Früher noch gab es diese Sommer, die sich so anfühlten, als würden sie nie enden. Sechs lange Wochen Ferien, die Haarspitzen blond von der Sonne, die Füße dreckig vom Draußensein. Den ganzen Tag über den Campingplatz radeln und abends trifft man sich unten am See mit Freunden. Vielleicht schaffen wir es bei unserem Camping-Trip durch Bayern, uns ein bisschen von diesen endlosen Sommertagen zurückzuholen, denn gefühlt werden die Sommer immer kürzer und voller. Ja, es grenzt schon fast an ein Wunder, dass sich zwei Freunde aus verschiedenen Städten spontan zu einem Urlaub treffen können.
Wir entscheiden uns für Camping, damit wir während unseres Trips möglichst spontan und flexibel sind. Zum einen können wir so auch kurzfristig unsere Route ändern, zum anderen haben wir alles Wichtige immer dabei: unsere Fahrräder, die Laufschuhe, Badesachen und natürlich den Kaffeekocher. Von unterwegs aus wollen wir uns dann die schönsten Plätze zum Laufen, Schwimmen und Radeln heraussuchen.
Als wir mit dem Wohnmobil von Frankfurt aus starten, passt das Wetter schon mal zu den Sommerferien unserer Kindheit: Es ist brütend heiß, draußen kündigt sich ein Sommergewitter an. Wir nehmen die Autobahn Richtung Würzburg, denn wir wollen nach Kitzingen in Unterfranken. Und es dauert nicht lange bis zum ersten Regenschauer. Die Tropfen prasseln auf die Dachfenster des Wohnmobils - es fühlt sich an wie im Zelt. Nur besser, weil unser Zelt ziemlich komfortabel ist und man garantiert trocken bleibt. Drinnen ist es warm und gemütlich, im Radio löst ein Sommerhit den nächsten ab. Sport ist bei diesem Wetter leider nicht drin, also entscheiden wir uns für einen Zwischenstopp in Unterfranken, bevor es weiter in den Süden geht.
Ungefähr zwei Stunden später kommen wir am Römerhof an, einem Landgasthof bei Kitzingen. Die Scheune des Hofs wird nicht nur für Events wie Hochzeiten vermietet, im Sommer lädt auch ein Biergarten zum Verweilen ein. Vom Römerhof aus schaut man direkt in die Weinberge - und hier werden wir heute übernachten, mitten in den Reben. Nun besuchen wir aber erst einmal unseren Freund Martin Hirsch, der Hof und Weinberge von seinem Vater übernommen hat. Hier kümmert er sich nicht nur um seine Trauben, sondern lässt auf Anfrage auch immer wieder Urlauber bei sich übernachten. Zuvor hatte Martin in der Kreativbranche in Frankfurt gearbeitet und sich vor zwei Jahren dem Thema Naturweine verschrieben. Statt vor dem Bildschirm zu sitzen, steht er nun von morgens bis abends an den Reben, nebenbei plant er gerade ein Pop-up mit Wein, Essen und Kunst - den „Römergarten".
Wir fahren mit Martin nach Sulzfeld am Main, einem mittelalterlichen Dorf unweit vom Römerhof. An die tausendjährige Geschichte des Ortes erinnert die noch zum Großteil erhaltene Stadtmauer mit ihren Türmen und Toren. In den Gassen steht ein verwinkeltes Häuschen neben dem anderen - mit wilden Gärten, bunten Fensterläden, alten Holztreppen. So etwas haben wir noch nie in Deutschland gesehen. Dank dieser Kulisse fühlt es sich an, als wären wir ganz woanders, in einem fremden Land. Wir kehren im Gasthaus „Zum Goldenen Löwen" ein, das Martins Mutter betreibt. Auf der Karte stehen Reh-Ravioli, Wildschnitzel und Tatar, aber natürlich darf auch der „Meter Bratwurst" nicht fehlen, der hier erfunden wurde. Typisch für die Region Unterfranken ist außerdem Kochkäse, eine Art cremiger Obatzter. Dazu gibt es einen phantastischen Naturwein von Martin. Es kommen noch Freunde dazu, und wir sitzen bis Mitternacht. Spätabends sind wir tatsächlich die letzten Gäste, aber das ist kein Problem, denn wir haben es ja nicht weit bis zu unserem mobilen Zuhause.
