The Screenshots, das sind Susi Bumms, Dax Werner und Kurt Prödel. Eine Band, die sich auf Twitter kennengelernt hat und Indierock-Songs veröffentlicht, bei denen LGoony als Featuregast dabei ist, und die MC Smook als Voract bei ihren Konzerten auftreten lässt. Am 16. Oktober ist ihr Album »2 Millionen Umsatz mit einer einfachen Idee« erschienen. Zeit für eine Runde »vs. The Beats« mit Videos von unter anderem Haiyti, LGoony, Blond und Money Boy, teilweise von Kurt Prödel selbst produziert.
The Screenshots feat. LGoony – Träume
Susi Bumms: Ein richtig gutes Video.
Kurt Prödel: Das sind drei Pfeifen in dem Video. Drei Personen, die parodieren, was sie eigentlich selber sind. Das klappt meistens nicht so gut. Guck dir die drei Pfeifen an.
Habt ihr schon mal im Großraumbüro gearbeitet?
Dax Werner: Ja.
Kurt Prödel: Ich noch nicht so wirklich.
Dax Werner: Ich hab schon im Callcenter und in Agenturen gearbeitet. Ich kenne das in allen Facetten. Das Video ist so ein bisschen die Idealvorstellung, wie unser Start-Up funktioniert.
Susi Bumms: Gerade kommt der Zwischeneinspieler.
LGoony tritt auf.
Kurt Prödel: Die erste Person im Video, die es tatsächlich geschafft hat. Ein absoluter Champion. Gerüchten zufolge seit hundert Jahren 14 Jahre alt, hat aber schon Sachen gerissen, die für uns schwer vorstellbar sind.
Susi Bumms: Wir wollten eigentlich Mini-Clips aus dem Video bei Shutterstock haben, damit Leute das runterladen und für ihre Werbung verwenden können. Wir haben das extra hell gedreht und dachten, dass das doch Shutterstock-mäßig ist. Aber leider wurden alle Videos von Shutterstock abgelehnt. Warum eigentlich?
Kurt Prödel: Es ist höchst komplex, da ist alles dabei. Die technische Qualität, wie sehr sie verwackelt sind. Es gibt auch Darstellungen von Designs. Ein Stuhl im Video kann ein geschütztes Design sein oder auch die Klamotten oder das Apfel-Logo auf dem Macbook. Selbst dieser kleine, orange Medizinball im Video wurde abgelehnt, weil wir nachweisen mussten, wer der Urheber dieser Designschaffung ist. Shutterstock folgt so ein bisschen den Regeln wie ein Tatort bei den Öffentlich-Rechtlichen. Beides sieht genau unemotional und gleich aus. Das ist der Look von Stockfootage.
LGoony – Nebel
Dax Werner: Das ist der erste Song, den ich von LGoony mitbekommen habe, da kannte ich Kurt Prödel noch nicht.
Kurt Prödel: Ich glaube das war auch eines der ersten Musikvideos von ihm. Ich habe LGoony mit seinem »Goonyverse«-Tape in irgendeinem Forum gefunden und fand das mega spannend. Ich war eh auf einem Yung Lean-Ästhetik-, Vaporwave-, u.s.w.-Trip und dann haben wir uns kennengelernt. Ich freu mich, das mal wieder zu sehen und finds eigentlich ganz geil.
Susi Bumms: Wie habt ihr das gemacht? Mit Leuchtstäben an der Decke?
Kurt Prödel: Wir hatten hunderte von diesen Leuchtdingern und ein Studio, wo wir die hingebaut haben. Ich hatte LGoony zu diesem Zeitpunkt nur einmal kurz getroffen. Es ist geil, mit den Leuten zu drehen, bevor man sich richtig kennt. Das ist immer spannend und aufregend.
Dax Werner: Starkes Video, ist gut gealtert.
Susi Bumms: Sind die Glitches analog oder digital?
