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Trimaran-Tour: Auf drei Rümpfen über den Atlantik | shz.de

Jörg Bäcker ist nach einer ereignisreichen Reise mit seinem Trimaran im Borgstedter Yachthafen unter der Rader Hochbrücke angekommen.

Im Sommer 2012 erlebte Jörg Bäcker aus Büdelsdorf das Schlüsselereignis, welches wahrscheinlich der Grundstein für seine spätere Atlantiküberquerung war: Im Segelurlaub hatte ein Crewmitglied um zwei Uhr nachts Durchfall. Auf einem Trimaran ohne Toilette, nur mit einem Eimer im Cockpit, war das für alle Urlauber kein Vergnügen. So wurde der Entschluss gefasst: Das nächste Schiff braucht ein Klo.

Über eine Anzeige im Internet fand Bäcker ein passendes Segelboot: schnittig, ausreichend komfortabel, offshore-tauglich und finanzierbar. Der Trimaran „Pegasus" habe ihn mit seiner individuellen Bauweise sofort überzeugt, sagte er. „Es war Liebe auf den ersten Blick." Der Haken: Das Boot lag vor Florida. Es entstand ein reger E-Mail-Verkehr zwischen dem Büdelsdorfer Ingenieur und dem Erbauer des Bootes, dem Schweizer Walter Schurtenberger, der in Key West lebte. Nach einem Besuch in Florida und einem Probesegeln hatte Bäckers Frau Bedenken, das Boot könne zu groß sein, aber der Segler setzte sich durch und kaufte die „Pegasus" für mehr als 100 000 Euro.

Im Mai, der besten Zeit für eine Atlantiküberquerung, stachen Bäcker und sein Trauzeuge dann in See, um den Trimaran nach Hause zu holen. „Bei einer Atlantiküberquerung sind weniger Boot und Technik entscheidend, als vielmehr die Crew", sagt Bäcker. Man müsse psychisch stabil sein, um diese ungewöhnlichen Strapazen gut zu überstehen. „Die ewige Feuchtigkeit belastete uns stark", erzählt er. Sowohl die Kleidung als auch die Betten und der Innenraum des Trimarans waren dauerhaft klamm. Die Nägel der Segler wurden weich von der Nässe und die fortwährende Gischt erlaubte es nicht, Luken zum Lüften zu öffnen. „Und zusätzlich das ständige Geschaukel, das geht einem auf die Nerven", erinnert sich Bäcker. „Wenn dann noch der Autopilot ausfällt, will man das Boot am liebsten zersägen."

An diesem Punkt war er nach 13-tägiger Reise, kurz vor Ankunft auf den Azoren. Der Autopilot fiel aus und die beiden Männer mussten drei Tage lang rund um die Uhr per Hand steuern. Diese nervenzehrende Situation ließ ihn an dem Projekt zweifeln. Bei einem abendlichen Telefonat sagte er seiner Frau, der Kauf sei wirklich eine Fehlentscheidung gewesen. Sie baute ihn aber wieder auf und bestätigte, was schon der mitsegelnde Trauzeuge gesagt hatte: Mit etwas mehr Schlaf würde die Welt schon anders aussehen - im wahrsten Sinne. Denn bei Ankunft auf den Azoren bot sich der zweiköpfigen Crew eine atemberaubende Aussicht: Die portugiesische Inselgruppe lockte mit schroffen Steilküsten und saftigen Wiesen. Immer wieder begleiteten Delfingruppen das Boot.

Nach 16 Tagen erreichten sie Horta auf der Insel Faial, wo der Autopilot repariert wurde. Fünf Tage nahmen sich die Männer Zeit, um sich von den Strapazen der bisherigen Reise zu erholen, die Wäsche zu waschen und die Vorräte aufzustocken. Anschließend ging es in den einwöchigen Endspurt. Der bot - wie auch die bisherige Reise - einige Hürden und Überraschungen. Die Hoffnung, zügig durch den Ärmelkanal und die nordeuropäischen Küsten zu segeln, zerschlug sich bald. Deshalb verschoben Bäcker und sein Kollege ihr Ankunftsziel mehrmals zwischen der Nordspitze Frankreichs und Borgstedt, entschlossen sich letztendlich für das Ijsselmeer, da die dortigen Häfen unabhängig von den Gezeiten angesteuert werden konnten.

So kam die Atlantiküberquerung in den Niederlanden zu einem Ende, die „Pegasus" war aber noch nicht am Ziel. Drei Wochen später stachen Bäcker und sein Vater bei besseren Winden in See, schafften es aber trotzdem nicht bis nach Borgstedt. Erst nach einem weiteren einwöchigen Zwischenstopp mit Reparaturen in Cuxhaven erreichte der Trimaran seinen neuen Heimathafen.

Von dort aus startet die Familie Bäcker nun zu Urlauben und Ausflügen mit der „Pegasus" - vielleicht auch in einigen Jahren wieder zu einem Offshore-Trip. Die Azoren haben es Jörg Bäcker in seinem Sabbatmonat angetan.


von Anne Welkener erstellt am 18.Sep.2014 | 01:49 Uhr

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