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Willkommen im Männerland

Im Silicon Valley haben Männer die Zukunft schon unter sich ausgemacht. Wenn wir das aufholen wollen, müssen wir Frauen uns ranhalten! Es geht um mehr als nur die nächste Geschäftsidee.

Wenigstens darin sind die Menschen sich irgendwie einig: Wir sind ZeugInnen eines Wandels vom Ausmaß der Industriellen Revolution. Die Art, wie wir leben, arbeiten, wie wir konsumieren, kommunizieren, ja selbst wie wir uns verlieben - im digitalen Zeitalter ist alles anders. Früher gab es nach dem Aufstehen Kaffee. Heute gibt es nach dem Aufstehen Internet. Hurra, rufen die FuturologInnen und sehen uns schon auf dem Weg in die Unsterblichkeit: Sei es durch digitale Klone unserer selbst oder Mini-Roboter, die unsere Zellen putzen, sodass wir 300 Jahre alt werden.

Na und? fragen die Abgeklärten, für die Digitalisierung auch nichts Anderes ist als die Erfindung des Buchdrucks anno dazumal. Und den haben wir schließlich auch überstanden. Oh nein! jammern die ApokalyptikerInnen. Schon jetzt ist der Mensch eine gläserne Marionette der Internet-Giganten geworden! Die Maschinen werden die Macht übernehmen!

Und während die FuturologInnen jauchzen, die Abgeklärten gähnen und die ApokalyptikerInnen bibbern, „schießt sich" gerade mit Sicherheit irgendwo eine Frau ein Paar Stiefel auf Zalando. Denn viele Frauen erleben den technischen Fortschritt vor allem als lawinenartigen Wachstum im Kleiderschrank. Beim revolutionären Wandel spielen diese Frauen nur eine passive Rolle: als Konsumentinnen.

Es gibt keinen Ort, der so für diese Veränderung steht, wie das Silicon Valley südlich von San Francisco. Und kein Unternehmen, das so überschwänglich die Geisteshaltung des Silicon Valleys repräsentiert wie Google, neuerdings: Alphabet. Larry Page und Sergey Brin haben im ­August 2015 ihren gigantischen Tech-Konzern in eine Holding mit mehreren gleichberechtigten Schwesterfirmen umstrukturiert. 1991 startete das World Wide Web, es sollte weitere sieben Jahre dauern, bis die Suchmaschine Google folgte, die seither bestimmt, wie Menschen das Internet nutzen - und welche Informationen ihnen zur Verfügung stehen. Aber dabei blieb es nicht.

Googles selbstfahrende Autos - kein Lenkrad, kein Gaspedal - waren das Gesprächsthema auf der diesjährigen Automobilmesse in Frankfurt. Und dank „Google Loon" sollen bald tausende vernetzte Helium-Ballons in der Stratosphäre die Erde umkreisen und Internetempfang noch in die letzte Ecke dieser Welt senden.

Schon 2013 hat Google „Boston Dynamics" gekauft, bis dahin finanziert vom Pentagon. Die Firma baut Roboter, die so schnell rennen können wie der Wind, auf Bäume klettern und für den Kriegseinsatz geeignet sind. Auf YouTube kann jede und jeder „BigDog" oder „Cheetah" im Einsatz sehen. „Google Brain" arbeitet im Eiltempo an Computern, die das menschliche Gehirn nachahmen. Und für die Google-Schwester „California Life Company" ­(Calico) suchen Biotechnologen nach Wegen zur Unsterblichkeit.

Das sind nur einige Beispiele aus ­Zukunftslaboren wie „Google X", in das der 468 Milliarden schwere Konzern ­investiert und für die er die fortschritt­lichsten Wissenschaftler einkauft. Aufgebaut wurde das X-Labor von einem Mann aus Siegen im Siegerland: dem früheren Google-Vizepräsidenten Sebastian Thrun, heute Inhaber eines eigenen Startups. So wie Thrun sind alle großen Vordenker im Silicon Valley: Männer. (...)

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