Osnabrück. Die Zukunft des Bildarchivs im Medienzentrum Osnabrück ist unklar. Der Landkreis will es an einen alternativen Ort verlegen. Das aber bringt Probleme mit sich.
Die Welt von 1910 kennen die meisten in Schwarz-weiß. Da überrascht das Diapositiv, das Hubertus Wilker seinen Besuchern vorführt. Es ist etwa so groß wie ein DIN-A-5-Blatt und zeigt das Bad Rothenfelder Kurmittelhaus. In Farbe.
230000 Medien im BildarchivDie mehr als 100 Jahre alte Aufnahme gehört zu den 230000 Medien im Bildarchiv des Medienzentrums Osnabrück an der Natruper Straße. Bis zurück in die Anfänge der Fotografie reichen die Schätze, die hier aufbewahrt werden und die die Geschichte von Stadt und Landkreis Osnabrück dokumentieren.
Gut sortiertBildarchivar Hubertus Wilker kennt sich hier aus wie in einem eigenen Zuhause. Ein Foto einer bestimmten Hausnummer in der Hasestraße? Kein Problem. Wilker geht gezielt zu einem Schrank und zieht ein passendes Dia heraus. Die Süsterstraße in den 1920er-Jahren? Auch da wird er fündig.
Kulturhistorisches Gedächtnis1986 nahm Wilker seinen Job als Archivar und Medienpädagoge im Medienzentrum auf. Damals begann er mit der Archivierung der Kreisbildstellen Osnabrück, Bersenbrück, Wittlage und Melle, die es seit den 20er- und 30er-Jahren gegeben hatte. Im Laufe der Jahre kamen ganze Fotosammlungen etwa mit Aufnahmen aus dem Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit oder aus der Zeit der Osnabrücker Altstadtsanierung in den 70er- und 80er-Jahren hinzu.
Ins Landesarchiv am Osnabrücker SchlosswallDoch die Tage des Bildarchivs am Standort Natruper Straße könnten gezählt sein. Im kommenden Jahr geht Hubertus Wilker in den Ruhestand. Seine Stelle wird wohl nicht wiederbesetzt. Denn wenn es nach den Vorstellungen des Landkreises geht, soll das Bildarchiv dann an einen anderen Ort verlegt werden, etwa ins Landesarchiv am Osnabrücker Schlosswall. Derzeit wird diese Möglichkeit geprüft.
Als Grund nennt Volker Trunt, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Bildung, Sport und Kultur beim Landkreis, dass sich die Aufgaben des Bildarchivs verlagert haben. Waren früher vor allem Schulen Zielgruppe, ist es heute vor allem eine Quelle für Ausstellungen und Chroniken. Dafür ist das Medienzentrum nach Ansicht des Landkreises nicht zuständig. Aufgabe dort sei die medienpädagogische Arbeit. Das Bildarchiv sei eine freiwillige Leistung der kommunalen Träger Stadt und Landkreis, heißt es in einer Beschlussvorlage, der der Kreistag ohne Gegenstimme zugestimmt hat.
Allgemeine Neuausrichtung des MedienzentrumsDarin geht es nicht nur um das Bildarchiv, sondern um eine allgemeine Neuausrichtung des Medienzentrums. Demnach soll sich das Zentrum künftig ganz auf die schulische Arbeit konzentrieren. So können derzeit noch Inhaber der Juleica (Jugendleitercard) und Ehrenamtskarte Geräte wie Kameras und Beamer ausleihen. Ab dem nächsten Jahr sollen sie nur noch für „schulische Bedarfe" verliehen werden. Außerdem soll der DVD-Verleih eingestellt werden. Stattdessen können Schulen Filme über das Online-Angebot „Merlin2Go" runterladen, das es jetzt auch schon gibt.
Einsparungen durch Umstrukturierung„Erhebliche Einsparungen" erhofft sich der Landkreis durch die Umstrukturierung des Medienzentrums, so die Beschlussvorlage: 2018 4100 Euro (Stadt: 1700 Euro, Landkreis: 2400 Euro), 2019 sind es schon 101800 (Stadt: 42800 Euro, Landkreis: 59000 Euro), davon allein 91800 Euro Personalkosten. Denn künftig sollen nur noch eine Verwaltungs- und Technikerstelle besetzt sein.
Kulturhistorisches Gedächtnis bewahrenDie Aufgaben des Bildarchivs, die „enorm wichtig" seien, sollten an anderer Stelle fortgesetzt werden, heißt es in der Beschlussvorlage. „Es ist wichtig, dieses kulturhistorische Gedächtnis zu bewahren", betont Volker Trunt. Die Stadt Osnabrück würde sich einer möglichen Verlegung des Bildarchivs ins Landesarchiv nicht in den Weg stellen. „Es ist Konsens, diese Möglichkeit zu prüfen", so Sven Jürgensen, Sprecher der Stadt Osnabrück.
Wie geht die Digitalisierung der historischen Bilder weiter?Die Verlegung des Bildarchivs bringt aber Probleme mit sich. So sind in diesem Fall Nutzungsrechte vieler Bilder ungeklärt. Unbeantwortet ist auch die Frage, wie es mit der Digitalisierung der historischen Bilder weitergeht. Seit drei Jahren widmen sich Hubertus Wilker und zwei Kolleginnen der Aufgabe, sie als HDR-Bilder zu speichern. Das ermöglicht es, aus den digitalen Vorlagen wie aus Negativen Abzüge zu machen, bei der keine qualitativen Abstriche gemacht werden müssen. Doch wie soll es mit der Digitalisierung der Bilder weitergehen, wenn das Bildarchiv verlegt worden ist. „Diese Frage kann zum jetzigen Zeitpunkt noch noch abschließend beantwortet werden", heißt es aus der Pressestelle des Landkreises.