Elisabeth Stuppnig

Freie Journalistin (Online und Print), Wien

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Der Dichter mit der Motorsäge

Die Galerie Thaddaeus Ropac am Salzburger Mirabellplatz zeigt in einer Einzelschau die neuesten Arbeiten des Holzbildhauers Stephan Balkenhol. Seine Skulpturen sind vor allem aus dem Salzburger Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Die neuen Arbeiten erweitern das Spektrum seines bisher gekannten Werks.

Gold steht sie da, mitten auf dem Salzburger Kapitelplatz. Umringt und bewundert von Touristen, Festspielgästen und Salzburgern. Sie könnte eine goldene Mozartkugel sein - ungeheueren Ausmaßes. Auf ihr steht eine, verglichen zur Riesenkugel, kleine männliche Figur. Aus Holz geschnitzt, mit schwarzer Hose, weißem Hemd und verklärtem Blick.

In Auftrag gegeben wurde die „Sphaera" 2007 von der Stadt Salzburg, genauso wie die „Frau im Fels" am Toscaninihof. Beide Figuren sind typisch für das Werk des deutschen Bildhauers Balkenhol. Welchem Milieu seine hölzernen Jedefrauen und Jedermänner angehören, was sie denken oder fühlen, ist nicht auszumachen. Zu grob sind sie aus dem Holz geschlagen, zu unspezifisch ist ihr Gewand.


In der Galerie Thaddaeus Ropac sind nun die zuletzt entstandenen über- und unterdimensionalen Skulpturen und Reliefs des Künstlers zu sehen. Dabei wirken die meisten der Figuren emotions- oder gar ausdruckslos. Möglicherweise auch, weil Balkenhol durchaus gerne zum groben Werkzeug greift - und auch die Motorsäge Teil seines Werkzeugkastens ist.


Eine Frage der Dimension

Es liege am Betrachter und der Betrachterin, den Figuren Expression zuzuordnen oder eben nicht, sagt Balkenhol im Gespräch mit ORF.at. Überhaupt komme den Betrachterinnen und Betrachtern eine wesentliche Rolle zu, wenn es darum gehe, den Skulpturen Größe oder Macht zuzuschreiben. Gemein ist ihnen, dass sie niemals realistische Maße besitzen. „Hyperrealismus" oder „Schaufensterpuppen" zu zeigen interessiere ihn nicht.

Balkenhol: „Eine unterlebensgroße Skulptur kann unter Umständen monumentaler wirken, als eine von drei Meter Größe. Der Betrachter wird dazu animiert, die virtuelle Größe in seiner Vorstellung selbst zu definieren, während die überlebensgroße Skulptur eine starke physische Präsenz besitzt."


„Keine geschwätzigen Figuren"

Balkenhol entschloss sich bereits während seines Studiums dazu, figurativ zu arbeiten. Von 1982 an entstanden seine ersten farbigen Holzskulpturen, mit denen der Künstler national und international Erfolge feiert. „Ich will keine geschwätzigen, expressiven ausdrucksstarken Figuren. Deshalb suche ich nach dem offenen Ausdruck, von dem aus alle Zustände möglich sind", betont der Künstler.


Öffentliche „Hochzeit"

Zu seiner „Sphaera" auf dem Salzburger Kapitelplatz inspirierte Balkenhol vor allem das barocke Ensemble rund um den Dom. „Eine Skulptur für den öffentlichen Raum zu schaffen führt zu einer Hochzeit zwischen dem Kunstwerk und dem Ort. Sowohl der Platz als auch die Skulptur bekommen eine höhere Intensität."

Ob sich der Künstler vorstellen kann, im Stile seiner Künstlerkollegen, die bei den Salzburger Festspielen inszenierten, selbst ein Bühnenbild zu entwerfen oder gar Regie zu führen? Abwegig sei das nicht. „Manchmal denke ich, meine Skulpturen könnten fiktive Figuren eines Theaterstückes sein - also Personen, die exemplarisch bestimmte existenzielle Erfahrungen machen."


Ausstellungshinweis

Stephan Balkenhol. Neue Skulpturen, von 28. August bis 28. Oktober, Galerie Thaddeus Ropac Salzburg, dienstags bis freitags 10.00 bis 18.00, samstags bis 14.00 Uhr

  
Link: 

Elisabeth Stuppnig, für orf.at


Publiziert am30.08.2017


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