Kurt Prödel: Digital. Das sind quasi Space-Aufnahmen, wo man den Codec zerstört. Das heißt die Pixel von LGoony denken, sie sind Pixel von der Space-Aufnahme. So entstehen ganz komische Glitches, die heute einfacher herzustellen sind. Damals war es 90 Prozent der Arbeit am Video, diese Glitches zu machen, weil das Trial and Error-mäßig ist. Aber das war das perfekte Video, um es zu versuchen. 90 Prozent der Glitches sind nicht drin, weil sie nicht schön geworden sind, aber die anderen sind ganz gut geworden. Es ist absurd, das jetzt zu sehen. Es fühlt sich an, als wäre es zehn Jahre alt.
Blond – Millionen Euro (Cover)
Apropos Bands, die LGoony ahnen. Kennt ihr die Coverversion von Blond zu »Millionen Euro«?
Kurt Prödel: Ja, das ist eine mega spannende Story, das ist doch der Auftritt in so einer Schule.
Genau.
Kurt Prödel: Die Band hat das neulich gepostet. Ich weiß ganz genau, dass ich das damals gesehen habe, keine Ahnung hatte wer Blond ist und dachte: »Was zur Hölle ist das jetzt?« Das muss ungefähr die gleiche Ära sein, wie das Video von LGoony. Das ganze Movement war eh schon überfordert und dann kommt noch sowas. Jetzt, wo ich herausgefunden habe wer Blond ist, raffe ich gar nichts mehr. Aber ich kenne es seit dem Tag, an dem es hochgeladen wurde. Richtig krank.
Susi Bumms: (lacht) Boah, das ist so ein geiles Video-Setup. Mega!
Dax Werner: (lacht)
Kurt Prödel: Ich denke, dass du wahrscheinlich eher HipHop-affiner bist. Das Publikum, das du da siehst, ist das durchschnittliche Indie-Rock Publikum, daher kennen wir die Situation sehr gut.
Dax Werner: Es erinnert mich an das Tocotronic-Video »Kapitulation«, da sieht das Publikum genau so aus. Aber das hier ist halt dokumentarisch.
Susi Bumms: Es stellt die dokumentarische Frage. Das Publikum am Ende, wo es überfordert und nichtssagend sitzt, ist wahrscheinlich eine Aufnahme von vor dem Auftritt, der dahinter geschnitten wurde. Aber alleine schon, dass du dort das Wort »Ausstellung« hast und diese Kamera-Position, mega geil.
Kurt Prödel: In der Zeit ist LGoonys Musik im deutschsprachigen Raum ja auch noch etwas gewesen, was man nicht gewohnt war. Das macht es noch absurder. Selbst ein originaler Auftritt von LGoony wäre zu dieser Zeit absurd gewesen. Das finde ich total genial.
Dax Werner: Ich stell mir vor, wenn da ein sensibler Junge mit Akustikgitarre gestanden hätte und irgendwas von den Toten Hosen oder den Ärzten gecovert hätte, dann wäre der Groschen im Publikum gefallen. Das hier überfordert sie so richtig.
Kurt Prödel: Warum denkst und jetzt an Jungen mit Gitarren.
Dax Werner: Ich denke an das Setup. Es ist ein bisschen Kunst-Setup, in dem die sich da befinden.
Susi Bumms: Ich gucke gerade die Kommentare durch. Geil, wie alle Leute nur irgendwelche anderen Leute mit einem @ verlinken.
Dax Werner: Das ist ein totales Qualitätsmerkmal.
Kurt Prödel: Total.
Dax Werner: Keine Diskussion, keine Nachfragen, einfach nur Verlinkungen.
Haiyti – Griff in die Kasse
Wieder eine Kurt Prödel Videoproduktion.
