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Fridays for Future in Duisburg: Sturm aufs Rathaus

Schüler*innen zeigen mit Plakaten, was sie von der Klimapolitik halten. (Foto:dpe)

26.02.2019 13:17 - Dennis Pesch

Duisburger Schüler*innen erzwangen am Freitag, 22. Februar, ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister Sören Link (SPD) zum lokalen Klimaschutz. Es war die erste Fridays for Future Demonstration in Duisburg. Vom Hauptbahnhof aus liefen die 250 Schüler*innen direkt ins Rathaus hinein.

„Ich mache das hier zum ersten Mal, versteht man mich gut?", fragt der 17-jährige Lukas mit einem Megafon in der Hand, als er auf dem Vorplatz des Duisburger Hauptbahnhofes zu seinen 250 Mitschüler*innen spricht.

„Wir haben begrenzte Möglichkeiten und das ist eine davon, wie wir ein Zeichen setzen können, in dem wir nicht zur Schule gehen."

Die Schüler*innen sind gut vorbereitet, haben unzählige Schilder gemalt und die Message könnte deutlicher nicht sein. Auf dem Schild der 16-jährigen Moerserin Emily steht: „Wäre die Welt eine Bank, hätte man sie schon längst gerettet."

Dass Geld wichtiger sein soll als die Rettung des Klimas und damit ihrer eigenen Zukunft, versteht hier niemand. Emily sagt: „Geld regiert die Welt und das ist ein großes Problem, was das Klima betrifft. Das sieht man auch am geplanten Kohleausstieg. Die Verträge sollen nur wegen des Geldes bis 2038 laufen." Immer wieder rufen die Schüler*innen: „Kohlekonzerne baggern in der Ferne, zerstören unsere Umwelt, nur fürn' Batzen Geld."

Fehlstunden statt Klimawandel

Beim sogenannten Lifesafer, einem Brunnen mit einem bunten Vogel als Skulptur, halten sie zu ihrer ersten Zwischenkundgebung und verlesen ein Grußwort einer Klima-Aktivistin aus Lima: „Dieser Planet ist unser einziges Zuhause und er gehört allen Bewohnern", verliest Lukas. Anschließend wird es laut: „Wer nicht hüpft, der ist für Kohle, hey, hey", rufen die Schüler*innen, während sie mit ihren Schildern auf und ab hüpfen.

Genau davon will das NRW-Schulministerium sie abhalten, zumindest innerhalb der Schulzeit, in dem sie den Schüler*innen und Eltern Bußgelder androhen. Das zeigt Wirkung, wie die Organisator*innen in Duisburg berichten: „Einige Mitschüler*innen haben sich deshalb nicht getraut", sagt Yannick. Die 250, die gekommen sind, haben sich davon jedoch nicht abhalten lassen, was auch Andere ermutigen könnte, sich dem Schulstreik beim nächsten Mal anzuschließen.

Als der Oberbürgermeister runterkommt

Emily kann die Diskussion zwar irgendwo nachvollziehen, ist aber auch fest entschlossen: „Wir haben begrenzte Möglichkeiten und das ist eine davon, wie wir ein Zeichen setzen können, indem wir nicht zur Schule gehen."

„Das ist ein großes Problem, dass der Öffentliche Nahverkehr nicht für alle zugänglich ist und dass das Netz viel zu klein ist."

Fehlstunden könne man verkraften, den Klimawandel nicht. Als sie das gerade sagt, steht die Demo bereits vor dem Duisburger Rathaus. „Wir wollen den Sören sehen", singen die Schüler*innen. Rund zehn Minuten warten sie auf Duisburgs Oberbürgermeister.

Lukas nimmt sich wieder das Megafon: „Wenn er nicht raus kommt, sollen wir dann rein gehen?" fragt er die Demo. Eine Antwort gibt es nicht mehr, die Tür steht schon offen und die Schüler*innen strömen mit ihren Schildern die Rathaus-Treppe hoch bis ins Foyer und verteilen sich auf die drei Flügeltüren. Wieder singen sie einige Minuten: „Wir wollen den Sören sehen."

Dann kommt Duisburgs Oberbürgermeister runter: „Ich finde es toll, dass ihr demonstriert, aber ich muss natürlich auch auf die Schulpflicht hinweisen", beginnt er. Die Schüler*innen buhen ihn dafür aus. „Was ich euch anbieten kann, das soll ja auch irgendwas bringen, dass ihr das Rathaus stürmt: Wir können gerne mal nächste Woche miteinander darüber reden, ob wir den ein oder anderen gemeinsamen Punkt rausarbeiten können", erklärt er. Jubel bricht unter den Schüler*innen aus. Link verschwindet und mit ihm verlassen auch die Schüler*innen das Rathaus wieder.

WhatsApp als Schnittstelle

Die Organisator*innen Rebecca, Yannick, Helena und Lukas freuen sich zwar über den Erfolg, sind aber auch skeptisch bis pessimistisch, zum Beispiel weil die SPD unter Sören Link die Baumschutzsatzung abgeschafft hat. Rebecca kündigt an, worauf sich der Oberbürgermeister im Gespräch einstellen kann: „Wir wollen überlegen, was wir hier in Duisburg verändern können, damit wir nachhaltiger leben und nicht so viel Auto fahren. Das ist ein großes Problem, dass der Öffentliche Nahverkehr nicht für alle zugänglich ist und dass das Netz viel zu klein ist."

Bei WhatsApp diskutieren sie, was sie noch ins Gespräch einbringen wollen. Der Messengerdienst ist zur wichtigsten Plattform für die Bewegung Fridays for Future geworden. So hat es auch in Duisburg angefangen, erzählt Lukas: „Ich hab eine Gruppe aufgemacht, ein paar Leute eingeladen, die Leute von Fridays for Future angeschrieben, dass die den Link auf ihrer Homepage teilen und so sind wir knapp 200 Leute geworden", sagt er. Mittlerweile haben sie neun Punkte ausgearbeitet, die helfen sollen, den Klimaschutz in Duisburg zu verbessern. „Wir hoffen, dass es möglichst schnell Konsequenzen gibt, dass der ÖPNV und die Radwege ausgebaut werden, die Schulen umweltfreundlicher gemacht werden", sagt Lukas. Und wenn sich nichts ändert, dann gehen die Streiks weiter.

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