Auch die neue Platte klingt nach Seifenblasen, Wattewolken und kalifornischer Sonne. Mit der Zeile „Moving along has made me dizzy, watching the clouds as I go home" beschreibt Vallesteros dieses Hörerlebnis schon im eröffnenden Titelstück „Nausea" sehr treffend. Dabei passt der Titel (zu deutsch: Übelkeit oder Brechreiz) von der Bedeutung her so gar nicht zum Gehörten, höchstens noch in seinem Klang zum ruhigen Grundtonus. Besagte Übelkeit überkam Vallesteros nach seinem Umzug in die Großstadt San Francisco, einer Schreibblockade und dem Rückzug zu seinen Eltern in die Vorstadt, bedingt durch den Spagat zwischen beiden Wohnorten und einer Sucht nach sozialen Netzwerken. Erst nachdem der mediale Stecker gezogen war und er sich voll und ganz auf die Musik konzentrierte, konnte die Kreativität fließen und er das neue Album schaffen.
Von der Verwirrung und Hin-und-her-Gerissenheit der letzten Jahre ist auf „Nausea" aber nichts zu hören. Nur Textzeilen wie „Stand still and realize where you are in the world" in der zweiten Single „Komorebi" oder „Tell me what to do, I don't know what to do" im Song „Twirl" fangen diese Stimmung auf. Musikalisch machen Craft Spells als Band stattdessen konsequent dort weiter, wo Vallesteros auf dem solo eingespielten Debüt und der „Gallery"-EP aufgehört hatte. Hall auf den Gitarren, Hall auf dem Piano, Hall auf dem Gesang: Auch die Produktion von „Nausea" packt tief in die Dreampop-Kiste und zaubert sphärische, entspannte Töne hervor. Dass die Platte beim New Yorker Indie-Label Captured Tracks erscheint, passt definitiv wie die Faust aufs Auge.
Im Vergleich zum Vorgänger „Idle Labor" fällt die ausgeklügeltere und vor allem variationsreichere Instrumentierung auf. So wechselt sich bei „Dwindle" die obligatorische Hallgitarre mit Bassläufen und Soli von Piano und Cello ab. „If I Could" hat eine Chillout-Soundästethik mit ruhigen Synthie-Linien und Drum Machine, während Vallesteros „You are the wind that took me on" und einen „Dib-dib-diduu"-Refrain ins Mikro haucht.
Mit den neuen Songs ist es Craft Spells gelungen, die Cheesyness abzulegen. Klang „Idle Labor" mitunter noch sehr infantil indiepoppig und gewollt hip, ist „Nausea" eher eine ruhige und entspannte Befindlichkeitsplatte mit trotzdem nicht zu vernachlässigender Eingängigkeit und Verträumtheit. „Got my head in the clouds" ist die passende Zustandsbeschreibung für diese Art von Musik: Sie tut nicht weh, eckt nicht an, aber auf jeden Fall bleibt die entspannte Grundstimmung und der eine oder andere Refrain inklusive Streicher-, Gitarren- oder Pianomelodie hängen. Wattig-weiche Musik mit einem zarten Bisschen Geschrammel und beiläufig-melancholischen Texten für Sommertage mit Hippiestirnband.