Martins Mutter betreibt das Gasthaus „Zum Goldenen Löwen" in Sulzfeld am Main - hier stehen Reh-Ravioli, Wildschnitzel und der „Meter Bratwurst" auf der Karte, der typisch ist für die Region.
Als wir an unserem Wohnmobil ankommen, ist es auf dem Weinberg komplett dunkel. Die Art von Dunkelheit, die man als Stadtbewohner gar nicht mehr kennt - nur der endlose Sternhimmel spendet ein wenig Licht. Wir parken zwischen den Reben, klettern in unsere bequemen Betten und schlafen trotz der außergewöhnlichen Kulisse sofort und tief ein. Der nächste Morgen ist dann spektakulär: Während die Sonne langsam über dem Weinberg aufgeht, hoppeln Feldhasen an unserem Fenster vorbei, Vogelscharen fliegen über die Reben, kommen ganz nah und heben wieder ab in den Himmel. Alles ist still - auch wir, als wir die Szenerie mit einem Kaffee in der Hand vom Wohnmobil aus beobachten. Zum Glück ist heute besseres Wetter - und damit geht es endlich los zu unserem kleinen Triathlon durch Bayern.
Nachdem wir uns von Martin verabschiedet haben, fahren wir einmal quer durch das sommerliche Bayern zu unserem ersten Ziel: dem Chiemsee. Dabei sehen wir auf dem Weg am Straßenrand immer wieder Werbung für Frankenwein, Erdbeerstände und Blumenfelder zum Selberschneiden. Dank unserem Kühlschrank und der großen Heckgarage können wir auf dem Heimweg noch jede Menge mitnehmen - als kleines Souvenir von dieser Reise. Eine Kiste von Martins Wein haben wir schon im Gepäck.
Und dann kommen sie endlich, die Berge. Als wir an der Autobahn direkt am Wasser vorbeifahren, fühlen wir uns kurz wie am Meer: Der Chiemsee ist so groß, dass man teilweise nicht bis zum anderen Ufer sieht - über unseren Köpfen kreischen die Möwen. Wer hätte das gedacht: Möwen an der A8?
Der Chiemgau ist eines der beliebtesten Urlaubsziele in Bayern - warum, das weiß man spätestens, wenn man an dem glasklaren Chiemsee steht und auf die Voralpenlandschaft schaut. Wir wollen unbedingt schwimmen gehen und entscheiden uns für das Strandbad Breitbrunn, hier finden wir sofort einen Parkplatz für unser Wohnmobil. An dem Kiosk des Strandbads bestellen wir Spezi und Pommes. Den Rest des Tages liegen wir auf dem von der Sonne gewärmten Holzsteg, schauen aufs glitzernde Wasser und springen immer wieder rein. Der Chiemsee wird im Sommer bis zu 26 Grad warm, zählt somit zu den wärmsten Seen Bayerns und eignet sich damit hervorragend zum Schwimmen. Wir ziehen unsere Bahnen von einem Steg zum nächsten, zwischendurch legen wir eine Pause bei einer kleinen Schwimminsel ein und genießen den Blick auf die Berge.
Nach diesem perfekten Sommertag am See machen wir uns auf zu unserem Campingplatz. Der befindet sich eine halbe Stunde weg vom Chiemsee, am Waginger See. Der See ist nicht nur kleiner und damit auch ruhiger, sondern auch ein beliebtes Ziel für Camper. Das „Strandcamping Waging am See" ist ein Fünf-Sterne-Campingplatz mit hochwertigen Sanitärbereichen, eigenem Fitnessraum und der Möglichkeit, zum Day Spa nebenan in den Wellnessgarten Waging zu gehen. Außerdem kann man zum Tennis, Wassersport oder Fußballgolf. Wer ohne Zelt oder Camper anreist, kann sich eine Ferienwohnung mieten. Wir sind zum Glück mit dem Wohnmobil hier und haben somit eine Chance auf einen Stellplatz direkt am See.