Kurt Prödel: Ich weiß noch als »City Tarif« von Haiyti rausgekommen ist. Das hat mich so unfassbar weggegehauen, das war eine der geilsten Sachen, die ich je auf deutsch gehört habe. Auch so etwas wie »Griff in die Kasse« habe ich vorher noch nicht gehört und finde es jetzt noch outstanding. Ich kannte sie flüchtig durch Juicy Gay und einen Auftritt im Hotel Shanghai in Essen. Irgendwann hat sie mich aus dem Nichts angerufen, keine Ahnung, wo sie meine Nummer herhatte, und meinte direkt: »Ich hab hier so ne Idee für ein Video, ich schick dir mal das Material.« Dann hat sie einen WeTransfer-Link mit vier Takes von einer Party geschickt. Ich war dort nicht zu Gast und habe keine Ahnung, wer diese Leute im Video sind. Ich habe das einfach geschnitten und abgegeben. Das war auch die ganze Kommunikation. Das Material, von dem ja auch viel nicht im Video ist, hat sich verhältnismäßig intim angefühlt, dafür, dass wir uns gar nicht kennen. Es war einfach ungeschnitten.
Dax Werner: Dadurch, dass man diese Side-Info nicht hat, wenn man das Video schaut und am Anfang den »Kurt Prödel«-Schriftzug liest, denkt man echt, dass der ja ein Drogenpartygott sein muss, der die schlimmsten Partys schmeißt.
Kurt Prödel: Ich saß schön zu Hause mit einem Glas Ingwertee und dachte nur, dass die Party viel zu cool ist, als dass ich jemals dort eingeladen werde.
Susi Bumms: Die drehenden Euro-Symbole hätten auch in unser Video gepasst.
Das habe ich auch gedacht, immerhin bedient ihr das klassische Motiv, dass ihr Erfolg und Chartplatzierungen haben möchtet.
Kurt Prödel: Ich habe mittlerweile mehrere von diesen Collagen-Videos gemacht und es gibt auf YouTube ein paar Free-Stockfootage-Dollarscheine, die rumfliegen. Ich kenne die alle und erkenne auch in Rapvideos, wer welche Dollarschein-Animation benutzt hat. Es gibt eine Animation, wo sie von der Decke fliegen und ich schwöre, wenn man recherchieren würde, würde man bestimmt 50-100 Videos finden, wo das Material benutzt wurde.
Money Boy – High & Twisted
Sehr minimalistische Bewegungen von Money Boy, der fast nur daliegt und sich ins Gesicht fasst.
Kurt Prödel: Ich glaube 2015 hat er im MTC in Köln gespielt und ist überraschenderweise aus dem Hotel geflogen. Er hat dann Unterschlupf in meiner damaligen Wohnung gesucht und wir haben das Video am nächsten Morgen gedreht.
Woher kanntet ihr euch?
Kurt Prödel: So Internet-mäßig. Das war noch nicht mal Twitter, damals habe ich noch unter Klarnamen auf Facebook gechattet. Eine ganz andere Ebene, bevor ich mich auf Twitter angemeldet habe. Es ist immer noch einer meiner Lieblingssongs vom General, ich finde es hat einen richtigen Kater-Vibe. Und es waren die legendären zwei Wochen mit der Bart Simpson-Frisur hinten auf dem Kopf.
Susi Bumms: Die ist krass.
Dax Werner: Ich kenne zufällig das Sample, das er da benutzt. Ich habe diese Art Musik früher häufig gehört, das ist so Ambient/Electronic und eigentlich maximal weit weg von dieser Money Boy-Welt. Ich finde es total interessant und weird, dass er gerade das benutzt hat. Das gibt diesem Song eine ganz bestimmte Farbe.
Kurt Prödel: Das moneyboyeske an der ganzen Sache ist, dass dort nichts gesamplet ist. Das ist einfach der Original Track, über den er rappt.
Dax Werner: Dann ist Sample ein wenig euphemistisch.
Kurt Prödel: Es ist wirklich der Original Track, da ist nur ein Schnitt zwischendurch. Ich habe das mal verglichen, das ist definitiv das gleiche. So als wenn du dir einen Paul Kalkbrenner Track runterlädst und da drüberrappst.
Im zweiten Teil des Interviews geht es um veraltete Twitter-Lingo, lokalpatriotischen Rap aus Krefeld und die nackten Oberkörper junger Männer, die man im Internet kennengelernt hat.
