Von der Mundharmonika über elektronische Klaviere bis hin zu röhrenden Motorrädern und sogar Sound-Software - das japanische Mega-Unternehmen Yamaha mag Geräusche aller Art. Die mehr als breit gestreute Produktpalette der Japaner ist nun jedoch nicht unbedingt für ihre Exklusivität bekannt. Vielmehr produzieren sie solide Geräte zu erschwinglichen Preisen, die verlässlich den Massengeschmack treffen. So weit, so gut, so berechenbar. Dass nun aber ausgerechnet hier ein waschechtes Nischenprodukt unter den Kopfhörern entwickelt wurde, ist ein echtes Glück für mich als Audio-Nerd. Der Kopfhörer Yamaha HPH-MT5 macht nämlich nicht nur beim Filmeschauen oder Musikhören eine gute Figur, mit ihm lässt sich auch ziemlich überzeugend abmischen. Davon profitieren zum Beispiel Podcaster.
Klassischer Look, zeitgemäßer Shoutout an PodcasterDer Yamaha HPH-MT5 macht auf den ersten Blick einen soliden, aber nicht sonderlich aufregenden Eindruck. Das Modell ist in schlichtem Schwarz gehalten, der Firmenschriftzug hebt sich kaum vom Kopfbügel ab. Nur das schnieke Logo mit den Stimmgabeln prangt gut sichtbar auf den Hörmuscheln - so geht Understatement.
Doch der HPH-MT5 ist nicht nur nett anzusehen, sondern auch gut durchdacht. Als einer der ersten faltbaren Kopfhörer mit Studioqualität soll er eine bisher kaum beachtete Marktlücke besetzen. Mit dem kleinen Semi-Profi will Yamaha Audiofans ansprechen, die sich in ihrer Freizeit mit dem Produzieren und Abmischen von Musik oder Podcasts beschäftigen. Yamaha macht in diesem Punkt einiges richtig, denn die zweite große Podcast-Welle nach 2005 ist längst auch bei uns angekommen.
Zwar gibt es natürlich auch in diesem Bereich kiloweise Profiequipment. Aber gerade beim Phänomen Podcasting ist die Einstiegshürde dank mobiler Aufnahmegeräte so gering wie noch nie. Und nicht jeder Nutzer, der Interesse an Podcasting hat, will Hunderte von Euros für Profi-Studiokopfhörer ausgeben. In diesem Bereich war eine Neuerung für das Niedrigpreissegment also wirklich überfällig.
Look and Feel: Fast wie beim StudiobossDer Kopfhörer liegt gut in der Hand. Zwar ist er mit knapp 400 Gramm kein Leichtgewicht, aber nicht so schwer, dass die Anwendung mich anstrengt. Das Modell besteht aus Vollplastik, die Hörmuscheln sind mit Kunstleder bezogen. Der Druck auf die Ohren ist zwar zu spüren, aber fällt nicht unangenehm auf. Als ohrumschließendes Modell konzipiert, dürfte es unter dem Lauscherpaar von Yamaha angesichts der aktuellen Temperaturen allerdings irgendwann etwas warm werden.
Eine kleine Tanzeinlage hat der HPH-MT5 auch recht gut überstanden, ohne zu verrutschen - ein fetter Studiokopfhörer hätte hier schon versagt. Allerdings könnte das verhältnismäßig große Modell für Menschen mit sehr zarten Häuptern etwas zu massiv sein. Für meine Kopfgröße war es jedoch genau richtig.
Flip it, fold it, pack it, take itEin weiteres Alleinstellungsmerkmal des Yamaha HPH-MT5 sind die beweglichen Hörmuscheln. Da schafft Flexibilität und ist praktisch. Jedoch etwas schade: Die Kopfhörer lassen sich nicht superflach zusammenfalten. Kleinere Kopfhörer hätten hier noch oben im Bügel ein Scharnier eingebaut. Yamaha hat in diesem Fall wohl auch aus Stabilitätsgründen darauf verzichtet. Man kann jedoch die Kopfhörer gut im zugehörigen Täschchen mit Zugband unterbringen.
