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Eine der reichsten Stiftungen der Welt - und sie zahlt keine Steuern

Bild: Keystone, Getty Images, 13PHOTO. Montage: Beobachter

Im Zürcher Seefeld, keine 30 Meter vom Seeufer entfernt, steht eine Villa mit gepflegtem Garten. Hier hat eine Stiftung ihren Sitz, die mit einem Vermögen von über sechs Milliarden Franken zu den reichsten der Welt gehört: die Jacobs Foundation, 1989 gegründet vom Kaffeeunternehmer Klaus Jacobs.
In der Schweiz gehört sie zu den Top 3 – ist von diesen aber die einzige Stiftung, die keine Steuern zahlt. Denn der Kanton Zürich gab ihr das Prädikat «gemeinnützig». Und zwar weil sie junge Menschen und deren Bildung fördert. Oder wie es die Stiftung formuliert: «in die Zukunft junger Menschen investiert, damit sie sozial verantwortungsbewusste und produktive Mitglieder der Gesellschaft werden können». Im Kanton Zürich ist die Jacobs Foundation eine von mehr als 5000 Organisationen, die von der Steuer befreit sind – aber keine ist auch nur annähernd so reich wie sie.

Die Idee hinter der Steuerbefreiung ist simpel und im Grunde unbestritten: Wenn jemand sein Vermögen mit einer Stiftung in den Dienst der Gesellschaft stellt, wird dieser im Gegenzug die Steuer erlassen. Bei vielen Organisationen, insbesondere Vereinen, lässt sich dieser Dienst an der Gemeinschaft kaum quantifizieren. Bei Förderstiftungen wie der Jacobs Foundation, die soziale Einrichtungen oder Projekte anderer gemeinnütziger Körperschaften unterstützen, ist das eher möglich. Ihr Nutzen sind die Gelder, die sie ausschütten, und die Projekte, die sie damit finanzieren. Die offensichtlichen Kosten für die Gesell­schaft sind die Steuern, die das Vermögen ein­ brächte, wenn die Stiftung nicht als gemeinnützig taxiert würde. Bei der Jacobs Foundation wären das – nach eigenen Angaben – rund drei Millionen Franken pro Jahr. Damit diese Rechnung aus Sicht der Steuerzahlenden am Ende aufgeht, müsste gewährleistet sein, dass die Stiftung ihr Geld für Zwecke einsetzt, die der Gesellschaft auch etwas bringen. Der Beobachter hat mit dem Rechercheteam Reflekt die Jahresberichte der Jacobs Foundation ausgewertet und diverse Richtlinien und Gerichts­ urteile zum Schweizer Stiftungswesen studiert. Dies vor dem Hintergrund, dass es hierzulande über 13 600 Stiftungen gibt – Tendenz steigend –, die ein Vermögen von rund 140 Milliarden Fran­ ken verwalten; ein Grossteil davon ist unversteuert. Das Ziel der gemeinsamen Recherche war einer­ seits, herauszufinden, ob die Steuerbefreiung im Fall der Jacobs Foundation für die Gesellschaft tatsächlich ein guter «Deal» ist. Anderseits, und diese Frage wurde im Verlauf der Recherche immer zentraler, zu klären, nach welchen Kriterien das Label «gemeinnützig» überhaupt ver­ geben wird.

Klar ist: Zuständig für die Steuerbefreiung sind einzig die kantonalen Steuerämter. Für sie und ihren Entscheid relevant ist in erster Linie das Kreisschreiben 12 der Eidgenössischen Steuerver­ waltung, das die Richtlinien definiert. Dieses ist jedoch sehr grundsätzlich gehalten und lässt den Ämtern grossen Spielraum. Wie sie ihn im Einzel­ fall nutzen, ist für Aussenstehende oft nicht nach­ vollziehbar. Weder die Eidgenössische Stiftungs­ aufsicht noch die Eidgenössische Finanzkontrol­ le, die höchste Finanzbehörde der Schweiz, haben Einblick in die jeweilige Praxis der Kantone.

Wie gross dieser Ermessensspielraum sein kann, wollen wir am Beispiel der Jacobs Founda­ tion veranschaulichen, denn diese Stiftung ist nicht nur eine der wohlhabendsten, sondern auch eine der transparentesten. Zudem ist das Zürcher Steueramt nicht dafür bekannt, die Hürde für das «Prädikat» «gemeinnützig» besonders tief anzu­ setzen – anders als Steuerämter in anderen Kan­tonen. Umso erstaunlicher ist, dass sich die Zür­ cher Behörden bei der Steuerbefreiung der Jacobs Foundation offenbar recht kulant zeigen.


Ganzer Artikel beobachter.ch // Nr. 24/2023

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