Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Hyundai Ioniq 5 N: Mit Grinseknopf und Auspuffgeräusch


Hyundai stattet den elektrischen Ioniq 5 N mit dem Sound eines Verbrennungsmotors sowie Schaltwippen für Gangwechsel aus. So will man rennsportaffine Petrol Heads für die Elektromobilität begeistern.


Schon beim Gang zum schwarzen Hyundai Ioniq 5 höre ich auf dem Parkplatz ein leichtes Motorenblubbern. Das überrascht, denn der Ioniq 5 ist nur als E-Auto erhältlich. Zur Kontrolle werfe ich einen Blick unter das Heck. Nein, einen Auspuff hat der Wagen nicht. Doch nach dem Öffnen der Fahrertür ist das Geräusch eines PS-starken Motors noch deutlicher zu hören.


"Wir sind die wilde Seite von Hyundai", sagt Till Wartenberg, Vice President des Motorsportbereichs sowie der Performancemarke N. Seit 2015 vertreibt der koreanische Autohersteller PS-stärkere Versionen seiner Serienfahrzeuge in der N-Serie. Der Buchstabe steht für das Entwicklungszentrum im koreanischen Namyang.

Doch die deutschen Hyundai-Mitarbeiter berichten augenzwinkernd, der Buchstabe stehe für Nürburgring. Dort betreibt Hyundai ebenfalls ein Testzentrum, das demnächst baulich erweitert wird. Das gilt auch für das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim, in dem heute 400 Mitarbeiter beschäftigt sind.

"Der Prototyp des Ioniq 5 N wurde hier und nicht in Korea entwickelt", berichtet voller Stolz Tyrone Johnson, Direktor der Fahrzeugentwicklung im Entwicklungszentrum. Nach seinen Worten muss eine N-Version drei Bedingungen erfüllen: Rennstreckentauglichkeit, ein Sportwagen für den Alltag sowie ein Corner Rascal sein. Letzteres kann man mit Kurvenräuber übersetzen.


Die N-Modelle haben einen Anteil von rund fünf Prozent an den Zulassungen aller Hyundai-Fahrzeuge in Deutschland. Der typische Käufer ist männlich, zwischen 17 und 35 Jahre. Auch mit dem Ioniq 5 N wird man vor allem männliche Käufer ansprechen, allerdings etwas ältere, eventuell bereits mit Familie. Der 5 N soll genauso Familienauto mit Kindersitz auf der Rückbank sein wie ein Sportwagen, mit dem man am Wochenende auf der Rennstrecke gut aussieht.


Zehn Lautsprecher

Die Version, mit der ich das Gelände des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim verlasse und mich auf öffentliche Straßen begebe, ist noch ein Prototyp. Auf den Markt kommt die N-Version Anfang 2024. Für den Motorensound, der auch außen hörbar ist, sorgt ein Lautsprecher unter der Fronthaube.

Daher verliert man beim Ioniq 5 N dort den Stauraum. Im Heck befindet sich ein zweiter Außenlautsprecher für Auspuffgeräusche. Die beiden übertragen auch Vibrationen an die Karosserie. Im Innenraum sorgen acht weitere Lautsprecher für die Geräuschkulisse eines sportlichen Verbrenners. Dabei kann ich zwischen den Soundprofilen Ignition, Evolution und Supersonic wählen.

Ich beginne meine Testrunde mit Ignition. Aus dem Blubbern im Stehen wird beim Anfahren ein Röhren. Ich höre deutlich, wie es in der Auspuffanlage knallt, wie der Motor mit der Beschleunigung schneller dreht. Ganz automatisch lege ich den nächsten Gang über die rechte Schaltwippe am Lenkrad ein. Dabei schaue ich nicht auf die Drehzahlanzeige. Mein Gehör vermittelt mir den Schaltpunkt.

"Geräusche sind beim Autofahren eine Information", sagt Wartenberg. Dem bekennenden Petrol Head fehlte bislang in E-Autos eine akustische Rückmeldung. "Die machen sehr viel automatisch. Da wird mir manchmal schlecht, weil ich nicht weiß, was das Auto gerade tut", sagt er.


Immer höher und kreischender

Schalte ich nicht in den nächsten Gang, wird das Motorengeräusch immer höher und kreischender. Der Drehzahlmesser wird ab 8.000 Umdrehungen pro Minute (RPM) rot. Das ist natürlich nur Show. Die beiden permanenterregten E-Motoren an den beiden Achsen können problemlos bis 21.000 RPM drehen.

Es geht um das klassische Autogefühl. Bei jedem Gangwechsel spüre ich für den Bruchteil einer Sekunde die Unterbrechung der Kraftübertragung auf die Räder. Somit beziehen sich die Anpassung der N-Version nicht nur auf Lautsprecher- und Sound-Module. Es ist ein umfangreiches Paket, das die Ingenieure für die N-Version geschnürt haben.

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