Ahzumjot, Crack Ignaz, Juicy Gay, Dexter, Genz – I bims das
Dax Werner: Den Track kenne ich. Mit dem habe ich Juicy Gay und Genz kennengelernt und den höre ich auch heute noch, obwohl man das wegen »I bims« gar nicht mehr dürfte, das ist alles ein bisschen vorbei. Aber ich finde den Track total stark. Der Track nimmt sich auch richtig viel Zeit.
Susi Bumms: Aber abgesehen davon, gibt es gar nicht so viel Twitter-Sprache.
Stimmt, aber Juicy und Genz sind immerhin sehr aktiv auf der Plattform.
Kurt Prödel: Es ist ein Unterschied, ob fünf coole Leute da einen Song oder jemand eine Kaffeetasse daraus macht. Das Video ist von Timo Milbredt, ganz viele Grüße. Es ist einfach real, wie die Leute dort gezeigt werden. Und vom Twitter-Grind her eine Juicy Gay Peak-Ära, auch frisurentechnisch extrem energetisch unterwegs.
Es gibt aus dieser Ära noch ein Video, wo Juicy Gay gar nicht auf Rooz klarkommt und vor ihm wegrennt, aber von einem anderen Festival. Gehirnschranke, aber so drei Tage am Stück. Der Titel bei HipHop.de ist »Legendäres Out4Fame Festival Rundgang, belastendes Treffen mit Juicy Gay« (Ca. ab Min.20, Anm. d. Red.)
Susi Bumms: Wie hieß nochmal der Typ, der immer diese Lesungen in Twitter-Sprache gemacht hat?
Dax Werner: Willy Nachdenklich. Daher kommt auch »Den Willy machen.«
Kurt Prödel: Aber Realtalk jetzt mal.
Susi Bumms: Das ist eine ganz andere Ecke. Ich wollte nur mal die Skala aufmachen.
Dax Werner: Das ist das andere Ende der Skala.
Kurt Prödel: Aber rückblickend schäme ich mich ein bisschen, wie ich mich damals darüber aufgeregt habe. Wo ist das Problem, der Mann will sein Paper machen. Darf ein junger Mann kein Geld mehr verdienen?
Dax Werner: Auch richtig.
Kurt Prödel: Uhhh, die haben unseren Spruch von Twitter geklaut.
Susi Bumms: Aber das war ja nie das, was aufgeregt hat.
Dax Werner: Aber was war es dann? Die aufgesetzte Nase?
Susi Bumms: Das Unangenehme daran war dieser 3-Sat/akademische Kontext, bei dem dann Zweitsemester Germanistik darüber lachen. Nicht, dass er Cash macht. Das ist doch kein Problem.
Dax Werner: Er hat alles mitgenommen.
Kurt Prödel: Aber diese ganze Rutsche nehmen wir doch auch gerade mit.
KR KR Musik – Samt & Seide
Der nächste Song geht in eine ganz andere Richtung, aber besonders.
Dax Werner: Jetzt wirds geil. Das ist Krefelder Rap, oder?
Das erkennst du am Intro?
Dax Werner: Weil da »KR KR« steht, das habe ich schon mal gesehen. Wenn man vorgibt, aus Krefeld zu kommen, dann muss man sich auch damit beschäftigen. Echt eine andere Energie in Krefeld.
Der Track hat über 100.000 Aufrufe auf YouTube. Ich würde die These aufstellen, dass es über jede mittelmäßig große Stadt einen Track gibt, der fast genauso klingt und den jede*r aus dieser Gegend auch kennt, weshalb sie gute Klickzahlen erreichen.
Kurt Prödel: Das Video sieht aus wie ein 2012-2014 Ding.
Er ist 2013 erschienen.
Kurt Prödel: Yes! Das ist ein bisschen VBT-Ästhetik.
Susi Bumms: Die Vorstellung, dass es pro Stadt jeweils so ein Setup gibt, finde ich ganz schön. Wo ich aufgewachsen bin, gab es pro Postleitzahl eine Rap-Crew.
