Wenn von Opfern sexueller Gewalt gesprochen wird, dann sind meist Frauen wie Nina Fuchs gemeint. Fuchs, 33, wird am Ende einer Partynacht in der Münchner Innenstadt vergewaltigt. Sie findet sich am frühen Morgen entblößt in einem Park wieder, neben dem Club, vor dem sie sich noch von Freunden verabschiedet hatte. Jemand muss ihr K.-o.-Tropfen ins Glas geschüttet haben. Am nächsten Tag erinnert sie sich an fast nichts, hört nicht auf zu weinen. Die Betäubungsmittel können nicht nachgewiesen werden; als ihre Schwester sie zur Polizei bringt und sie endlich untersucht wird, ist es dazu schon zu spät. Aber an ihrem Körper finden die Beamten DNA-Spuren von drei verschiedenen Männern. Zuordnen können sie diese bis heute nicht.
Auch Gabriele Liebig, 52, ist Opfer von sexueller Gewalt. Ihren echten Namen will sie nicht nennen. Ihr Fall ist sogar typischer als der von Nina Fuchs. Missbraucht als Kindergartenkind, von einem Verwandten. Vergewaltigt mit Anfang 20, von einem Mann, mit dem sie ein kurzes Verhältnis hatte. Wieder und wieder sexuell gedemütigt in der zehnjährigen Beziehung, die sie bis Mitte dreißig führt und die einmal ein ganzes Leben hätte halten sollen.
Fuchs und Liebig sind zwei von vermutlich Hunderttausenden Frauen in Deutschland, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Auch Männer werden Opfer von Gewalt, und wahrscheinlich ist es für sie noch schwieriger, darüber zu sprechen. Aber bei den 20 Vergewaltigungen, die jeden Tag angezeigt werden, sind (aufs Jahr bezogen) sechs Prozent der Opfer männlich - und 94 Prozent weiblich. Studien zeigen: In Wirklichkeit sind es wohl sehr viel mehr Betroffene. Die sieben wichtigsten Erkenntnisse aus Umfragen und Kriminalstatistiken.
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