Ich mag keine Selfies. Na gut, hin und wieder mache ich auch eins. Aber jeden Tag, an einem anderen Ort - auf der Suche nach dem perfekten Selfie-Licht? Da bin ich raus. Genauso aus der ständigen Selbstinszenierung bei Snapchat und Co. Klar, so ein bisschen macht das ja schon Spaß. Sonst wäre ich wohl auch kein Modeblogger geworden. Ein wenig Extrovertiertheit liegt mir im Blut, und trotzdem: Auf Dauer ist es mir persönlich zu wenig. Zu wenig Substanz, zu wenig Perspektivenwechsel, zu wenig Sinn.
Ich bin ursprünglich Journalistin geworden, weil ich Geschichten erzählen wollte. Menschen interessieren mich. Ich glaube, jeder Mensch hat eine Geschichte, etwas, das es sich zu erzählen lohnt. Über Umwege bin ich nun in der Mode gelandet, schließe aber nicht aus, dass ich doch eines Tages wieder im Obdachlosenheim stehe und mit Fritz über seine Flaschensammlung rede. Geschichten zu erzählen war auch mein Antrieb zu Bloggen. Ich wollte meine Sicht der Dinge erzählen, festhalten und im besten Falle Menschen erreichen, die sie lesen.
Nur werden sie wirklich noch gelesen? Oder wollen wir nur noch schöne Menschen in noch schöneren Umgebungen sehen? Diese Frage stellte sich Sarah von Josie Loves diese Woche. Unter dem Titel „Zerstört Instagram die Blogs?" erklärte sie, dass immer mehr Unternehmen und Agenturen auf sogenannte Social-Influencer setzen. Auch Amelie hat sich die Frage in ihrer Kolumne „Ist Instagram der neue Blog?" bereits vor zwei Jahren gestellt. Und die Mädels von Journelles fragten diese Woche daraufhin: „Was ist ein Online-Influencer?" Menschen, die eine riesige Reichweite haben, sich gekonnt in Szene setzen, um die halbe Welt reisen und dafür bezahlt werden. Reichweite, die in einer App stattfindet - auf Instagram oder Snapchat. Reichweite, die aus Selfies und Mood-Bildern besteht. Texte und Ansichten, die über Konsum hinausgehen, rücken in den Hintergrund. Genauso wie die über lange Jahre aufgebaute Reichweite des Blogs und eine Stammleserschaft.
Auch wir haben diese Entwicklung bemerkt. Und stellten uns die Frage: Was tun? Sollen wir noch privater werden? Noch mehr uns inszenieren um im Hype um Personen mithalten zu können? Die Antwort war schnell gefunden: Nein. Das sind wir nicht. Wir sind Schreiber. Wir lieben Mode, wir lieben die Selbstdarstellung, und wir lieben gute Texte. Wir lieben aber auch München, unser Leben und verzichten gerne auf ein permanentes Jetset-Leben und das inszenierte Avocado-Toast. Das führt dazu, dass wir gerne mal Instagram und Snapchat vergessen, und es nur machen, wenn wir Lust drauf haben.
Alles hat am Ende seine Berechtigung - so wie Nike es in ihrem Text „Social Media Krieg - Alte Hasen vs. Junges Gemüse" schreibt, und heimlich still und leise lieben wir ja die Snapchat-Storys - und trotzdem glauben wir an starken Content. Gute Texte - und da sind wir selber immer wieder überrascht - werden gern gelesen und vor allem kommentiert. Noch vor Outfits und privaten Beiträgen. Der Blog ist unser Baby, unsere Spielwiese in den Weiten des Internets. Die Social Media Plattformen nur die Schaukel und die Rutsche. Und wer weiß, vielleicht sind beide Spielgeräte irgendwann auch nicht mehr so interessant, weil es dann was neues auf der Spielwiese gibt. Vielleicht können aber auch alle Spielgeräte auf einer Wiese existieren - gemeinsam und jeder findet das für sich richtige. Denn ganz ehrlich: Nicht jeder mag das Karussel, manch anderer vielleicht doch lieber das Klettergerüst.
Wo die Reise genau hingeht, wissen wir nicht. Wir wissen nur, wohin unsere geht. Zu noch mehr Texten, noch mehr Meinung. Und vielleicht auch weiterhin dem ein oder anderem Selfie. Insofern können wir Sarahs Frage ruhigen Gewissens beantworten: Instagram macht die Blogs nicht kaputt. Vielleicht muss man nur entscheiden, was zu einem passt und welcher Weg der persönlich richtige ist.