Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Ekoenergetyka: „Wir wollen unter die Top 3 der Ladesäulenanbieter"

Maciej Wojeński ist Mitbegründer von Ekoenergetyka in Polen

Ladeinfrastruktur Ekoenergetyka: „Wir wollen unter die Top 3 der Ladesäulenanbieter"


Den Anbieter für HPC-Ladesäulen Ekoenergetyka dürften bislang nur wenige kennen. Dabei ist das Unternehmen aus Polen nicht kleiner als Marktführer Alpitronic. Mitbegründer Maciej Wojeński und sein Team setzen zum Sprung in die Spitze an.

Den europäischen Markt für HPC-Lader beherrscht vor allem ein Unternehmen: Alpitronic aus Bozen in Italien. Die markante Form ihrer Schnelllader erkennt man wieder, egal ob sie bei EnBW, Fastned, Shell oder Ionity stehen. Die Form aber auch ihre Zuverlässigkeit dürften wesentliche Gründe für ihren Unternehmenserfolg sein.

„Ja, beim Design haben wir noch einen längeren Weg vor uns, aber bei der Zuverlässigkeit halten wir mit", gibt sich Maciej Wojeński im Gespräch mit Next-Mobility selbstbewusst. Er ist Mitbegründer und Aufsichtsratsmitglied der Ekoenergetyka Polska S.A. (EEP). Den Namen des polnischen Unternehmens muss man beim ersten Mal langsam lesen, um ihn richtig auszusprechen. Aber merken sollte man ihn sich auf jeden Fall. In Ionity-Schnellladern von Finnland über Osteuropa bis nach Kroatien steckt EEP-Technik. Gleiches gilt für HPC-Lader von Powerdot aus Portugal und Orlen aus Polen. Ekoenergetyka hat zudem etliche Ladelösungen für Busse und Trucks realisiert. Insgesamt 8.300 Ladepunkt sind in 30 Ländern installiert. Nun setzt das Unternehmen zum Sprung auf den Pkw-Sektor an. „Wir wollen unter die Top 3 der Ladesäulenanbieter", betont Wojeński.

Bildergalerie mit 7 Bildern E-Bus mit Kunstrasen

Interessanterweise wurden Ekoenergetyka und Alpitronic im Jahr 2009 gegründet. Während Alpitronic erst ab 2016 auf Schnelllader setzt, legt EEP direkt damit los. Weil es damals so gut wie keine elektrischen Pkw gibt, liegt der Fokus auf Nutzfahrzeugen. „Mit Solaris haben wir in Polen unseren ersten wichtigen Kunden gewonnen", erklärt Wojeński. Zur Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine verkleidet der Bushersteller einen seiner Urbino-Modelle mit Kunstrasen auf der Außenseite. Das Fahrzeug wird am Austragungsort Posen eingesetzt. Unter dem Kunstrasen steckt ein batterie-elektrischer Antrieb. Die Ladelösung stammt von EEP. Mit bis zu 120 kW kann der 12 Meter lange Solaris Urbino an einer Gleichstrom-Säule laden. „Damals gab es noch keine CCS-Stecker. Wir haben einen Industriestecker für unsere Zwecke umgerüstet", erinnert sich der 39-jährige.

VW Jetta umgerüstet

Die Anfänge des Unternehmens liegen an der Universität von Zielona Góra, einer 140.000 Einwohner Stadt im Westens Polens, rund zwei Autostunden von Berlin. Hier studiert Wojeński gemeinsam mit seinem Freund Bartosz Kubik Elektrotechnik. Als Studienprojekt rüsten sie zusammen mit anderen Studenten einen VW Jetta auf E-Antrieb um. Es stellt sich die Frage: Wie lädt man den? Die Gruppe entwickelt eine AC-Ladesäule, auch mit eigener Steckerlösung. Für Wojeński und Kubik macht es in diesem Moment klick und sie wissen, dass sie nach ihrem Studienabschluss als Elektrotechnik-Ingenieure ins Unternehmertum gehen.

