Zufällig verirrt sich niemand hierher. Die U2-Station Donaustadtbrücke liegt zwar in der Nähe, ein intakter Orientierungssinn ist aber unerlässlich, um diese neue Wiener Freiluft-Partylocation zu finden. Im Schatten der Südosttangente, zwischen Autobahn und Zubringer, liegt ein Lagerplatz der Straßenmeisterei (MA 28), der an sechs Sommerwochenenden zum Dancefloor mutiert.
Vergangenen Freitag und Samstag feierten erstmals einige hundert Partypeople. Bislang noch eher ein Geheimtipp, bietet die Veranstaltungsreihe Kultursommer Wien in diesem Rahmen eine Corona-sicherere Alternative zu Indoor-Clubs. Ursprünglich geplant mit Onlinetickets für zehn Euro, die dann vor Ort in einen Gastrogutschein umgewandelt werden, ist der Eintritt nun doch gratis und eine Reservierung nicht mehr nötig. Lediglich ein gültiger 3G-Nachweis ist beim Eingang herzuzeigen.
Herumliegende Pflastersteine und überhaupt die gesamte industriell anmutende Location erinnern durchaus ansprechend an illegale Raves, nur ist hier alles ganz offiziell und sponsored by Bank Austria. Das DJ-Mischpult mitsamt großen Boxentürmen und die Bar stehen in einem betonierten Carport, der ansonsten wohl schwere Gerätschaften beherbergt.
Aufwendig gestaltete Visuals tauchen den Lagerplatz in buntes Blitzlicht: Drei große Beamer strahlen Animationen an die Fassade des nebenstehenden Gebäudes, die flimmernden Bilder tanzen im Rhythmus der Musik. So entsteht echtes Club-Feeling, nur eben unter freiem Himmel.
Stilistisch sollte an den zwölf Abenden für alle etwas dabei sein: Von Electro und Jungle zur Eröffnung reicht das Menü über Funk, Techno, Disco, Drum 'n'Bass und Queer Music bis zu Reggae und Techhouse am letzten Wochenende Mitte August. Kuratiert hat das Programm Nadine Abena Cobbina alias Zuckerlkettenfrau, die Partykolumnistin von FM4 und Mitbegründerin der IG Club Kultur.
Durch die nahegelegene Autobahn ist Ruhestörung praktisch ausgeschlossen. Maximal 500 Personen können bis zwei Uhr nachts ungestört feiern, an den ersten beiden Abenden ist jeweils nur rund ein Drittel davon gekommen. Nach der Party am Samstag verschwinden die Spuren des bunten Treibens wieder, denn unter der Woche geht die Straßenverwaltung ganz regulär ihrer Arbeit nach. Am Freitagabend wandelt die Betonwüste dann erneut ihr Erscheinungsbild, und der wummernde Bass bringt neben den Menschen auch die Steine zum Beben.
Information: kultursommerwien.at
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