Das Modell macht im Großen und Ganzen also einen recht soliden Eindruck. Nur die Verbindung am Bügelscharnier bereitet mir Sorge. Hier ist es bei aller Sorgfalt in der Konstruktion fast schon ärgerlich, dass Yamaha nicht wenigstens auf ein wenig Metall gesetzt hat, um das Scharnier robuster zu gestalten. Wie langlebig die Scharniere sind, kann ich in meinem kurzen Testzeitraum natürlich nicht überprüfen.
Na endlich: Kabelbruch adé!Ein praktisches Feature des Yamaha HPH-MT5 ist das auswechselbare Kabel. Sollte das mitgelieferte Kabel also einmal den Geist aufgeben, muss der HPH-MT5 nicht komplett ersetzt werden. Spätestens in diesem Punkt merke ich, dass bei der Konzeption Fachleute aus dem Studiobereich am Werk waren. Denn bei den Profikopfhörern ist eine solche Steckverbindung schon lange Standard.
Der Miniklinke-Anschluss im unteren Teil der Ohrmuschel rastet mit einem satten Klicken spürbar fest ein. Am anderen Ende des Kabels wartet ein weiterer Komfort: Der Hörer darf sich zwischen kleiner und großer Klinke entscheiden. Mit dem kleinen Anschluss passt er bei allen gängigen Smartphones. Schraubt man den größeren Klinkenanschluss auf den kleinen, kann man damit auch alle gängigen Mischpulte und Anlagensysteme nutzen.
Allerdings ist die drei Meter lange Variante des mitgelieferten Kabels eher nicht für die Straße geeignet. Am besten platziert ist der Kopfhörer ohnehin im heimischen Hobbystudio. Da stört ein wenig Kabelstrippe auch nicht.
Der Yamaha HPH-MT5 klingt wie einer von den GroßenWenn es an den Sound geht, verwandle ich mich gerne mal in einen Kleinstadtgangster, der mit seiner tiefergelegten Karre an der Ampel steht: Es kann mir nicht laut und fett genug sein. Der Yamaha HPH-MT5 macht hier einen richtig guten Job. Nach einem ausgiebigen Hörtest war ich sofort bereit, auf dem nächsten Konzert zu meinen Lieblingsbands weiterzutanzen. Der HPH-MT5 liefert gute Qualität bei den Höhen ab, auch die Mitten sind gefällig abgestimmt. Hier kommen Podcasting-Fans voll auf ihre Kosten. Aber besonders bei den Bässen kann der Mini-Profi überzeugen: Es brummt und schraubt, dass es eine Freude ist, ohne zu übersteuern - Bassfetischisten wie mir gefällt das!
Fazit: Zwischen den Stühlen - und das ist gut soDer HPH-MT5 von Yamaha bedient mit seiner Beweglichkeit und Stabilität und nicht zuletzt dem überzeugenden Sound eine Nische, die wohl bald keine mehr sein dürfte. Das Modell ist nicht so massiv, dass es nach einigen Stunden unangenehm wird, und trotzdem klingt es wie ein viel schwereres, teureres Profi-Produkt. Für den erschwinglichen Preis von 99 Euro bietet der Kopfhörer eine gute Ergänzung für das kleine Heimstudio - vor allem Podcaster sollten einmal reinhören. Einzig ärgerlich ist die zwar gut gemeinte, aber nicht zu Ende gedachte Scharnierverarbeitung - hier könnte Yamaha sich doch etwas stärker an noch höherwertigeren Profi-Modellen orientieren.
Images by Anne Jerratsch
About Anne Jerratsch ist freischaffende Autorin und Redakteurin bei den Netzpiloten und den Hello-Magazinen. Sie hat zeitgenössische und mittelalterliche Geschichte sowie Anglistik und Amerikanistik studiert und arbeitet, seit das erste Modem ins Elternhaus einzog, an irgendwas mit Medien. Sie bloggt und twittert als @keksmadam, mag und macht Podcasts und wirkt bei der nichtkommerziellen Hörspielvereinigung Die Neuvertonung mit.