Wenig Platz in Paris

Die beiden bleiben ihrer Heimatstadt treu und beliefern von hier Bushersteller sowie Verkehrsbetriebe in ganz Europa. Von der Régie Autonome des Transport Parisiens (RATP) Paris erhalten sie 2017 einen Großauftrag. Insgesamt 1.300 Ladepunkte sollen in Busdepots installiert werden. „Das sind teilweise sehr alte und enge Depots im Stadtgebiet. Zwischen die Busse passt keine Ladesäule, also entwickeln wir eine Lösung, bei der Kabel sich von oben herabsenken", erzählt Wojeński. Heute zählen Busbetriebe in Portugal, Spanien, Schweden und Norwegen zu den Kunden. In Deutschland rüstet EEP die MVG in München, BVG in Berlin und ASEAG in Aachen mit Ladelösungen aus.

Größer als Alpitronic?

Spätestens mit dem Großauftrag aus Paris stellt sich beiden Gründern die Frage: Wie finanzieren wir weiteres Wachstum? Sie entscheiden sich für einen privaten Investor. Doch die Anteile kaufen die Gründer schon wenige Jahre später wieder zurück. Im Jahr 2022 entscheiden sie sich für die Enterprise Investors. Das Private Equity Unternehmen aus Polen ist auf Start-ups in Osteuropa spezialisiert und hält eine Minderheitsbeteiligung.

Heute beschäftigt EEP 1.000 Mitarbeiter an drei Standorten in Polen. Der Umsatz liegt bei etwas über 100 Millionen Euro. Damit ist Ekoenergetyka zumindest bei der Mitarbeiterzahl größer als Alpitronic. Die letzte Bilanz im italienischen Handelsregister des privat gehaltenen Unternehmens ist von 2018 und damit wenig aussagekräftig. In jüngeren Medienberichten ist von 700 Mitarbeitern und ebenfalls knapp über 100 Millionen Euro Umsatz bei Alpitronic die Rede.

Ausreichend Kapazitäten?

Auf ihrem Weg beschäftigen die beiden Gründer vor allem zwei Herausforderungen: Skalierung der Fertigung und Produktlinien. 2018 gibt der polnische Mineralölkonzern Orlen dem jungen Unternehmen einen Auftrag über 150 Ladesäulen an deren Tankstellen. „Das konnten wir in unserer Fertigungshalle noch bewältigen", so Wojeński. Es folgen Aufträge für Powerdot und Ionity. Der deutsche Ladeanbieter bestellt 300 Ladesäulen und möchte sich vor Ort überzeugen, wie ein so junges Unternehmen den Auftrag abwickelt. „Wir haben eine Fertigungsstraße aufgebaut, die laufend verbessert wird. Derzeit beschäftigen wir uns stark mit dem Thema Automatisierung. Hier wollen wir in der Produktion noch mehr erreichen", unterstreicht Wojeński. Raum ist vorhanden. In dem Industriegebiet am Rande von Zielona Góra hat das Unternehmen zehn Hektar Land erworben.

Satellitenkonzept

Die Auftraggeber aus dem Pkw-Sektor möchten zudem Produktlinien sehen. „Die hätten am liebsten einen Katalog in die Hand genommen, in dem sie hätten blättern können", erinnert sich Wojeński. Bei den Installationen für Busbetriebe handelt es sich meist um individuelle Lösungen. Den Standard-Ladepunkt gab es bei Ekoenergetyka lange nicht. Für Ionity beispielsweise lieferten die EEP-Ingenieure das Innenleben. Beim Design waren sie an die Vorgaben des Anbieters gebunden. Darum entwickelte das EEP-Team die Produktlinie Axon Easy. Es sind klassische HPC-Ladesäulen in unterschiedlichen Leistungsausführungen. Ergänzt werden diese von Satellitensäulen. Diese schlanken Ladesäulen verfügen nur über das Ladekabel mit CCS-Stecker. Sollten die Kabel flüssigkeitsgekühlt sein, werden auch Cooler, Pumpe und Flüssigkeitsbehälter im Gehäuse platziert. Die Leistungselektronik für den Gleichstrom steht allerdings abseits. Diese Variante eignet sich vor allem für Standorte, an denen wenig Platz für große Ladesäulen ist.

Werbe-Displays

Die Axon Easy-Reihe gibt es mit 60 bis 400 kW Ladeleistung. Bei der Axon Easy 400 wird die Ladeleistung über ein Load Balancing System in 80 kW-Schritten auf die zwei Anschlüsse verteilt. Mit der maximalen Ladeleistung und seiner Eichrechts-Konformität positioniert sich EEP für das Deutschland-Netz. Die HPC-Säule ist quadratisch praktisch, aber noch kein Design-Highlight. Ein Kabelmanagement per Seilzug sorgt dafür, dass die beiden Kabel nicht auf dem Boden liegen. Ein Schwenkarm, der große Teile des Gewichts trägt und dem Nutzer überall am Fahrzeug den Zugang zum Ladeport ermöglicht, ist vorgesehen. Ein NFC-Lesegerät für Kartenzahlung und die Integration der gängigen Zahlungsabwickler ist vorhanden. Oben am Dach gibt es zwei LED-Leuchten, die den Zustand des Ladepunkts weithin sichtbar signalisieren (frei, belegt, defekt). Auffällig ist ein 24 Zoll großer Monitor auf der Frontseite. „Hier können Betreiber Werbung zeigen", sagt Wojeński. Dabei kommt seine Erfahrung mit Orlen zum Tragen. Es geht weniger um klassische Werbung als vielmehr um Angebote für den Shop oder das Restaurant am Standort. Die Kunden sollen ihre Ladepause nicht neben der Säule oder im Auto verbringen.

Bis zu 500 kW Ladeleistung

Dank steigender Ladeleistungen fallen Ladepausen kürzer aus. Wo gehen die Ladeleistungen bei E-Autos hin? „Das geht in Richtung der 500 kW", gibt sich Wojeński überzeugt. Seine Säule SAT 600 HPC liefert bereits bis zu 600 Ampere. Bei 800 Volt sind das maximale 480 kW Ladeleistung. Die Autohersteller werden hier mitziehen, so seine Meinung. Dann müssten auch die Batterien nicht größer werden. „Kommen wir in die Region von zehnminütigen Ladestopps, dann wäre es sinnvoller auf langen Strecken einmal mehr zu laden, als dauerhaft das höhere Gewicht der Batterie mit sich herumzufahren", betont Wojeński. Natürlich verfolgt sein Unternehmen auch die Entwicklung zum Megawattcharging (MCS) im Schwerlastverkehr. Wojeński zeigt das Rendering einer Lkw-Ladestation mit einer Durchfahrtlösung. Von einer Brücke oberhalb der Kabinendächer senken sich die Stecker herab. Hier wird die Idee aus Paris wiederverwertet.

Sprung in die USA

Aktuell blickt Wojeński über den großen Teich. Die USA sind für Hardware-Hersteller zum Lade-Eldorado geworden, spätestens seitdem die sieben Autohersteller BMW, General Motors, Honda, Hyundai, Kia, Mercedes-Benz und Stellantis ein eigenes Ladenetzwerk angekündigt haben. Doch um in den Genuss der IRA-Förderung zu kommen, müssen große Teile der Produkte aus den USA stammen. „Genau das schauen wir uns gerade an und arbeiten parallel an der Zertifizierung unserer Produkte", sagt der Unternehmer. Vermutlich werde das EEP-Büro aufgrund des geringeren Zeitunterschieds als auch Reisezeit an der Ostküste entstehen. Im Laufe diesen, spätestens kommendes Jahr will EEP mit einem Team vor Ort präsent sein. Dann müssen auch die Amerikaner üben, um Ekoenergetyka flüssig auszusprechen.(se)

* Dirk Kunde ist freier Journalist und schreibt als Elektromobilitäts-Experte u.a. für Next Mobility

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