Meine Waschmaschine ist kaputt gegangen. Von ein auf den anderen Tag wusch sie keine Wäsche mehr, haute aber in Sekundenschnelle meinen ganzen Strom aus dem Sicherungskasten. Waschmaschine aus, Licht aus. Der nächste Schritt: eine neue kaufen. Also rein in den Laden, zwei Maschinen angeguckt, die dritte genommen. 400 Euro in 5 Minuten für etwas sinnvolles ausgegeben, so erwachsen habe ich mich selten gefühlt.
„Wie du hast jetzt einfach so eine Waschmaschine gekauft?" „Ja." „Du hast nicht überlegt?" „Nein." „Auch nicht bisschen verglichen und mal gegoogelt?" „Nein." „Krass!"
Ist das wirklich so krass, wenn man sich heute schnell entscheidet? Wenn man nicht erst Stunden, Tage, Wochen überlegt, ob man nicht doch vielleicht eine bessere Wahl treffen könnte? Wenn man sich „traut", sich festzulegen - selbst bei den banalsten Dingen?
Ich entscheide schnell - folge meiner Intuition. Sei es beim Waschmaschinenkauf, bei einer neuen Tasche oder in emotionalen Dingen wie Liebe (Da vielleicht nicht ganz so schnell, aber eben auch). Ein „Ich weiß nicht, was ich will" wird man selten hören. Und es scheint, als wäre ich damit in meinem Umfeld auf weiter Flur alleine.
Da wird wochenlang um die Traumtasche geschlichen, Alternativen rausgesucht und doch keine genommen. Bis der „Sold Out" Button die Entscheidung abnimmt. Zufrieden ist dann trotzdem keiner. Da wird wochenlang der Mann gedatet, der ganz wundervoll ist, doch irgendwas passt dann doch nicht, eine Entscheidung für oder gegen ihn bleibt aus. „Wer weiß, vielleicht treffe ich doch noch wen, der besser passt." Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Es ist paradox - in einer Generation, in der wir Sekundenschnelle bei Tinder entscheiden, ob jemand uns „gefällt", fällt es uns umso schwerer, Entscheidungen zu treffen, die uns direkt betreffen. Oder von langfristiger Natur sind.
Unsicherheit vor Klarheit. Wer keine Entscheidung trifft, macht ja auch nichts falsch. Und trotzdem auch irgendwie nichts richtig.
Der Duden sagt: Entscheidung bedeutet die Wahl einer von mehreren Möglichkeiten. Doch bleiben wir meist vor der Wahl der mehreren Möglichkeiten stehen. Wie ein Kind im Süßigkeitenladen, das nicht weiß, welche Süßigkeit es nehmen soll. Sind doch alle lecker. Das Problem: Wenn es sich nicht entscheiden kann, hat es am Ende gar keine.
Deshalb versuche ich persönlich, Entscheidungen klar zu treffen. Fur mich. Mt dem Wissen, dass keine der Entscheidungen in meinem Leben - gut ein Kind zu bekommen ist wohl das Einzige - nicht irreversibel ist. Die Tasche gekauft und doch ein Fehlkauf? Dann weiterverkaufen. Die Waschmaschine ist Mist - nächstes Mal überlege ich länger und beiße in den sauren Apfel. Der Kerl entpuppt sich trotz toller Kennenlernphase as Vollpfosten - dann wird das angesprochen und ein neuer Weg alleine eingeschlagen. Ich breche nichts übers Knie, wenn es beispielsweise von emotionaler Natur ist. Gleichzeitig kann ich nicht monatelang in Ungewissheit leben - ist das jetzt was Ernstes?
Ich brauche Klarheit statt Unsicherheit. Klarheit kann erlösend sein, aber auch mächtig hart. Dann, wenn man eine Entscheidung einfordert und diese gegen einen ausfällt. Dann wenn man sich endlich entschließt, etwas anzugehen und man merkt, es war der falsche Weg. Klarheit und Entscheidungen bedeuten aber auch Freiheit. Ich weiß, woran ich bin. Ich treffe Entscheidungen für mich. Hänge nicht ewig in der Luft, gedankenkreisend um die mögliche Entscheidung und der Frage: „Was soll ich bloß tun?". Und mit dem Wissen, der neuen Tasche, der neuen Waschmaschine kann ich mich dann auch auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren: das Leben zu genießen.
Wer von euch braucht ewig für Entscheidungen? Und wem fällt es ebenfalls leichter?
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