Mit den Ergebnissen ihrer Masterarbeit als Grundlage hat Aileen Moeck zusammen mit Jens Konrad „Die Zukunftsbauer" entwickelt, „die Studien- und Berufsberatung für das 21. Jahrhundert". Dabei handelt es sich um ein Lehrkonzept, in dem Schülerinnen und Schüler Berufsgruppen erarbeiten, die in der heutigen Welt noch nicht existieren. Mithilfe einer „Zukunftsbox", einem Baukasten mit Materialien zur Veranschaulichung, sollen sich Neunt- bis Elftklässler ein Schuljahr lang auf eine Zukunftsreise begeben. In acht Doppelstunden erarbeiten sie ihre Vorstellungen, Ideen und Ängste der Zukunft, entwickeln daraus neue Berufsbilder und bestimmen die erforderlichen Fähigkeiten.
Im Gegensatz zu einer klassischen Berufsberatung vertreten „Die Zukunftsbauer" keine Wirtschaftsinteressen und wollen nicht direkt Kompetenzen für den Arbeitsmarkt entwickeln. Die nachhaltige Bildung stehe im Vordergrund. Das Projekt soll als übergeordnetes Narrativ zur schulischen Studien- und Berufsberatung dienen, an das sich andere Projekte der Berufsorientierung anschließen lassen.
In den vergangenen Monaten haben die beiden Erfinder von „Zukunftsbauer" Pilotversuche an der Berliner Sekundarschule St. Franziskus in Schöneberg durchgeführt. Neben einer externen Grafikerin unterstützte eine Pädagogin sie bei der manchmal herausfordernden Arbeit mit den Schulklassen. Die Jugendlichen bewiesen ihre Kreativität: Sie erfanden zum Beispiel eine „Sauerstoffproduzent" und den „Marskolonisator", der auf dem Mars neuen Lebensraum erschließt. Den brauche es, weil es auf der Erde, so das Zukunftsszenario, aufgrund von Überbevölkerung keinen Platz mehr geben wird. „Die Arbeit an der Schule hat uns gezeigt, dass Kinder die Welt durch die Medien sehr negativ wahrnehmen", sagt Aileen Moeck. „Trotzdem haben sie positive Lösungsansätze entwickelt, in denen es auch immer einen Ausgleich von Technik und Natur gab. Die Jugendlichen wollten keine absolut technisierte Welt." Auch habe sich gezeigt, dass sich viele Zukunftsängste aus der Gegenwart speisen: Klimawandel und Migration sind die Themen, mit denen Kinder von heute aufwachsen. „Eigentlich müsste die Zukunftsforschung Gegenwartsforschung heißen, denn wir stellen unsere heutige Lebensrealität in Frage", sagt Aileen Moeck.
Im Moment bauen Aileen Moeck und Jens Konrad den ersten Prototypen der Zukunftsbox, der später bundesweit in Schulen eingesetzt werden soll. Zusätzlich zum Gewinn der 10.000 Euro haben sie ein Berliner Startup Stipendium erhalten, das es ihnen erlaubt, eine externe Mitarbeiterin und eine Grafikerin anzustellen und insgesamt zu viert ein halbes Jahr intensiv an dem Projekt zu arbeiten. Mit dem Berliner Startup Stipendium fördern die Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin, die Charité - Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin seit 2016 gemeinsam Gründerinnen und Gründer, die innovative oder technologiebasierte Geschäftsideen umsetzen wollen. Finanziert wird das Stipendium von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds. Neben der finanziellen Förderung von 2.000 Euro monatlich für jedes Teammitglied werden die Stipendiaten außerdem von Profund Innnovation, der Service-Einrichtung für Wissens- und Technologietransfer in der Abteilung Forschung der Freien Universität, beraten und betreut.
Zukunftsbauer und FuturistenAileen Moeck ist selbst das beste Beispiel für eine „Zukunftsbauerin": Aus ihrer Masterarbeit und einer Problemstellung hat sie ein eigenes Berufsfeld für sich geschaffen. Als Zukunftsforscherin und Futuristin war sie vor Kurzem bei einer Konferenz in Kopenhagen, um einen Workshop zum Thema „Wie werde ich Futurist?" zu geben. Futuristen, das seien neugierige und mutige Menschen, die auch ein wenig kindisch in ihrem kreativen Überschwang seien, die langfristig und systemübergreifend denken. Sie versuchen, verschiedene Perspektiven in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen. Futuristen blicken der Zukunft optimistisch entgegen, weil sie sich als deren aktive Gestalter sehen: „Seitdem ich Zukunftsforscherin bin, macht mir die Zukunft viel weniger Angst", sagt Aileen Moeck. Ihren Zukunftsmut und Tatendrang will sie mit „Zukunftsbauer" nun auch an Kinder und Jugendliche weitergeben.