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Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis

Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis
Essay von Johann Wolfgang von Goethe
VITRIOL - Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis - Johann Wolfgang von GoetheVITRIOL - Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis - Johann Wolfgang von Goethe


Die schönste Frucht von Goethes Lebensweisheit war die Erkenntnis, dass »alles Vergängliche nur ein Gleichnis« ist. So steht es am Ende des Faust. 


Gewiss wollte der greise Meister mit dem beigefügten »NUR« nicht seine Geringschätzung für das »Vergängliche« ausdrücken. Von einer Geringschätzung, wie wir sie bei manchen Heiligen finden, die sich von den Schönheiten des Daseins abwenden und alles Sichtbare für Blendwerk und Verführung halten, war Goethe weit entfernt. 


Goethe liebte das Vergängliche und konnte in Andacht vor einer blühenden Blume verweilen, die doch in wenigen Stunden oder Tagen nicht mehr vorhanden war. Seine Andacht vor dem Vergänglichen, sein unermüdlicher Eifer in der Erforschung alles Erforschbaren galt im Grunde nicht der einzelnen Blume und nicht dem einzelnen Gegenstand seiner Beobachtung, sondern dem Formgedanken, dem geistigen Prinzip, das sich darin manifestierte. Er schaute in allem Individuellen ein Allgemeines und in allem Gesonderten einen großen lebendigen Zusammenhang. 


Metamorphose, die Verwandlung und Entwicklung, der Durchgang und der Übergang, wurde für den Forscher Goethe, aber auch für den künstlerisch gestaltenden, der Hauptanhaltspunkt, mit dessen Hilfe er das Wesen der Welt zu erfassen und sich selber ihm einzufügen suchte.  


Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis - Johann Wolfgang von Goethe  



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