Das Wasser ist abends so schön, dass es uns noch mal reinzieht. Vorbei an dem kleinen Holzsteg, der zum Campingplatz gehört, schwimmen wir ein paar letzte Bahnen, während hinter uns die Sonne untergeht. Danach trocknen wir uns ab und setzen uns zum Abendessen auf die Terrasse vom Seestüberl gleich nebenan. Mit Blick aufs Wasser gibt es Weißbier, bayerischen Wurstsalat und Burger. Zum Glück müssen wir nicht mehr fahren und haben unser Bett direkt vor der Nase. Nach einer ausgiebigen Dusche fallen wir schließlich in unsere Betten. So müde, wie man früher als Kind nach einem Tag im Schwimmbad war. Von dort aus schauen wir direkt auf das Wasser - das Fenster unseres Wohnmobils wird zum Fernseher. Immer wieder laufen, radeln oder schwimmen Leute vorbei.
Auf dem Campingplatz „Strandcamping Waging am See" kann man sich eine Ferienwohnung mieten oder im Schlaffass übernachten. Mit unserem Wohnmobil bekommen wir einen Stellplatz direkt am See.
Morgens, als wir die Fensterrollos hochziehen, liegt der See noch ganz still da, ein Vogel spaziert gemütlich über unser Dach. Wir kochen uns Kaffee und nehmen ihn im Schlafanzug mit vor an den Steg. Die Luft ist noch frisch, aber in der Sonne spürt man schon, wie warm dieser Tag wird. Unsere Badesachen sind zum Glück schon trocken, somit geht es vor unserer Abreise gleich noch mal in den See - und wir sind uns einig: Es gibt nichts Besseres, als morgens nach dem Aufwachen direkt ins kühle Wasser zu springen.
Nun geht es für uns zum Königssee im Berchtesgadener Land – für manche der beeindruckendste See im ganzen Bundesland, denn eingebettet zwischen den Berchtesgadener Alpen erinnert er an einen norwegischen Fjord.
Um den See ranken sich einige Sagen und Mythen, wie die Watzmannsage. Die Bergketten tragen Namen wie „Großes Teufelshorn“ oder „Schlafende Hexe“. Vielleicht herrscht hier auch deswegen so eine besondere Atmosphäre, weil der Königssee mit seinen190 Metern Tiefe nach dem Bodensee der zweittiefste See in Bayern ist – dementsprechend ist er im Sommer eher kühl und nur bei hartgesottenen Badefans beliebt. Dafür kann man dank der umliegende Berge umso besser laufen oder wandern gehen!
Wir parken unser Wohnmobil auf dem „Campingplatz Grafenlehen“, nur wenige Gehminuten vom Königssee entfernt. Hier haben wir einen wunderbaren Stellplatz mit Bergblick zu allen Seiten. Diesmal wird unser Fenster zum Gemälde mit bayerischem Landschaftspanorama. Auf diese Aussicht von unseren Betten aus freuen wir uns später schon, nun aber erst einmal runter zum Wasser: Wir schnüren unsere Laufschuhe und sind gleich am Königssee. Hier führt ein schattiger Waldweg am Wasser entlang, perfekt zum Joggen. Ganz praktisch: Er führt uns direkt zu einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten am Königssee – dem Malerwinkl, einem Aussichtspunkt von dem aus man einen fantastischen Blick auf den See und die Berge hat. Der Name kommt nicht von ungefähr, es sieht wirklich aus wie in einem Caspar David Friedrich-Gemälde.
Je nach Lust und Fitnesslevel kann man von hier aus auch die Rabenwand hinauflaufen – umso weiter man den Berg hinaufkommt, desto toller wird der Ausblick. Wir aber folgen den Ausflugsbooten bis zur Anlegestelle und kaufen uns spontan ein Ticket. Von der Anlegestelle aus fahren in regelmäßigen Abständen Boote zum nächstgelegenen Ort „St. Bartholomä“ oder bis nach „Salet“ am anderen Ufer. Wir machen die komplette Tour, um von „Salet“ aus zum Obersee zu laufen. Bequeme Schuhe und atmungsaktive Klamotten haben wir ja sowieso schon an. Und für Abkühlung vor Ort ist auch gesorgt, denn der Obersee ist ähnlich kalt wie der Königssee!
