Südafrikas Kampf gegen Rassismus: Rassismus ist ein strukturelles Problem in Südafrika. Rücksichtslos, gewalttätig und für Schwarze oftmals tödlich. Deshalb darf sich der Kampf gegen ihn unter keinen Umständen lediglich auf banale Gesetze gegen rassistische Verunglimpfungen beschränken.
In Folge der jüngsten rassistischen Äußerungen von Richterin Penny Sparrow, die Schwarze tatsächlich mit Affen verglich, und weiterer rassistischer Vorkommnisse der letzten Monate kündigte der African National Congress (ANC) vollmundig an, rassistische Äußerungen sowie die Verherrlichung der Apartheid künftig unter Strafe stellen zu wollen. Wenn nötig, auch durch Inhaftierungsmaßnahmen. Klingt erstmal gut, oder? Die Penny Sparrows dieser Welt würden protestierend in den Kerker geworfen und die Schwarzen müssten sich keine Gedanken mehr über den Rassismus in ihrem Land machen. Wir wären unserem Ziel einer multikulturell harmonischen Gesellschaft im besetzten Azania(Südafrika) ein Stück nähergekommen. Nun gut, die wahren Rassisten wie Johann Rupert , Nicky Oppenheimer oder etwa die Rothschilds könnten die Unterdrückung und Plünderung der schwarzen Bevölkerung und des Landes einfach fortsetzen - ohne für ihr entsetzliches Verhalten jemals zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Obwohl personalisierte Einzelfälle von Rassismus nicht ignoriert werden dürfen und man ihnen mit der gebührenden Verachtung begegnen muss, sollten wir eines nicht vergessen: Rassismus ist in erster Linie ein strukturelles Problem. Rücksichtslos, gewalttätig und für Schwarze oftmals tödlich. Deswegen darf sich der Kampf gegen ihn unter keinen Umständen lediglich auf Banalitäten wie rassistische Verunglimpfungen beschränken. Viel schlimmer - zudem rassistischer - ist doch, was bereits 1652 seinen Lauf nahm, als Weiße das einstige Azania eroberten: Sie plünderten die Ressourcen des Landes und unterwarfen die schwarze Bevölkerung. Es war ein gewaltsamer, systematischer Prozess, der uns mit Peitschenhieben in die Sklaverei verbannte.
Der ANC hat nichts getanEs mutet schon ein wenig hinterhältig an, dass ausgerechnet die Regierungspartei des ANC nun für Gesetze plädiert, die Rassismus unter Strafe stellen sollen. Schließlich hat sie in ihrer mittlerweile 22-jährigen Regierungszeit rein gar nichts dafür getan hat, die ungleiche Verteilung des Wohlstands zu bekämpfen. Diese Politik ermöglichte es den Weißen erst, ihren privilegierten Status zu untermauern und ihren gestohlenen Reichtum zu sichern. Der ANC hätte die Macht gehabt, den weißen Rassismus zu beenden und den Schwarzen ihre Würde zurückzugeben - aber er entschied sich dagegen.
Die Regierung macht mit vielen Weißen gemeinsame Sache und sorgt dafür, dass schwarze Menschen machtlos, unterdrückt und ohne eigenes Land bleiben. Sie hat Schwarze umgebracht, um den Reichtum der Weißen zu sichern. So ließ sie 2012 34 Bergarbeiter in Marikanaerschießen, die den Mut aufgebracht hatten, sich gegen ihre Ausbeutung durch weiße Minenbetreiber aufzulehnen. In den Jahren 2012 und 2013 wurden Streiks von Landarbeitern in De Doorns am Westkap brutal niedergeschlagen, als Polizisten mit Gummigeschossen auf die Protestierenden feuerten. Als junge Menschen jüngst für kostenlose Bildung demonstrierten (#FeesMustFall), erreichte die staatliche Gewalt und die Gewalt an Hochschulen ihren traurigen Höhepunkt. Kurz gesagt: Inzwischen weiß jeder, dass die Regierung nicht daran interessiert ist, dem Rassismus in diesem Land tatsächlich ein Ende zu bereiten.
Daran ändert sich auch nach den jüngsten Kommunalwahlen nichts. Zwar büßte der ANC einen Teil seiner Macht ein, doch da die abgewanderten Wähler mehrheitlich für die Democratic Alliance (DA) stimmten, dürfte alles beim Alten bleiben: Beide Parteien verfolgen eine ähnliche Politik in Bezug auf die soziale Ungleichheit im Land.
„Diese Gesetze würden schwarzen Widerstand gegen den Status quo im Keim ersticken."
Die Kriminalisierung rassistischen Verhalten wird letztlich nur ein schärferes Vorgehen gegen schwarze Bewegungen zur Folge haben. Wie kann man dann etwa noch politische Forderungen im Namen der Schwarzen stellen? Jede emanzipatorische Handlung von Schwarzen könnte künftig als rassistisch motiviert abgestempelt werden. Schwarze hätten demnach größere Schwierigkeiten, sich untereinander zu treffen um beispielsweise mit Initiativen gegen soziale Ungerechtigkeit zu kämpfen. Es sei denn: Auch Weiße dürfen Mitglied werden. Die offizielle Begründung würde natürlich lauten: „Unser Ziel ist die soziale Gerechtigkeit unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Wohlstand oder Bildung". Die neue Gesetzgebung würde schwarzen Widerstand im Keim ersticken, obwohl sie es sind, die marginalisiert, unterdrückt und enteignet werden. Schwarze würden permanent überwacht zum Schweigen gebracht.
Der Rassismus steckt auch in den InstitutionenDiese Gesetze werden zum Großteil diejenigen Schwarzen bestrafen, die das System bekämpfen wollen. Schon heute werden Verfassung und Institutionen wie die Menschrechtskommission dazu missbraucht, um die schwarze Wut im Zaum zu halten. So trug beispielsweise der studentische Aktivist Zama Mthunzi im Zuge der #FeesMustFall-Proteste an der University of Witswatersrand (Wits) in Johannesburg ein T-Shirt mit dem Aufdruck: „Fuck White People". Eine Botschaft, die die gerechtfertigte Wut gegen Weiße und deren Privilegien zum Ausdruck brachte. Die Universität meldete ihn kurzum bei der Menschenrechtskonvention. Die forderte ihn nicht nur dazu auf, sich bei der weißen Gemeinde zu entschuldigen, sondern untersagte ihm auch zudem, sich jemals wieder zu rassistischen Zwischenfällen zu äußern. Obendrein wurde Zama für drei Jahre von der Universität suspendiert und musste 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Nach seinem Ausschluss von der Universität wird es für Zama ungeheuer schwierig werden, wieder an einer Universität Fuß zu fassen. Ein hoher Preis, den er für seinen Widerstand zahlen musste. Die Richterin Penny Sparrow hingegen wurde nach ihrem Affenvergleich zwar entlassen, allerdings wird sie wohl sehr bald einen neuen Arbeitgeber haben. Und da sie weiß ist, werden sich die Medien auch kaum dafür interessieren.
Text: Tiisetso Tlelima
Übersetzung & Redaktion: Andreas Boneberg
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