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Wie Erlangens Innenstadt eine Zukunft haben soll

Die Geschäfte in den Innenstädten leiden nach wie vor unter rückläufigen Umsatzzahlen. Erlangen macht da keine Ausnahme. Uwe Werner, Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbands Bayern (HABE) erklärte bei einer Pressekonferenz zu diesem Thema, dass bereits im Zeitraum von 2017 bis 2019 etwa 64 Prozent der Einzelhändler ihre Existenz als bedroht angesehen hätten. Auch der Umsatz sei in den vergangenen Jahren um mehr als die Hälfte eingebrochen.

Der Tenor sei also klar: So wie aktuell, könne es für die Innenstädte und den Einzelhandel nicht weitergehen. Auch aus diesem Grund entwickelten die Vertreter der Industrie und Handelskammer (IHK) Erlangen/Nürnberg zusammen mit dem Erlanger City-Manager Christian Frank, dem Vorsitzenden der Kreishandwerkerschaft, Wolfgang Mevenkamp, und dem Bezirksgeschäftsführer des HABE, Uwe Werner, einen Zukunftsplan. Darin soll festgelegt werden, wie es gelingen kann, zukünftig wieder mehr Menschen in die Innenstadt zu locken. Kürzlich wurde dieses Konzept in einer Online-Pressekonferenz präsentiert.

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Doch nicht nur Forderungen, sondern auch erwartete Probleme thematisierte das Gremium. Es gehe darum, der Innenstadt wieder mehr Wert beizumessen. Denn: "Wir alle sind auf eine funktionierende und attraktive Innenstadt angewiesen", erklärten Knut Harmsen und Patrick Siegler von der IHK. Ihrer Ansicht nach habe die Pandemie als eine Art "Brennglas" fungiert, welches die vorherrschenden Strukturen deutlich beschleunigt habe.

Ganz konkret formuliert das Carsten Dörfler so: "Die Menschen sind jetzt an ein bestimmtes Maß an Komfort aus dem Online-Handel gewöhnt. Und an diesen Komfort müssen wir uns in der Innenstadt anpassen." Das betreffe ganz konkret die Verkehrssituation. Man müsse es dem Bürger erleichtern, mit dem Fortbewegungsmittel seiner Wahl einfachen Zugang zu Innenstadt zu erhalten. "Man kann den Menschen nicht ein bestimmtes Transportmittel vorschreiben. Das funktioniert vielleicht in Nordkorea, aber sicher nicht in Deutschland", argumentierte Uwe Werner.

Beauftragter für die Innenstadt soll kommen

Um die Innenstadt wieder attraktiver für Besucher zu machen, müssten zunächst die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. "Aktuell ist es ja so, dass die Planung der Innenstadt zwischen den Zuständigkeiten von Wirtschafts-, Bau-, Ordnungs-, Kultur-, Umwelt- und Finanzreferat erfolgt", schildert Patrick Siegler von der IHK. "Wir wünschen uns, dass die Innenstadtentwicklung zur Chefsache im Rathaus erklärt wird. Außerdem soll dafür mehr Personal abgestellt werden. Wir denken an einen ‚Innenstadt-Zukunfts-Beauftragten' als Stabsstelle. Diese Position wäre dann direkt der Verantwortung des Oberbürgermeisters unterstellt und gleichberechtigt mit den Referatsleitern", so Patrick Siegler von der IHK. Ziel dieser Maßnahme sei es, das Citymanagement, Wirtschaftsförderung, Immobilienmanagement, Ordnungsamt und Stadtplanung zu verzahnen.

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Außerdem, so die Vertreter der IHK weiter, sei es notwendig, sogenannte Business Improvement Distrikte (BID) in Bayern zuzulassen. Alexander Fortunado, Leiter des Referates für Handel und Dienstleistung der IHK Nürnberg beruft sich dabei vor allem auf das in Hamburg gültige Konzept des BID. Die Hansestadt Hamburg arbeitet seit Januar 2005 mit dem Gesetz zur "Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren" (GSED). Mit BIDs sind klar begrenzte Geschäftsgebiete (Business Districts) gemeint, in denen auf Veranlassung der Betroffenen in einem festgelegten Zeitraum in Eigenorganisation Maßnahmen zur Quartiersaufwertung (Improvement) durchgeführt werden. Finanziert wird dieses Modell durch eine kommunale Abgabe, die alle im Gebiet ansässigen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer leisten müssen.

Weiter seien "akute Notmaßnahmen zur Abfederung der Pandemiefolgen und Bestandssicherung" wichtig. Zudem müsse es laut Ansichten der IHK und von Handelsvertretern bei weiteren Maßnahmen eine "Bewertung aller die Innenstadt betreffenden kommunalen Maßnahmen auf ihre Wirkung hinsichtlich der Innenstadt-Entwicklung", analog zur Klimawirkung, geben. Entscheidend sei die Entwicklung weitreichender Konzepte die der Stadt und ihren Chancen entsprechen würden.

Keine Patentrezepte

Konkrete Vorschläge, wie entsprechende Konzepte aussehen könnten, hatten die Beteiligten noch nicht. Es gebe keine "Patentrezepte". Daher plädierten die Handelsvertreter für einen Perspektivenwechsel. Damit solle geklärt werden können, welche Nutzungen, Dienstleistungen und Sortimente zukünftig in der Innenstadt die Bürger in die Stadt locken kann. Anhand dieser Maßnahme und der damit verbundenen Erkenntnisse, so der übereinstimmende Wunsch von Harmsen, Siegler, Dörfler Heilmaier, Fortunado, Werner, Mevenkamp, Frank und Schuch, sollen dann "klare Kriterien und Kennzahlen, konkrete Maßnahmen und nachvollziehbare Meilensteine" entwickelt werden.

Entsprechend hoch fällt auch die Forderung für die finanzielle Größenordnung des Konzeptes aus. "Eine Orientierung in Höhe von nicht weniger als 25 Prozent des Klimabudgets der Stadt Erlangen halten wir für adäquat", formulieren es die Vertreter. Bei 100 Millionen Euro, die vor Beginn der Pandemie für den Klimaschutz ausgegeben werden sollten, entspräche dies einer Summe von 25 Millionen Euro in den nächsten sechs Jahren.

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