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Speisen mit Salongefühl

Die Geberts. Foto: Bardio Faust

MAINZ. Es ist ein wenig wie eine Reise in die Vergangenheit, wenn man Geberts Weinstuben in der Mainzer Neustadt betritt. Sagen wir: In die 20er-Jahre. Kronleuchter hängen von der hohen Decke. Sofas mit vielen Kissen stehen in einer Ecke. Schwere historische Holzmöbel in der anderen. Die lange Tafel mitten im Raum ist weiß gedeckt. Am Ende des Raumes vertieft ein barockes Ölbild das Salongefühl früherer Jahre. So viel zum ersten Eindruck. Beim zweiten Blick offenbart sich: Geberts Weinstube hat zwar ein historisches Ambiente, ist aber keineswegs altbacken. Im Gegenteil: Eine Komplettsanierung des Gastraums im Jahr 2007 machte aus der Traditions-Gaststube ein modernes 50-Plätze-Restaurant.

Der damals 29-jährige Frank Gebert hatte gerade das Lokal von seinem Vater übernommen, wollte seine eigenen Akzente setzen. Schließlich war nach mehr als 30 Jahren, in denen Geberts Eltern Wolfgang und Marianne die Chefs an Herd und Theke waren, auch einiges in die Jahre gekommen. So ein Generationswechsel ist da eine gute Gelegenheit. Wenn auch eine, die viel Diskussionsstoff birgt: „Meine Eltern hätten sicher einiges anders gemacht", meint Gebert im Gespräch mit der AHGZ. Da würden auch viele Emotionen dranhängen. Erst recht in einem Lokal wie dem Geberts, das immerhin auf eine 125-jährige Geschichte zurückblickt. Da hat so ein Generationswechsel noch mal einen ganz anderen Wert.

Nach nun sieben Jahren ist Frank Gebert jedoch zufrieden: Die Übergabe hat geklappt, das Lokal läuft gut und ist seinem Stil treu geblieben. „Die Karte haben wir nur leicht verändert, die Sachen moderner beschrieben, das Essen anders angerichtet." Er setzt wie sein Vater auf frische Produkte, saisonal und wenn möglich aus der Region.

Dabei war für Gebert keineswegs von Anfang klar, dass er das Lokal des Vaters übernehmen wird. Obwohl er mit 17 seine Kochlehre im Mainzer Restaurant Favorite begann. Zwar sagt er: „Wenn man in so einem Familienbetrieb aufwächst, wird man früh damit konfrontiert, den Laden zu übernehmen." Aber im Laufe der Lehrzeit und der folgenden Jahre sei ihm dann klar geworden: „Der Sprung vom Koch zum Gastronom ist nicht klein." Zudem habe es auch bei ihnen Reibereien gegeben, als er in der Küche des Vaters arbeitete. Ganz normal findet er dies. Aber schließlich habe er seine Ideen mit denen seiner Eltern in Einklang brachte - ein wichtiger Schritt hin zur erfolgreichen Geschäftsübergabe. Dazu gehörte auch ein BWL-Studium an der Hotelmanagamentakademie in Koblenz.

Frank Gebert ist nach Vater Wolfgang übrigens erst der zweite Koch in der langen Familiengeschichte. Denn eigentlich sind die Geberts Bäcker. Als Bäckerei wurde der Betrieb auch 1887 gegründet, kurze Zeit später kam aber schon die Weinstube dazu - schließlich hatte der Ururgroßvater eine Winzertochter geheiratet. „Das war damals durchaus üblich", erläutert Frank Gebert: Brötchen aus der Bäckerei, die Fleischwurst vom nächsten Metzger und dazu noch den ein oder anderen Schoppen.

Sein Vater, der bis heute hilft, machte dann aus der Weinstube ein richtiges Restaurant, baute den Gastraum aus und vor allem eine richtige Küche ein. Und die steht jetzt im Zentrum des aktuellen Projekts: „Im Sommer bauen wir die Küche um", sagt der Gastronom. Nach mehr als 40 Jahren sei dies jetzt nötig. Dabei geht Gebert bei der Projektplanung einen etwas eigenen Weg: „Ich habe die Küche nicht einfach komplett von einem Hersteller planen lassen." Vielmehr setzt er auf freie Küchenplaner, der, wie er findet, besseren Beratung und Analyse wegen: „Die Planung wird dabei besser auf meine speziellen Bedürfnisse angepasst." Gerade in kleineren Häusern sei dies wichtig.

Bardo Faust


aus: AHGZ Nr. 27/2014 vom 05.07.2014 



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