„Das Mit Dem Glücklichsein Ist Relativ" heißt die erste Single, in der es um einen Heiratsantrag geht. Um etwas Kitsch und entsprechende Phrasen ist Niels Frevert also nicht verlegen, „Ohne dich ist mir einsam und kalt" heißt es zum Beispiel in „Speisewagen", der aber von allen Songs des Albums noch am ehesten in Erinnerung bleibt. Auch in den deprimierteren Momenten driftet Freverts Musik nicht so sehr in Moll ab, dass es wirklich düster wird. Einigen Songs fehlt dadurch eine Tiefe, wie sie den kontemplativen Texten als Begleitung gut tun würde.
In „Schwör" singt Frevert mit Inbrunst „Das ist hier keine Tsychatrie", dabei ist das „T" gewollt und typisch für die sprachexperimentelle Anmutung seiner Songs. Über den Kirchentag in Hamburg hat der Herr ebenfalls einen Song gemacht, darauf muss man auch erst mal kommen. Ob man diesen dann tatsächlich schreiben und aufnehmen muss, sei mal dahingestellt, aber „UFO" kratzt frevertesk an größeren Zusammenhängen - in diesem Fall eher weniger an UFOs, sondern an Glaubensfragen per se.
Zwischendurch singt Frevert schöne Sätze wie „Deine polnischen Abgänge werden mit jedem Mal formidabler", die unterlegt sind mit recht schmalzigen Streicherarrangements. Generell ist der Sound etwas voller und opulenter ausgeformt, was dem Produzenten- und Labelwechsel geschuldet sein dürfte. So warten auch bluesige Blechbläsertöne auf „Paradies Der Gefälschten Dinge" an jeder Ecke. Gemeinsam mit den sowieso schon pathosgeladenen Texten sorgen die Arrangements damit leider manchmal für eine kleine Überdosis, außerdem bewegt sich die Platte musikalisch insgesamt wenig. Wenn „Muscheln" in typischer Manier auf den Refrain zusteuert oder „Die Abbiegung" als vorletzter Song sein Klaviersolo auspackt, mutet das sehr repetitiv an.
Alltagsromantik à la Frevert ist und war schon immer ein bisschen drüber, aber trotzdem irgendwie auch süß, vor allem durch seine Stimme, die so weich, angenehm und unaufgeregt klingt wie eine Ayurvedische Mamassage. So wirklich mehrmals hören möchte man Lieder über den Kirchentag, Muscheln und Dates im Speisewagen aber nicht unbedingt. Thematisch wirken diese Songs einfach zu bemüht verschwurbelt, statt der Treffen im Speisewagen sollte Niels Frevert lieber zurück ins Niendorfer Gehege oder in die Zeiten von „Du Kannst Mich An Der Ecke Rauslassen". Die reduziertere Ästhetik vergangener Alben liegt seinen Texten, um die es ja vordergründig geht, einfach besser.