Die Women of the Wall feierten vergangenen Montag ihr 25-jähriges Jubiläum. An die 1000 Frauen kamen dafür an die Westmauer. Zusammen haben sie laut gebetet und gesungen, viele Frauen trugen einen Gebetsschal, manche haben sich einen Gebetsriemen um Kopf und den linken Arm geschlungen. Doch wenn es nach den Orthodoxen in Israel ginge, wäre ihnen das verboten.
Am Montagmorgen um 8 Uhr ist die Sonne in Jerusalem gleißend hell. Hunderte Frauen drängen sich an den Eingängen zum Platz, der den Blick auf die Westmauer (auch Klagemauer genannt) freigibt. Wie die Bienen am Korb schlüpfen sie rein, hektisch, drängeln, mit nur einem Ziel: Zu dem Teil an der Westmauer zu kommen, der nur Frauen vorbehalten ist. Dort warten schon seit einer Stunde die Women oft the Wall (WoW) auf den Beginn ihres Gottesdienstes. Heute ist ihr 25-Jähriges Jubiläum. Neben Frauen aus Israel, sind auch viele aus den USA und Europa angereist. Wie zu einer Traube formiert stehen sie zusammen. Dahinter, direkt an der Klagemauer, stehen dicht an dicht orthodoxe Schulmädchen. Manche weinen, die meisten beten im Stillen - so wie es die orthodoxe Auslegung der Tora vorsieht. Sie sind hier, um die WoW daran zu hindern, an die Mauer zu kommen und sie zu berühren. Sicherheitskräfte, ausschließlich Frauen - Männer haben unter keinen Umständen Zutritt zur Frauensektion - garantieren, dass es zu keinen Handgreiflichkeiten kommt.
Dazu kommt es auch nicht - es gibt andere Wege, die WoW beim Beten zu stören. Seit dem Beginn des Gottesdienstes der WoW tönt es laut aus riesigen Lautsprechern, die zwar im Männerteil stehen, jedoch zum Frauenteil gewandt sind. Shmuel Rabinovitch, Rabbi für die Westmauer und Vorsteher der orthodoxen Gemeinde, betet auch. Nicht zusammen mit den WoW, sondern gegen sie. Und das klingt so:
http://elisa-makowski.de/wp-content/uploads/2013/11/Der-Rabbi-betet-gegen-die-Frauen-an.mp3
Die WoW sind eine feministische, religiöse Frauenorganisation in Israel. Sie kämpfen für das Recht so zu beten wie die Männer: Mit Gebetsschal und -riemen, laut und das Torabuch in den Händen haltend. Und das alles am heiligsten Ort der Juden: an der Westmauer. Die Organisation ist pluralistisch. Jüdinnen aus allen möglichen religiösen Strömungen sind Mitglieder und Unterstützerinnen. Orthodoxe genauso wie Gläubige aus dem Reformjudentum. Das geht eine Stunde so, vielleicht auch länger. Die Frauen lassen sich nicht stören, die Stimmung bleibt ausgelassen. Sie reden und lachen zwischen den Gebeten, immer wieder singen sie und klatschen zum Takt. Nach einer Weile verstummt der Rabbi, die Lautsprecher schweigen. Shira Pruce, Pressesprecherin der WoW, ist erleichtert:
Und auch heute, an der Westmauer, ist davon etwas zu spüren. Obwohl es legal ist, als Frau an der Westmauer laut zu beten, haben sich circa 200 Orthodoxe eingefunden, um die Frauen zu stören. Sie stehen auf dem Platz vor der Mauer, dort, wo eigentlich immer nur die Touristen stehen, die die Betenden an der Mauer beobachten wollen. Damit können sie direkt auf die WoW schauen. Sie grölen und versuchen, einzelne Frauen davon abzuhalten, in den Frauenteil zu gehen. Peggy Cidor, Mitglied der Kommission der WoW, will einem israelischen Fernsehsender ein Interview geben. Doch sie ist umzingelt von orthodoxen jungen Männern, die so laut schreien, dass sie das Interview abbrechen muss. Ihre Reaktion ist eindeutig: