Osnabrück. Der in Osnabrück lebende Syrer Maan Mouslli ist Regisseur der Dokumentation „Shakespeare in Zaatari". Sie handelt von einem Theaterprojekt mit syrischen Kindern in einem Flüchtlingslager. Am Sonntag feiert der Film im Cinema Arthouse in Osnabrück Deutschlandpremiere.
Diese Kinder sind vor Krieg und Gewalt geflüchtet. Sie mussten erleben, wie ihre Häuser und Städte mit Bomben angegriffen wurden, mussten mit ansehen, wie Menschen ermordet wurden. Nun sind sie in Zaatari gestrandet, einem der größten Flüchtlingslager der Welt. 80 000 Syrer leben derzeit in dem jordanischen Camp in der Wüste, das zur viertgrößten Stadt des Landes geworden ist. Geprägt ist das Leben von Tristesse. Denn außer Sand und Wohnwagen gibt es nicht viel zu sehen.
Vor zwei Jahren lebten gar 150 000 Menschen in Zaatari. Damals machte es sich Nawar Bulbul zur Aufgabe, den traumatisierten Kindern Hoffnung und Lebensfreude wiederzugeben. Der syrische Regisseur und Schauspieler, der in seiner Heimat Syrien politisch unerwünscht ist und in Jordanien lebt, reiste ins Camp, um mit 170 Kindern Shakespeares Dramen „Hamlet" und „King Lear" zu inszenieren. Der Film „Shakespeare in Zaatari" dokumentiert sein Projekt.
Auf Handykameras gedrehtDas Material des Films wurde größtenteils mit Handys gefilmt. Mehrere Kameramänner nahmen die Videos zu Dokumentationszwecken auf. Doch dann bekam Maan Mouslli die Videos zu sehen. Der Syrer lebt seit zwei Jahren in Osnabrück und ist mit Nawar Bulbul befreundet. Er hat aus dem Material die Dokumentation gemacht, die im Mai ihre Welturaufführung im Short Film Corner der Filmfestspiele von Cannes erlebte. Außerdem lief die 35-minütige Dokumentation beim Los Angeles Cinefest und Roma Cinema Doc und wird noch auf weiteren internationalen Festivals zu sehen sein. Zu vielen Festivals darf Maan Mouslli nicht mitreisen. Denn trotz anerkannten Flüchtlingsstatus bekommt er kein Visum für Länder außerhalb der EU.
Deutschlandpremiere in OsnabrückSeine Deutschlandpremiere feiert der Film am Sonntag im Cinema Arthouse. „Ich wollte mit dem Material ein eignes kleines Drama erzählen", erklärt Maan Mouslli bei der Pressevorführung am Montag. Das ist ihm gelungen. Sein Film zeigt, wie Nawar Bulbul mit den Kindern Shakespeares Dramen probt. Wie er ein eigenes Zelt dafür kaufen muss. Wie er und sein Team außerdem neue Schuhe für die Kinder besorgen, weil ihre alten viel zu kaputt sind. Der Film deutet außerdem viele Einzelschicksale an. Von dem neunjährigen Jungen, der im Camp stirbt. Oder von dem Regieassistenten, der in Syrien ins Gefängnis musste, weil er sich während der Revolution weigerte, auf Kinder zu schießen.
Die Inszenierungen werden schließlich in Zaatari selbst und im Flüchtlingslager in Amman gezeigt, wohin aber nur 60 Kinder mitreisen dürfen. Sie kommen so nach langer Zeit zum ersten Mal raus aus Zaatari.
Filmprojekt mit Anis HamdounEr habe die Erinnerungen an den Krieg aus den Köpfen der Kinder vertreiben wollen, sagt Nawar Bulbul in der Dokumentation. Der Schauspieler taucht auch in den Filmsequenzen von Anis Hamdouns Theaterstück „The Trip " auf, das beim Osnabrücker Spieltriebe-Festival im Herbst uraufgeführt wurde. Da schließt sich der Kreis. Denn Mouslli und Hamdoun drehen gemeinsam den Film „Newcomers", eine Dokumentation über die Schicksale deutscher Flüchtlinge in der Nazi-Zeit wie Hannah Arendt und Thomas Mann und über die Flüchtlinge von heute. Die beiden syrischen Regisseure stellen das Projekt und den Trailer für ihren Film im Anschluss an „Shakespeare in Zaatari" vor. Dennoch werden Spenden für die Realisierung des Films gebraucht. Der Trailer läuft anschließend im Vorprogramm des Cinema Arthouse und ist bereits im Internet zu sehen.