Spannend ist, dass auf dem Königssee dank dem Prinzregenten Luitpold schon seit 1909 Elektroboote im Einsatz sind, nur in wenigen Ausnahmefällen sind Motorboote zugelassen. Ansonsten achtet man hier sehr darauf, die Natur zu schützen – und das zahlt sich aus. Der See hat Trinkwasserqualität und ist in seichteren Abschnitten so klar, dass man ebenso an einem weißen Sandstrand auf Sardinien sein könnte. Sobald man sich kurz darauf inmitten von Kühen auf der Weide wiederfindet und im Biergarten der Saletalm Knödel bestellt, weiß man allerdings ziemlich sicher wieder, dass man gerade im tiefsten Bayern unterwegs ist. Als unser Bootsführer an der Echowand vom Königssee die Trompete spielt, um den Hall der Bergwand zu verdeutlichen, wird es ganz ruhig in den Reihen. Man hört nur das Wasser gegen den Bug schlagen und in weiter Ferne das Echo der Trompete. Wir sind gerührt – bayerischer wird es wahrscheinlich nicht mehr als hier an der Grenze von Berchtesgaden zu Österreich.
Den ganzen Tag Sport machen und in der Sonne sein macht natürlich müde. Als wir zurück zum Campingplatz joggen, haben wir Glück, denn heute versorgt ein kleiner Marktstand aus Österreich die Camping-Gäste mit regionaler Wurst, frischem Käse, hausgemachtem Brot und Antipasti. Wir müssen also nicht mehr auswärts essen, sondern decken uns mit allerlei Brotzeit ein, holen uns zwei kalte Radler vom Kiosk nebenan und setzen uns ganz unkompliziert vor unser Wohnmobil. Einen gemütlicheren Abschluss für diesen Tag könnte es kaum geben.
Da es früh ins Bett geht, sind wir am nächsten Tag auch wieder früh auf. Die Natur ist noch ganz still und wir nutzen die Morgenstunden, ziehen die Laufschuhe an und joggen entlang der Königsseer Ache: einem reissenden Fluss, der direkt neben unserem Campingplatz fließt und den Königssee mit Berchtesgaden verbindet. Nach dem heißen Tag gestern, genießen wir die kühle Morgenluft direkt am Wasser. Zurück am Campingplatz wird geduscht und dann geht’s weiter zu unserem nächsten sportlichen Highlight.
Wer nach besonders schönen Radtouren in Bayern sucht, der kommt nicht am Eibsee vorbei. Der See am Fuß von Deutschlands höchstem Berg wird nicht umsonst auch die „Bayerische Karibik“ genannt. Er ist bekannt für sein türkisfarbenes Wasser, das rund um die Inseln an karibische Sandbänke erinnert. Um den See herum führt ein circa acht Kilometer langer Rundweg, den man entweder zu Fuß oder wie wir mit dem Rad erkunden kann. Unsere Fahrräder haben wir in der großen Heckgarage von Zuhause mitgenommen – nicht nur super für Touren wie diese hier, sondern auch für kleine Wege vor Ort.
Direkt am Eibsee gibt es einen großen Parkplatz, im oberen Abschnitt dürfen auch Busse und Wohnmobile stehenbleiben. Mit dem Rad sind wir gleich unten am Wasser – und obwohl wir den See schon auf zahlreichen Fotos gesehen haben, haut er uns in echt noch einmal ziemlich um. Das Wasser ist glasklar, immer wieder tun sich kleine Badebuchten auf, in denen Leute am Ufer liegen und schwimmen gehen. Der Eibsee gehört ebenso wie der Königssee mit seiner Lage zu den kühleren Seen in Bayern, im Sommer erreicht er eine durchschnittliche Wassertemperatur von 19 Grad. Im Hintergrund steht die massive Zugspitze. Es sieht beinahe unrealistisch aus, so schön ist es – wie eine Fototapete und wir mittendrin.
An der „Bayerischen Karibik“ radelt man auf den schattigen Kieswegen auch im Sommer sehr angenehm. Und da es kaum Steigung gibt, muss man für die Runde nicht supersportlich sein. Wir sind froh, dass wir die Räder haben, denn so brauchen wir für den Rundweg gerade mal eine halbe Stunde. Oder vielleicht auch eine Stunde, weil wir alle paar Meter stehenbleiben müssen, um Fotos zu machen.
Als ich zu Hause unter der Dusche stehe, schaue ich auf meine dreckigen Füße und muss schmunzeln, denn es ist tatsächlich ein bisschen wie früher nach den Sommerferien auf dem Campingplatz.