"Vogelschiss - Die Graphic Novel gegen Rechts"
Die Graphic Novel "Vogelschiss" entstand als Crowdfunding-Projekt. Ein Teil der Einnahmen wurde für Engagement gegen Rechts gespendet.
Die Haltung, gegen
die AfD könne man ohnehin nichts machen, habe sie zum Comic
„Vogelschiss“ inspiriert, sagt Autorin Frauke Bahle. Die zahlreichen
ernsthaften Publikationen über Rechts wollte sie mit etwas ergänzen, das
Spaß macht.
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist seit vier Jahren im Bundestag,
am Anfang waren es 94 Abgeordnete. Manchen gilt sie als legitime
Protestpartei, andere fordern wegen ihrer Nähe zum Rechtsextremismus und
der zum Teil verfassungsfeindlichen Gesinnung ein Verbot der Partei.
Auch im Freiburger Stadtrat hat die AfD zwei Sitze.
Das weltoffen-liberale Selbstbild der Stadt habe Kratzer bekommen, sagt
die freie Texterin und Lektorin Frauke Bahle.
Dubravko Mandic, einer der beiden AfD-Stadträte,
kenne man auch außerhalb von Freiburg. „Der hat im Herbst letzten Jahres
unfassbare sexistische Dinge von sich gegeben.“
Außerdem rief Mandic bei einem Aufmarsch vor dem
Freiburger Funkhaus des Südwestrundfunks zum Sturm auf die Redaktionen
auf. Das habe hitzige Diskussionen nach sich gezogen – auch in ihrer
Bürogemeinschaft, sagt die 52-Jährige mit grauem Kurzhaarschnitt und
aufgeweckten blaugrauen Augen.
„Da gab es so eine Haltung: ‚Da kann man nichts
machen.‘ Und: ‚Die sind ja demokratisch gewählt, also müssen wir sie
tolerieren.‘ Das war der Ausgangspunkt, wo ich gedacht habe: Nee, das
ist einfach rechtsextrem, was diese Partei verbreitet. Das dürfen wir
nicht tolerieren.“
Über die Humorschiene zum Nachdenken bringen
Bahle entschloss sich zum kreativen Widerstand – in
Form einer Graphic Novel und trommelte dafür ein fünfköpfiges Team aus
den Bereichen Text, Marketing und Grafik zusammen.
„Es gibt wahnsinnig viele Sachbücher, Artikel und
Medien, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen – das ist total
wichtig. Aber das macht halt kein Spaß.“ Sie wollten auch die erreichen,
„die man vielleicht über die Humorschiene dann doch zum Nachdenken
kriegt“.
„Vogelschiss“ lautet der Titel der Graphic Novel – eine satirische Anspielung auf die Rede von Alexander Gauland, in der der AfD-Ehrenvorsitzende Nationalsozialismus und Holocaust verharmloste.
Hauptfiguren des Comics sind Rudi, ein
pensionierter Lehrer und etwas frustrierter Alt-68er, und Eleni, eine
alleinerziehende Mutter, die mit ihrem Alltag ausgelastet ist und von
Politik lieber nichts wissen will.
Parallelen zu realen Vorkommnissen
Das ändert sich, als ein Nachbar von Eleni aus
rassistischen Motiven neun Menschen erschießt. Parallelen zur realen
Vorkommnissen sind beabsichtigt, sagt Co-Autor Jochen Schneidmadl:
„Aus Hassrede wird Hass, aus Hetze werden Gewalttaten. Wir haben inzwischen einzelne Gewalttaten: Das ist der Lübcke-Mord, der auf dieser Mechanik basiert. Das ist der Hanau-Anschlag, wo Wochen, Monate vorher die AfD immer wieder gegen Shisha-Bars gehetzt hat, und dann dreht irgendwann einer durch.“
Dagegen werden Eleni und Rudi aktiv: im lokalen
Fußballverein, im Internet oder mit kreativen Graffiti-Aktionen. Doch
die Autoren wollen nicht nur Mut machen, sich gegen Rechts zu
engagieren, sondern auch zeigen, wie eng die AfD mit dem
Rechtsextremismus verstrickt ist. Dazu führen sie mehr als 100
Originalzitate von AfD-Politikern und ihren Sympathisanten auf,
gekennzeichnet als blaue Sprechblasen und versehen mit ausführlichen
Quellenangaben.
Die
Graphic Novel „Vogelschiss“ verwendet reale Zitate von AfD-Politikern
und ihren rechtsextremen Anhängern, die zeigen sollen, wofür die Partei
wirklich steht.© Guano Project
Da Zitate auch aus dem Zusammenhang gerissen und
verfälscht werden, hätten sie sie in wochenlanger Arbeit verifiziert,
sagt Frauke Bahle.
Dank dieser intensiven Recherche und dank
alltagsnaher Dialoge und Charaktere ist den Autoren eine ebenso
originelle wie packende und zudem nachdenklich machende Odyssee durch
die jüngste politische Geschichte gelungen. Außerdem lebt der Comic vom
Einsatz stimmungsvoller Farbwechsel und von den Zeichnungen von
Illustrator Julian Waldvogel mit Anleihen an franko-belgische Klassiker
und detailgenauen Darstellungen.
Per Crowdfunding finanziert
Finanziert wurde das Projekt über Crowdfunding:
6500 Euro gingen dabei als Spenden an Organisationen, die sich gegen
Rechts engagieren. Mit dem Rest wurde die erste Auflage gedruckt –
rechtzeitig zur Bundestagswahl.
„Es geht darum, klar zu machen: Das ist keine
normale Partei. Das ist eine rechtsextreme Bewegung, die kann ich nicht
aus Protest wählen“, sagt Co-Autor Jochen Schneidmadl. „Wir reden hier
von einer Partei mit wirklich faschistoiden Zügen, mit einer
Philosophie, die uns zurück in die Nazizeit bringt, wenn man sie denn
machen lässt.“
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