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Altersarmut in Deutschland: Erschreckende Zahlen - fast jeder dritte Rentner betroffen

Es ist die Horrorvorstellung schlechthin. Nach weit über 30 Jahren im Berufsleben reicht die gesetzliche Rente nicht mal mehr, um genug Essen auf den Tisch zu bekommen, ohne auch im hohen Alter weiter arbeiten gehen zu müssen. Ein Schicksal, das gerade in den vergangenen Jahren in Deutschland immer öfter zutage tritt. Auch die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (Linke) bemerkte im Mai dieses Jahres: "Altersarmut breitet sich zunehmend in Deutschland aus."

Das belegen auch die Zahlen des "Statistischen Bundesamtes" und eine Erhebung des "Europäischen Statistikamts (Eurostat)". Demzufolge ist in Deutschland mittlerweile fast jeder Fünfte über 65 Jahren von Altersarmut betroffen. Bereits im Jahr 2006 waren es 1,9 Millionen Menschen in der Alterskategorie 65 oder älter, die von der Altersarmut akut bedroht waren. Das entspricht einem prozentualen Gesamtanteil von 12,5 Prozent der Deutschen. 2017 waren es dagegen schon rund 2,8 Millionen die vor der Altersarmut standen (17 Prozent). 2018 waren es bereits 3,1 Millionen (18,2 Prozent). Und die Tendenz ist weiter steigend.


Altersarmut: "Rente muss erhöht und Armutsfest werden", fordert Bundestagsabgeordnete

Deshalb fordert Zimmermann, nicht die gesetzliche Rente nur zu erhöhen, sondern vor allem armutsfest zu machen. Zudem will die Linke aufgrund der Corona-Pandemie einen Corona-Zuschlag von etwa 200 Euro für alle Rentner einführen. Als Begründung führen die Politiker an, dass beispielsweise auch ehrenamtliche Einrichtungen wie die Tafeln ihr Angebot in der Krise einschränken mussten.

Sehr bedenklich ist die Situation in Sachsen-Anhalt: Dort bekommen 41,8 Prozent aller Rentner, die mehr als 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, nicht einmal 1000 Euro monatlich ausgezahlt. Deutlich wurde das durch eine Anfrage des Fraktionschefs der Linken, Dietmar Bartsch, an das Bundesgesundheitsministerium. Schon zum 31. Dezember 2018 waren das summa summarum 174.562 Rentner.

Eva von Angern, designierte Linken-Spitzenkandidatin von Sachsen-Anhalt, hält die Zahlen für "erschreckend". "Armut hat in unserem Land und vor allem in Ostdeutschland ein Gesicht: Es sind in erheblichem Maße Kinder und Rentner betroffen", schilderte sie gegenüber der Volksstimme. Sie ist davon überzeugt, dass die "soziale Spaltung" gestoppt werden müsse. Dafür brauche es vor allem eine Kindergrundsicherung, um bessere Berufschancen und ein höheres Einkommen bekommen zu können und einen Mindestlohn der sicherstelle, dass die Altersarmut wieder abnehme, so die 43-Jährige.

Betrachtet man die Zahlen von ganz Deutschland wird deutlich, dass die Altersarmut nicht nur eine vage Gefahr, sondern ein handfestes Problem der Politik darstellt. Insgesamt 2,4 Millionen Menschen die mindestens 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, bekommen monatlich weniger als 1000 Euro ausbezahlt. Damit ist fast jeder dritte Rentner betroffen.


Altersarmut: Aus Scham keine Hilfe beantragt

Beate Bröcker (SPD), Sozialstaatssekretärin von Sachsen-Anhalt kommentierte die neuesten Zahlen wie folgt: "Die Zahlen zeigen, dass es in Deutschland viele Senioren gibt, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen. Dabei wird vor allem deutlich, dass Frauen verhältnismäßig öfter von der Altersarmut betroffen sind als Männer." Konkret bedeutet das, dass Frauen rund 46 Prozent weniger Rente bekommen als Männer. Mit dieser Zahl ist Deutschland in ganz Europa das Schlusslicht.

Cornelius Peters von der "Caritas" in Bremen erklärte gegenüber Deutschlandfunkkultur, dass es neben der immer weiter steigenden Zahl an Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, ein großes Problem sei, die Menschen zu erreichen. "Viele wollen sich aus Scham nicht helfen lassen und trauen sich zum Beispiel nicht, die Grundsicherung zu beantragen, die ihnen eigentlich zusteht", sagt er. David Brazier von der "Arbeiterwohlfahrt (AWO)" in Bremen bestätigte Peters Aussagen. Er fügt hinzu, dass es besonders schwer für Rentner sei Hilfe anzunehmen, die ihr Leben lang erwerbstätig waren und deren Rente nun trotzdem kaum zum Leben reicht.

Im Schnitt 75 bis 80 Euro mehr - im Januar kommt die Grundrente.

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