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Fockbek: Wie der Aal auf das Dorfwappen kam | shz.de

„Die Fockbeker sind humorvoll genug, den Aal auf ihr Wappen zu nehmen. Über die Geschichte lacht ganz Fockbek“ sagt Anne Mentzer über die Sage vom Fockbeker Aalversuper, an den der Brunnen im Ortskern erinnert.

Was verbindet Menschen mit dem Ort, in dem sie leben? Welche Erinnerungen werden wach? Und an welche Lieblingsplätze kehren sie gern zurück? Mit Persönlichkeiten aus Rendsburg, Büdelsdorf, Fockbek, Schacht-Audorf, Osterrönfeld und Westerrönfeld unternahmen wir einen Spaziergang durch ihre Gemeinde. Im dritten Teil geht es gemeinsam mit Anne Mentzer durch Fockbek.

Auf dem Gartentisch von Anne Mentzer stapeln sich alte Zeitungsartikel, Fotos, Broschüren, Bücher und Ordner. „Mit Material über Fockbek kann ich Sie totfüttern", sagt sie lachend und kramt weiter durch ihre Unterlagen, bis sie findet, wonach sie gesucht hat: die aktuellste Gemeindechronik. Das schlichte Buch stammt aus dem Jahr 1989. Das ist Mentzer eindeutig zu alt. „Da müsste mal eine Chronistengruppe am Ball bleiben", sagt sie. Die Frage, ob sie sich nicht selbst diesem Projekt annehmen möchte, verneint sie strikt. Das Zeug dazu hätte sie aber alle mal. An Begeisterung und Fachwissen mangelt es schließlich nicht.

Wenn Mentzer durch Fockbek schlendert, weiß sie an jeder Ecke eine Geschichte zu erzählen - besonders viele fallen ihr aber auf dem Schulhof der Bergschule ein. „Ich bin immer zur Schule gegangen", erzählt die 76-Jährige. Erst als Schülerin in Rendsburg, dann 40 Jahre als Lehrerin. Ihre letzte Wirkungsstätte war die Fockbeker Bergschule, bevor Mentzer im Alter von 60 Jahren in Rente ging. Mittlerweile sieht sie, wie ihre ehemaligen Schüler deren eigene Kinder zur Schule bringen.

Mentzer läuft zügig über den Schulhof, lobt das Dorfmuseum unterhalb der Mehrzweckhalle in den höchsten Tönen und berichtet, dass das Gebäude von 1914, in dem heute die Gemeindebücherei untergebracht ist, der älteste Teil der Schule ist. Auf einer kleinen grünen Insel im Pausenhof stehen drei kleine Statuen, unterschiedlich große Kinder, die sich an den Schultern fassen, aufgestellt vor über 50 Jahren. „Die liebe ich total", sagt sie und freut sich über das Wiedersehen.

Wenig später zeigt die Rentnerin überrascht auf einen Baum, dessen Spitze über das Gebäudedach hinweg ragt. „Das ist eine Säuleneiche. Die habe ich mal mit einer vierten Klasse zu deren Abschied gepflanzt. Damals war der Baum aber erst eineinhalb Meter hoch", erzählt sie lebhaft und ist völlig begeistert, dass er immer noch dort steht. „Der Baum hat Schulgeschichte geschrieben. Da gehört eigentlich ein Schild hin."

Dass die Schule heute Bergschule heißt, dafür hat sich Mentzer persönlich eingesetzt. Viele Schulen seien nach berühmten oder verdienten Menschen benannt, „aber das ist ja nun auch ein bisschen ausgelutscht. Wir Alten haben uns dann dafür eingesetzt, dass sie Bergschule heißt. Man muss den Berg hoch zur Schule, das ist also total passend."

Nicht weit entfernt, mitten im Ort, steht der Fockbeker Brunnen mit dem Aalversuper, der die Geschichte zur Entstehung des Gemeindewappens erzählt. Einer Sage nach sollen die Fockbeker versucht haben, einen Aal zu ertränken. „Da könnte man sich ja schämen, dass die so dusselig waren, aber die Fockbeker sind humorvoll genug, den Aal auf ihr Wappen zu nehmen. Über die Geschichte lacht ganz Fockbek", sagt Mentzer. Schöne Postkarten gebe es von ihrer Gemeinde leider keine, aber falls es welche gebe, müsse der Brunnen natürlich darauf sein.

Aber nicht nur diese Sehenswürdigkeit empfiehlt sie Gästen in Fockbek, sondern auch einen Besuch beim Hobby-Werk. Als sie an einer Toreinfahrt des Fabrikgeländes vorbeikommt, erklärt sie, dass hier alle fünf bis sieben Minuten ein neuer Wohnwagen hinausfahre. „Von Fockbek aus geht es in die Welt", sagt sie nicht ohne Stolz. „Wenn ich in anderen Ländern einen Wohnwagen mit dem Hobby-Logo sehe, dann denke ich immer: Du kommst auch aus Fockbek."

Sie streift durch den Ortskern und erzählt vom Ausnahmezustand während des dreitägigen Gemeindefestes Anfang August. „Dann hat Fockbek seine wilden Tage", sagt sie schmunzelnd. Mit dem Heimatverein ist sie schon in die Vorbereitungen eingestiegen. Für Mentzer gehört das einfach dazu: „Da wo ich zu Hause bin, da gucke ich mich um, da bringe ich mich ein." Aber für sie ist nicht nur Fockbek ihre Heimat: „Mein Mann und ich führen eine total plattdeutsche Ehe. Wir sind plattdeutsch geboren und plattdeutsch groß geworden. Das ist unsere Sprache, das ist für uns Heimat."


von Anne Welkener erstellt am 24.Jun.2014 | 09:32 Uhr

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