Kurt Prödel: Das Problem unserer Bandgeschichte ist natürlich, dass wir mit Krefeld gar nichts zu tun haben. Das heißt, wir kennen das eigentlich nicht wirklich. Aber wenn ich sehe, was die so machen, dann finde ich das gar nicht schlecht, ganz real eigentlich. Es könnte auch ein Schlager-Video sein, gar nicht böse gemeint. Aber man sieht die Stadt, die Brücken, den Brunnen, die Einkaufszone, Parkmöglichkeiten sind ausgearbeitet, die Polizei ist da. Alles was man braucht, um ein friedliches Leben in einer westdeutschen Kleinstadt zu führen.
Dax Werner: (rappt mit) Die Stadt aus Samt und Seide. (lacht)
Susi Bumms: Dieses »Seiiide« find ich schon ganz gut.
Dax Werner: Man kann das doch auch einem bestimmten Stil zuordnen, oder? Es ist nicht der aktuelle.
Kurt Prödel: Es hat auf jeden Fall diesen Instrumental-Vibe von Rappers.in-Beats und das finde ich mega geil. Ein geiler Free-Beat-Vibe. Das klingt auch wieder total böse, aber so ist es nicht gemeint. Es ist dieser ganz bestimmte Do It Yourself-Vibe, der da drin ist und der sich bald auch irgendwie Vintage anfühlen wird. Ich glaube wir sind nicht weit davon weg, dass man versucht, so etwas wieder herzustellen. Ist gar nicht so einfach.
Kraftklub vs. K.I.Z – Ich will nicht nach Berlin/Verpisst euch
Habt ihr Kraftklub früher gehört?
Kurt Prödel: Ich finde »Ich will nicht nach Berlin« war ein Geniestreich. Ich finds geil, dass wir mittlerweile auch die ganze Brummer-Familie am Start haben.
Susi Bumms: Auch schon lange her, ne?
Dieser RedBull-Soundclash war 2012.
Kurt Prödel: Ich finde, das ist noch so ein richtig glasklarer Hit.
Susi Bumms: Ja, das stimmt. Mir ist das noch nie richtig aufgefallen, aber irgendwie ist das so Kaiser Chiefs-Ecke.
Kurze Stille.
Susi Bumms: Sehr ihr nicht so? Na egal.
Kurt Prödel: Doch total, voll die Ästhetik.
K.I.Z übernimmt.
Kurt Prödel: Bei K.I.Z ist es oft so, und ich mag die mega, dass sie anfangen zu rappen und man innerhalb der ersten drei Sekunden einen Penis sieht und das Wort »Möse« hört.
Ja stimmt. Ich dachte, dass sie das mit dem »Hurra die Welt geht unter«-Album ein wenig abgelegt haben, aber sie sind einfach wieder dahin zurückgekehrt.
Kurt Prödel: Markenkern.
Susi Bumms: Palladium Köln ist das, ne?
Ja.
Kurt Prödel: Hätte richtig Bock, mit den Screenshots mal einen Soundclash zu machen.
Susi Bumms: Ich habe das einmal gesehen, das war richtig belastend.
Kurt Prödel: Das war LGoony, Soufian und Crack Ignaz gegen diese drei anderen.
Ja, das waren Afrob, Eko Fresh und Samy Deluxe. Team Alt gegen Team Jung.
Susi Bumms: Ich will bessere Beleidigungen haben, wenn ich alt bin. Ich fand deren Beleidigungen eher unangenehm.
Die Shitlers – CCN4
Susi Bumms: Was singen die?
Sie wollen CCN4 mit Fler. Mittlerweile ist es draußen, allerdings mit Animus als Gast. Das hat eigentlich niemand geahnt.
Kurt Prödel: Ich fand eine Single ganz geil und den Move cool, das wars dann.
Dax Werner: Die Shitlers hatten enorm früh schon einen extrem geilen Facebook-Grind. Daran erinnere ich mich noch. Bevor ich auf Twitter war, fand ich das richtig witzig, was sie gemacht haben. Sehr inspirierend.
