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„Erziehen ist nicht wie kochen"

Katia Saalfrank ist Diplom-Pädagogin und Musiktherapeutin. Berühmt wurde die 40-jährige Vierfach-Mama als „Die Super-Nanny“ aus der gleichnamigen Fernsehsendung. Mitte November wurde nach sieben Jahren die letzte Folge des umstrittenen Reality-Formats ausgestrahlt. Nun tourt sie mit ihrem Abendprogramm „Nein, Mama!“ durch Deutschland und kommt am Freitag. 9. Dezember, um 20 Uhr nach Reichenbach/Fils in die Brühlhalle. In ihrem Bühnenprogramm widmet sie sich ihrem Lieblingsthema: der Kindererziehung.

Frau Saalfrank, wie entstand die Idee zu einem Bühnenprogramm?
Katia Saalfrank: Die Idee ist aus meinem Wunsch heraus entstanden, direkter mit Menschen zu diesem Thema in Kontakt zu kommen. Die Livesituation interessiert mich besonders und hat mir in der Vergangenheit schon immer wieder sehr viel Spaß gemacht. Ich bin zwar oft zu Gesprächsrunden eingeladen, allerdings sind diese immer moderiert. Diese Veranstaltungen machen mir besonders viel Freude und erfüllen mich sehr. Der direkte Kontakt zu den Menschen, die alle mit unterschiedlichen Erwartungen und ihren eigenen Geschichten zu den Themen Familie, Beziehung, Erziehung und Familie Stellung nehmen, zuhören, mitdiskutieren und Fragen stellen sind eine besondere Bereicherung für mich. So möchte ich mich gerne etwas unabhängiger von moderierten Runden machen und habe einen eigenen Abend zu diesem Thema entwickelt.

Was erwartet die Gäste in „Nein Mama!“?
Es soll hier kein grundsätzliches Missverständnis geben: Es geht weniger um ein Bühnen- als um ein Abendprogramm. Es ist ein Abend mit Katia Saaalfrank, bestehend aus verschiedenen Lesungen eigener Manuskripte, mit kleinen Einspielern zum Thema Erziehung und auch mit der Möglichkeit, über Familie zu diskutieren.

Ist das eher ein Beratungsabend oder eher Standup-Comedy zum Thema Kindererziehung?
Wie gesagt, weder das eine noch das andere! Es geht nicht um Beratung und auch nicht um Comedy, aber es geht natürlich um Kinder, um Eltern, um Familie und Entwicklung. Aus vier Entwicklungsbereichen – der Säuglingszeit, dem Kleinkind- und Schulalter und der Pubertät – werden entscheidende Entwicklungen und Symptome, die Eltern besonders wahrnehmen, thematisiert und skizziert, und durch eine Mischung aus kleinen Einspielern und Lesungen rund um das Thema Familie präsentiert.

Auf welche Probleme gehen Sie in Ihrem Abendprogramm ganz konkret ein?
Es geht zum Beispiel um den Babyschlaf oder auch um die sogenannte Trotzphase, in der Kinder ja immer wieder gerne „Nein“ sagen. Wir Eltern wollen gerne Kinder haben, die alles so machen, wie sie sollen – das ist für uns erstmal am leichtesten. Dass es jedoch nicht immer das Beste ist, sondern Kinder durchaus „Nein!“ sagen müssen und auch sollen und wir Eltern eher besorgt sein sollten, wenn Kinder angepasst sind und immer „ja“ zu allem sagen, könnte überraschend sein. Es gibt auch die Möglichkeit für das Publikum, eigene Fragen zu stellen und diese auch in diesem Rahmen beantwortet zu bekommen. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf lebendige Diskussionen.

Haben Sie DEN Erziehungstipp?
Die Menschen fragen mich immer nach Patentlösungen. Ich gebe keine Tipps, es ist einfach nicht möglich. Erziehen ist nicht wie kochen. Da kann man nicht hingehen und sagen: „Mach doch ein bisschen mehr Pfeffer dran oder Salz“, sondern es ist komplexer. Ich nehme mir gerne die Zeit, mich mit den Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, aber einfach so Tipps geben – das geht nicht.

Aber Reden ist Gold?
Reden ist in diesem Falle auf jeden Fall Gold und auch „sich Hilfe holen“. Unterstützung ist ja nichts anderes als ein Austausch. Ich habe immer den Eindruck, wenn man erstmal über die Dinge gesprochen hat, die da im Raum stehen, hat man auch automatisch weniger Sorgen und weniger Angst, denn man trägt es nicht mehr mit sich rum. Man kann sich von außen alles angucken, kann es auch noch mal abwägen, noch mal einordnen und dann wird die Sorge auch schon wieder ein bisschen kleiner.

Möchten Sie durch Ihr Bühnenprogramm eine Botschaft an Ihre Zuschauer vermitteln? Falls ja, welche?
Das Abendprogramm soll informativ und gleichzeitig auch unterhaltsam sein. Eine Botschaft? Vielleicht diese: Kinder müssen nicht „funktionieren“, sie wachsen und entwickeln sich am besten, wenn wir Erwachsenen gelassen und authentisch mit allem umgehen. Wir müssen Antworten auf viele Fragen finden: Wie können wir Kinder gut begleiten, gut unterstützen? Und wie können wir ihnen über die Entwicklungskrisen helfen?

Und wie können Eltern ihre Kinder gut in diesen Phasen unterstützen?
Der erste Schritt ist schon mal, diese zu kennen und zu wissen, dass unsere Kinder diese Phasen brauchen und uns eben nicht ärgern und angreifen wollen, wie viele Eltern oft denken. So wird ein „Nein“ von Kindern oft fehlinterpretiert. Die Erwachsenen sind angestrengt und ärgern sich über ein „Nein“, weil ein Kind dann nicht so „funktioniert“, wie wir es gerne hätten. Allerdings ist das „Nein“ der Kinder oft berechtigt und hat gar nicht den Ursprung, dass Kinder bockig und störrisch sind. Im Gegenteil: In der Trotzphase beispielsweise ist es Ausdruck von Autonomie der Kinder. Diese ist wesentlich für die Entwicklung. Schlimm wäre es, wenn Kinder nicht „Nein“ sagen würden! Klar kostet es Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, aber: Es lohnt sich auch!

Darf man überhaupt über die Erziehungsprobleme Witze machen?
Grundsätzlich finde ich, dass Humor im Umgang mit Kindern und im Familienleben absolut dazu gehört. Auch in Beratung mit Familien habe ich Humor immer als sehr hilfreich erlebt und ohne den ginge es nicht. Einen Witz auf Kosten von einem anderen zu machen, ist immer Geschmacksfrage. Gemeinsam zu lachen und auch schwierigeren Situationen mit Humor zu begegnen, ist etwas anderes. Es entspannt vieles, wenn man auch lachen kann. Vor allem allerdings über sich selber und mit den anderen.

Warum ist Humor wichtig für das Familienleben?
Humor bringt Leichtigkeit und diese gehört auch mit in eine Familie und auch mit in eine Familienberatung! Es ist doch nicht immer alles bitterernst zu sehen und problembelastet. Im Gegenteil: Kinder haben wunderbaren Humor und wir Eltern vergessen ihn oft im Alltag und beißen uns an dem fest, was nicht gut läuft, anstatt das zu sehen, was gut läuft.

Andrea Kombartzky

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