Es gibt diesen Tanger-Mythos: Du bist eigentlich nur auf der Durchreise, aber irgendetwas hält dich fest - und ehe du dich versiehst, kaufst du dir ein Haus, beobachtest für den Rest deines Lebens mit einem frisch gepressten Orangensaft in der Hand, wie sich die Wellen vor der Kasbah brechen. Tanger ist wie ein Magnet, wer ihm zu nahe kommt, kann sich ihm nicht entziehen. Ein schwarzes Loch, das dich verschluckt. Wenn Tanger also die Stadt der Gelegenheitsabenteurer ist, dann gehört Mohammed Mrabet eigentlich gar nicht hierher. Denn Mrabet, der Maler und Geschichtenerzähler, wollte nie woanders sein.
An der Straße von Gibraltar wirkt es fast so, als würden sich Europa und Afrika die Finger reichen. Rund zehn Seemeilen sind es von Spanien übers Mittelmeer bis nach Tanger, der Millionenstadt im Norden Marokkos. Mit der Fähre vom andalusischen Tarifa aus braucht man für die Strecke etwas mehr als eine Stunde. Schon wenn sich das Schiff der afrikanischen Küste nähert, zeigt sich Tanger mit seinem gesamten Charme: Die weißen Altstadthäuschen reihen sich manierlich wie Bausteine aufeinander, vom Hafen bis hoch zur historischen Festung, der Kasbah. Vom ersten Moment an ist der Reisende erfüllt durch diese Tanger-spezifische Leichtigkeit. Am Stadtstrand traben Kamele und Pferde durch den Sand, der Geruch von Kümmel, Safran und frischem Obst liegt in der Luft, und auf den Dachterrassen tanzt die Wäsche im warmen Wind des Mittelmeers.
Original