Kurt Prödel: Dieser Song hat echt diese, auch das soll nicht böse klingen, Saufpunk-Ästhetik. Das kann man gar nicht nachmachen, ich könnte es zumindest niemals. So ein Mix aus Terrorgruppe, Wizo und so Sauf-Skate-Punk, auch diese Art zu singen. Und das dann in Verbindung mit HipHop-Texten ist schon geil kompliziert, ich finds richtig gut.
Dax Werner: Ich finds geil.
MC Smook – Grinden mit Delphinen
Eigentlich ein moderner Klassiker.
Kurt Prödel: Finde ich auch. Dazu kann ich gar nicht so viel sagen. Es ist das zweite Video, was ich je gemacht habe.
Was war das erste?
Kurt Prödel: Ich habe für Money Boy ein Video mit Material, das es schon gab, gemacht. Das war zu »Im Herzen Rapper«. Ich glaube, das gibt es nirgendwo mehr. Kurz danach hat mich MC Smook angeschrieben, weil ich sein erstes Tape richtig geil fand. Ich war auf einem absoluten Vaporwave-Trip und Delphine sind da ja auch eine populäre Ästhetik. Da dachte ich mir, ich muss dazu was machen und habe ihm gesagt, er soll sich zu Hause vor einer blauen Bettdecke filmen und mir das Material schicken. Dann ist das passiert. Auch geil. Einer Person, mit der du nie gesprochen hast, sagst du per Facebook-Chat: »Schick mir Filmmaterial, wo du oben ohne vor einer blauen Bettdecke rappst.« Ne Stunde später schickt diese Person genau dieses Material. Wie geil ist das Internet! Es ist auch für mich unerklärlich, dass das eines der ersten Werke seines Schaffens war. Das macht alles gar keinen Sinn bei ihm.
Dax Werner: Aber wie er auch schon All In geht im ersten Video.
Kurt Prödel: Ich finde auch »Kola mit Ice« von ihm unfassbar als einen der ersten Tracks, mit dem er ein wenig populärer geworden ist und den Money Boy dann sozusagen geclaimt hat.
Susi Bumms: Absolut geil.
Dax Werner: Gut gealtert.
Susi Bumms: Auf jeden Fall.
Kurt Prödel: 2014. Krass. 5.10.2014, heute vor sechs Jahren kam »Grinden mit Delphinen« raus.
Susi Bumms: Voll schön. Und diese Bewegungen. Die Löwen-Bewegung, die »Frauen aus dem Club«-Bewegung, das sind schon ganze Lifestyles und nicht nur einzelne Songs.
Kurt Prödel: Wir hatten MC Smook ja bei unseren ersten Konzerten als Voract dabei, bei zwei Shows in Köln und Berlin.
Ich war beim Konzert in Berlin dabei.
Kurt Prödel: Da ist er mit diesem Deutschland-Trikot aufgetreten, er ist so geil schmerzfrei. Die Leute wussten eh nicht, was das bei unserem ersten Konzert werden soll. Und dann kommt da so ein Mann im Deutschland-Trikot.
Dax Werner: Absolut bewundernswert, er bringt so eine Sicherheit mit rein.
Kurt Prödel: Ich war immer glücklich, wenn ich mich im Bus umgedreht habe und er dann einfach dasaß. Wie so ein Krafttier.
Ich habe mich vor dem Konzert ein bisschen mit ihm unterhalten und er meinte ganz entspannt, dass er ein knackiges 20-Minuten-Set vorbereitet hat. Das hat er dann auch so durchgezogen.
Kurt Prödel: Es gab halt einen USB-Stick, wo das drauf war. Wenn der weg gewesen wäre, hätte nichts geklappt.
Susi Bumms: Wir wussten ja damals auch noch nicht, wer bei uns vor der Bühne stehen wird, wir konnten das gar nicht einschätzen. Und er stellt sich dann mit so einem anderen Programm einfach hin. Richtig geil.
