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Der Mann, der für die Ohren kocht

NDR-Moderator Torsten Römling wurde durch Brutzeln vor dem Mikrofon zum Kult Von Elena Ochoa Lamino

Jetzt geht der Hörfunkjournalist in den Ruhestand. Am Sonntag ist das letzte Rezept zu hören

Man entbeine eine Ente", heißt es in dem 1960 erschienenen Kochroman "Es muss nicht immer Kaviar sein". "Das hat mich eineinhalb Stunden meines Lebens gekostet", sagt Radiokoch Torsten Römling. Mit damals 15 Jahren nahm er seiner Mutter das Geflügel aus der Hand und versuchte sich selber am Rezept seines Romanhelden Thomas Lieven.

Was Römling damals noch überforderte, brachte er später jahrelang in seiner Kochsendung im Radio seinen Hörern bei. Zehn Jahre lang kümmerte er sich um das Kulinarische bei NDR 90,3. An diesem Sonntag ist Schluss.

Ein letztes Mal wird er am Freitag ins Studio gehen und die Zutatenliste durchgeben. Ein letztes Mal wird es sonntags ab 10.25 Uhr zischen, brutzeln und knallen. Ein letztes Mal wird fürs Ohr gekocht. "Ich gehe sehenden Auges. Schon seit drei Jahren bereite ich mich auf meinen Ruhestand vor", erklärt der Moderator. Mit damals 60 Jahren hatte er seiner Frau versprochen: "Mit 63 hör ich auf." Dabei war die Sendung eine Gemeinschaftsproduktion von ihnen beiden. Während Herr Römling kochte, hielt Frau Römling das Mikro. Immer dahin, wo es am lautesten brutzelte.

Denn anders als bei Kochsendungen im Fernsehen zählt im Radio nun mal nur das Gehörte. "Ich musste erst lernen, wie ich das Öl am lautesten zischen lasse", erinnert er sich. Sie inszenierten das Kochen wie ein kleines Hörspiel. Er schnitt die Schalotten, pulte die Scampi, rührte die Suppe - und mischte nie ein fremdes Geräusch rein. "Ich habe nie geschummelt", erklärt Römling.

Was ihn noch von Fernsehköchen wie Tim Mälzer, Jamie Oliver und Co. unterscheidet ist die Tatsache, dass der Moderator nie eine Kochschule besucht hat. "Ich habe einfach aus meinem zweiten Hobby meinen Beruf gemacht", erzählt er. Nach seinem ersten sechsstündigen Kochversuch mit besagter Pekingente begann seine Leidenschaft. Doch bevor er sich als Genussexperte etablierte, frönte er seinem ersten Hobby: dem Sport. Der junge Leichtathlet begann ein Volontariat in der Sportredaktion des NDR und widmete sich dem Reitsport. Mehr als 15 Jahre lang bereiste er die Welt, berichtete aus Tokio, ging auch zu Segelregatten und Eiskunstlaufturnieren. "Ich habe die halbe Welt gesehen", erzählt der Moderator.

Erst 20 Jahre später verband er seine kulinarische Leidenschaft mit seinem Beruf. Daraus entstand im Jahr 2000 seine Serie "Für Genießer", in der er jeden Freitag Rezepte von Hamburger Spitzenköchen vorstellt. Römling selber hat öfters die Gelegenheit gehabt, ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Doch er kocht grundsätzlich nur für Leute, die er mag. Deshalb kocht er nur zu Hause für Frau und Freunde. Erst als seine damalige Hörfunkchefin Claudia Spiewak später über seine Sendung meinte: "Koch doch mal selbst. Du brauchst dir keine Rezepte erzählen lassen. Du kannst das doch", war die "Sonntagsküche" geboren.

Dass dies jetzt ein Ende findet, stimmt Römling nicht traurig. "Es ist aber schon ein witziges Gefühl. Eine Ära geht zu Ende", gesteht er. "Ich hatte aber ein so erfülltes Berufsleben, dass ich nichts bedauere." In seiner Ferienwohnung auf Sylt wird er kochen und seinen Ruhestand genießen. Und das gleich, nachdem er sich mit einem letzten "Tschüs" aus seiner Sendung verabschiedet hat.

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