Eine weitere EP 2012 und anschließend spärlich gesähte Sets auf ausgesuchten Festivals in Deutschland, den Niederlanden und Belgien sowie einige Club-Gigs ließen im Vorlauf zum Debütalbum des Duos bereits auf Großes schließen. Dass „Kiasmos" eher EP-hafte acht Stücke vorzuweisen hat, stört nicht im Geringsten, denn dank genreüblicher Tracklängen kommt die Platte problemlos auf rund fünfzig Minuten Laufzeit.
Wie schon in den Livesets zeigen bereits die ersten Töne des eröffnenden „Lit": Der unmittelbare Bassüberfall aus den Zeiten der ersten EP ist auf weiten Teilen des Albums einem tiefenentspannten und deutlich flächigeren House-Grundton gewichen. Arnalds lässt seinen Klassikwurzeln an einigen Stellen, die vor Pathos, Weite und Erhabenheit nur so strotzen, unerwartet freien Lauf. Wer hätte auch gedacht, dass der Isländer und Rasmussen mit Ambient-Beats eine derart massive Gänsehaut erzeugen können, wie es bisher nur wenige (Nils Frahm, Jonas Mantey, David August) vermochten.
Die Tracks schweben förmlich aus den Boxen, klingen nach Sternenhimmel und einer Reise durch interstellare Weiten und machen den Repeat-Button zum unweigerlichen Muss. Nicht umsonst gibt es von „Looped" eine zweieinhalbstündige Version, in der die Kiasmos-Soundreise aus ruhigem Basslauf, Pianoklängen, dezenten, aber entschiedenen Claps und Synthiesounds fast greifbare Wirklichkeit wird.
„Swayed" zieht das Tempo deutlich an, schielt aber dennoch nur leicht in Richtung technoiderer Sounds. Umso mehr progressive-housig gibt sich das nachfolgende, neun Minuten lange „Thrown", das erst nach einer Minute Intro den trockenen Basslauf auf die Gehörgänge loslässt und abermals voller hallender Pianosounds, Xylophonklänge und streicherähnlicher Synthesizer ist. So lässt sich dann auch das Outro anderthalb Minuten Zeit für maximal pathetische Violinen- und Cellotöne, bevor sich im Verlauf von „Dragged" und „Bent" Tempo und Eindringlichkeit abermals steigern.
Die Reise endet mit dem grandiosen „Burnt", das auf gut neun Minuten Reststrecke ein großes Ausrufezeichen hinter den bis dahin zurückgelegten Weg setzt. In der Mitte pluckert der Bass wie bei Luke Abbott, aber das Klavier und der zielgerichtete Bass und Beat lenken den Track Stück für Stück raus aus der Ruhe und hinein in einen noisigen Klimax, der unvermittelt in ein weiteres langes und flächiges Outro mündet. Von einem Ende kann aber keine Rede sein, denn Kiasmos' großartiges Debüt verlangt eindeutig nach einer Rotation auf Dauerschleife.