinden. Oft fällt es Betroffenen schwer, ihre Erkrankungen auf den Job zurückzuführen. Dabei kann es helfen, wenn man regelmäßig mit Freunden und Verwandten, die einen schon lange kennen, über seine Psyche und körperliche Beschwerden spricht. Manchmal sehen andere die eigentliche Ursache eher als derjenige, der ständig an den Job denkt und auf sich selbst vor lauter Arbeit nicht mehr achtet. "Letzteres kann am ehesten in einem langen Urlaub gelingen. So eine Erholungsphase ist geeignet, um die eigene Arbeit, was man mag und was man nicht mag, mit etwas Abstand zu betrachten", sagt Debus.
Welche Krankheiten bekommt man dann?Aus dem Fehlzeitenreport der Krankenkasse AOK geht hervor, dass Angestellte knapp 20 Tage im Jahr krankgeschrieben sind. Die meisten Beschäftigen fallen aus, weil sie an Erkältungen oder Muskel-Skelett-Erkrankungen leiden. Zu letzteren zählen auch die klassischen Rückenschmerzen. Danach folgen Verletzungen, Verdauungsstörungen und psychische Erkrankungen wie Erschöpfung, Burn-out oder Depressionen.
Simone Helbig, Gesundheitsexpertin der AOK Bayern, warnt aber davor, zu viel in diese Zahlen hineinzuinterpretieren. Wichtiger sei für Betroffene vielmehr, wie lange man krankgeschrieben sei. Bei einer psychischen Erkrankung wie einem Burn-out oder einem Bandscheibenvorfall falle jemand viel länger aus als beispielsweise bei einer Erkältung.
Was hilft bei Rückenschmerzen?"Grundsätzlich ist es gut, das Sitzen oder Stehen während einer Arbeitsschicht, wenn möglich, immer wieder zu variieren", teilt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), ein Spitzenverband der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, auf Anfrage mit. Knapp ein Viertel der Menschen, die sich krankschreiben lassen, gebe dabei Muskel-Skelett-Erkrankungen wie zum Beispiel Bandscheibenprobleme oder Arthrose in den Gelenken an. Diese treten oft bei sich wiederholenden, körperlich anstrengenden Bewegungen auf. Bestimmte Körperhaltungen oder etwa die Arbeit mit vibrierenden Maschinen können krank machen.
Rückenschmerzen vorbeugen kann man auch mit einem platzsparenden Fitnessgerät, dem sogenannten Theraband. Das ist ein Gummiband, mit dem man den oberen Rücken stärken kann. Dafür nimmt man es vor der Brust in beide Händen und zieht die Arme auseinander, bis sich das Band dehnt. Die Muskeln im Rücken müssen sich dafür anstrengen. Pro Übung empfiehlt das Präventionsprogramm der DGUV zwei bis drei Sätze mit jeweils zehn bis zwanzig Wiederholungen.
Wie der Rücken gesund bleibt, kann man auch in Präventionsprogrammen, Rückenschulungen oder speziellen Kuren lernen, die Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und manche Arbeitgeber anbieten.
Was hilft bei zu viel Stress?Nicht jeder Stress macht krank, man müsse zwischen förderlichen und hinderlichen Stressfaktoren unterscheiden, sagt Debus. Erstere fordern uns und bringen uns voran, haben also einen positiven Effekt auf die Gesundheit. "Das kann zum Beispiel eine komplexe Tätigkeit sein, bei der wir viele Fähigkeiten und Fertigkeiten einsetzen und die uns kognitiv herausfordert", sagt Debus. Beispiele dafür seien Architektinnen und Architekten, deren Aufgabe es ist, sowohl ein schönes Design für ein Gebäude zu entwerfen als auch dafür zu sorgen, dass es statisch funktioniert und gebaut werden kann. Ähnlich verhält es sich bei Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern: "Da ist früh klar, was das Ziel ist, nämlich ein Haus zu bauen. Aber die einzelnen Schritte bis zur Fertigstellung müssen gut geplant werden, auch bezüglich der Reihenfolge und der Umgebungsbedingungen wie dem Wetter", sagt Debus. Weil jedoch kognitive Kompetenzen zwischen Personen schwanken, sind bestimmte Tätigkeiten für einige komplexer als für andere. Man sollte deshalb nicht pauschalisieren.
Hinderliche Stressfaktoren wie kontraproduktive Abläufe oder Arbeitsmaterial, das nicht funktioniert, hemmen eine hingegen. Auch Kolleginnen und Kollegen können krank machen, wenn es ständig zu Konflikten mit ihnen kommt und man psychisch darunter leidet. Oder Überstunden, wenn sie nicht ausgeglichen werden und dauerhaft man zu viel arbeitet. "Handelt es sich um eine absehbare Zeitspanne, in der wir unter großem Druck stehen, hilft es, sich bewusst und regelmäßig Auszeiten zu nehmen", sagt Debus. Es sei dann besonders wichtig, pünktlich Feierabend zu machen und dann bewusst Dinge zu tun, die nichts mit der Arbeit zu tun haben. Wer langfristig gestresst ist, sollte versuchen, seine Arbeit anders zu organisieren. "Es kann helfen, Aufgaben zu delegieren oder mit Vorgesetzten darüber zu sprechen, wie man die Situation verändern kann", sagt Debus. Außerdem sei es wichtig, den Stress nicht als etwas Normales anzusehen, sondern immer dafür zu sorgen, dass er sich möglichst vermeiden oder einschränken lässt - notfalls dadurch, dass man seine Arbeitszeit reduziert oder in Mitarbeitergesprächen mehr neue Kolleginnen und Kollegen statt einer Gehaltserhöhung fordert.