Als Anfang 2020 die ersten Corona-News über die Bildschirme der Nation flimmerten, ahnte kaum jemand, welche Auswirkungen das neuartige Virus auf unser aller Leben haben würde. Schulschließungen, Online-Semester, Kontaktbeschränkungen, all das waren Wörter und Konzepte, die in unserer Gesellschaft nie zuvor relevant gewesen waren. Knapp 16 Monate später haben sie in unseren täglichen Sprachgebrauch Einzug gefunden und gehören nun ebenso zum Alltag dazu wie Schnelltests, Desinfektionsmittel oder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Pandemie hat uns alle tangiert - allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Immer wieder diskutierten wichtige Persönlichkeiten darüber, wer die Hauptleidtragenden der Krise seien. Alte Menschen, die aus Angst vor einem tödlichen Krankheitsverlauf kaum das Haus verlassen wollten? Babys, die ihre Verwandten nur hinter einer Maske kennenlernten? Oder doch Einzelhändler*innen und Gastronom*innen, die in Zeiten des Lockdowns um ihre Existenz fürchteten? Für beinahe jede Berufs-, Alters- und Statusgruppe ließen sich im Rahmen der Krise offensichtliche Nachteile ausfindig machen, auf die von Seiten der Politik enstprechende Unterstützung folgte. Eine Gruppe wurde in den Überlegungen der Entscheidungsträger*innen jedoch beinahe gänzlich außer Acht gelassen: Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren, Jugendliche und junge Erwachsene in der "besten Zeit ihres Lebens". Es scheint, als spielten die Bedürfnisse der jungen Generation politisch keine Rolle - das zeigte sich im Kampf gegen die Klimakrise und wiederholt sich nun in der Corona-Pandemie.
Keine Frage, es geht vielen Menschen derzeit deutlich schlechter als Schüler*innen und Studierenden. Und dennoch trifft die Corona-Krise auch uns - härter, als manch eine*r zunächst erahnen mag. Knapp zwei Drittel der 15- bis 30-Jährigen fühlen sich in der aktuellen Situation psychisch belastet, 69 Prozent leiden unter Zukunftsängsten, viele haben Jobs und soziale Kontakte verloren. Wer sich im Sommer 2020 für ein Studium entschied, hat die Uni in den meisten Städten noch nie von innen gesehen - geschweige denn Freunde gefunden oder ein Gefühl von "zuhause sein" entwickelt. Finanzielle Unterstützung und echte Wertschätzung sind dabei bis heute Fehlanzeige. Stattdessen gibt es von der Bundesregierung Videos, die an unser Durchhaltevermögen appellieren und uns als faule, nichtstuende Partygänger darstellen. Die FAZ veröffentlichte kürzlich einen Beitrag, in dem ein Autor den jungen Menschen seine Dankbarkeit aussprach. Eine nette Geste - mehr aber auch nicht. Denn von eurer Dankbarkeit können wir uns nichts kaufen. Wo sind die Artikel zu studentischen Initiativen und Petitionen von Abiturient*innen, die die Probleme der jungen Generation an die Öffentlichkeit tragen wollen? Wo ist die aufrichtige Unterstützung für unsere Anliegen, wo der Druck der Hauptwählerschaft auf die Politik? Wir wollen Taten, keine leeren Worte, wir wollen sichere und inzidenzkonforme Öffnungsperspektiven statt inhaltslose Ansprachen, Sichtbarkeit statt Schuldzuweisung, Planungssicherheit statt ständigem Hin und Her. Nein, wir sind nicht egoistisch - uns ist bewusst, dass der Kampf gegen eine Pandemie Opfer fordert und wir diejenigen sind, die einen Großteil dieser Opfer zu bringen haben. Doch uns geht es nicht nur um Partys und Urlaub am Ballermann oder darum, endlich wieder die halbe Stadt nach Hause einladen zu können. Wir fordern lediglich ein gewisses Maß an Anerkennung und Respekt, das über halbherzige Plauderrunden mit dem Bundespräsidenten hinausgeht.
Für viele junge Menschen ist momentan jeder Tag gleich. Die gewohnte Struktur ist verloren gegangen und kehrt seit über einem Jahr nicht zurück, eine Aussicht auf Besserung gibt es momentan noch nicht. Dabei haben sich die Anforderungen in Schule und Universität nicht reduziert, ebenso wenig wie der Semesterbeitrag, der an einigen Hochschulen mehrere hundert Euro beträgt und trotz digitaler Lehre in voller Höhe entrichtet werden muss. In der Klausurenphase steht teilweise eine Woche vor der Prüfung noch nicht fest, ob sie durchgeführt wird, und wenn ja, wie – in einigen Fällen endete das Dilemma damit, dass sich trotz aller Corona-Maßnahmen 200 Studierende in eine Messehalle quetschen mussten. Aber Hauptsache, die Leistung stimmt. Wer seit knapp anderthalb Jahren täglich vom Bett, zum Arbeitsplatz und wieder zurück wechselt und nun parallel noch mitanschauen darf, wie die ältere Generation dankend den Impfstoff von AstraZeneca ablehnt, entwickelt notgedrungen ein gewisses Gefühl von Ressentiment. Dieses Gefühl gilt es nun zu bündeln und weiterhin Druck zu machen auf die Entscheidungsträger*innen in den vordersten Reihen. Manchmal verstehe ich selbst nicht, wieso wir uns so viel schon haben gefallen lassen, wieso wir nicht mehr tun, lauter und unbequemer werden. Vielleicht ist es aus Rücksicht auf die Corona-Regeln, vermutlich aber einfach, weil der Antrieb fehlt. Der Workload und die Herausforderungen des täglichen Lebens sind während der Pandemie nicht weniger geworden – im Gegenteil. Vielen von uns bleibt da keine Kraft mehr, um nach acht Stunden am eigenen Schreibtisch auch noch für eine gerechtere Gesellschaft einzustehen. Doch bei der Bundestagswahl im September haben wir mit wenig Aufwand die Möglichkeit, etwas zu verändern und zu zeigen, dass auch die junge Generation eine starke Stimme hat. Denn so wie es jetzt gerade läuft, darf es in Zukunft nicht weitergehen.