Dax Werner: Auch, dass er auf der Bühne als erstes gefragt hat, wer für HipHop hier ist.
Kurt Prödel: Möge er für immer weiter machen.
Juicy Gay – Ich bring euch ung
Kurt Prödel: Irgendwie sind alle in meinen Videos nackt. Unabhängig vom Video ist das ein absoluter Juicy Gay Peak-Track. Alles, was ich an Juicy Gay liebe, in einem Song. Vielleicht kein Rap-Track im klassischen Sinn, aber einfach ein geiler Song.
Als er den Track auf Festivals gespielt hat, haben den auch immer alle geliebt, unabhängig vom sonstigen Musikgeschmack.
Kurt Prödel: Ich finde es textlich so smart. Er suggeriert, dass er die Leute stumm macht, so dass sie eigentlich tot sind und nicht mehr existieren. Eigentlich total genial. Zu diesem Video schreibt mir Thees Uhlmann jedes halbe Jahr eine DM auf Twitter oder eine SMS, wo er sagt, wie geil es ist, wie Juicy da diesen Quark löffelt. Ich glaube, das war auch mein Erstkontakt mit ihm vor vielen Jahren, das hat sich bei ihm manifestiert. Viele Grüße an Thees Uhlmann! Auch ein Krafttier dieser Band.
Dax Werner: Ja, viele Grüße.
Susi Bumms: Ja.
Kurt Prödel: Ich habe gerade noch an das erste Money Boy-Feature mit Juicy Gay gedacht. Ich schick euch mal das Video. Ihr müsst das Cover sehen, schiebt unnormal. Der Track ist auch mega irre.
Auf jeden Fall ist »Money Boy Reups« ein sehr wichtiger YouTube-Kanal für die Internet-Kultur .
Kurt Prödel: Hast du das Google Doc in der Videobeschreibung gesehen? Richtig geil, da haben die alles dokumentiert. Da findet man auch Videos, die noch gesucht werden.
Das sind ja schon professionelle Strukturen.
Kurt Prödel: Voll. Besser recherchiert als manche Nachrichten.
Susi Bumms: Richtiges Kunstarchiv. Alles versuchen ja irgendwelche Archive von Künstler*innen, die schon gestorben sind, aufzubauen. Da wirds schon gemacht, man muss nicht mal tot sein, es wird einfach gemacht.
Kurt Prödel: Stand Oktober 2020. Es gibt noch einen Hood Report, der verschollen ist. Und es gibt teilweise auch Leute, die schreiben, dass sie sich an Details von Videos erinnern, die es gar nicht mehr zu sehen gibt. Aber auch krass, wie viele Artists aus Money Boy heraus entstanden sind. Ich weiß nicht, ob es einen Juicy Gay ohne Money Boy geben würde. Den würde es auch irgendwie geben, aber ich glaube, dass Money Boy einfach extrem wichtig für die war.
Klar. Und er hat österreichischen Rap auch extrem bereichert.
Kurt Prödel: Indirekt sind ja auch so Yung Hurn, Rin, Crack Ignaz und Young Krillin davon geprägt. Young Krillin auch riesiger s/o, bester Mann auf jeden Fall!
Young Krillin ist ja auch einer dieser einflussreichen Artists und eine Art Papa des Genres. An ihm haben sich viele orientiert.
Kurt Prödel: Young Krillin hat auch diese gewisse Young Krillin-Aura. Er hat etwas weises, was dieses Game angeht. Das kannst du dir nicht antrainieren, das hast du einfach. Ganz tolle Person.
Er hat auch einen guten Twitter-Grind, auch wenn er regelmäßig gesperrt wird.
Kurt Prödel: Und vor allem konstant. Das kriegen ja die wenigsten hin. Young Krillin ist seitdem ich denken kann da und macht halt einfach.
Das waren alle Videos, die ich rausgesucht habe.
Susi Bumms: Voll lustig, dass das MC Smook Video auf den Tag genau sechs Jahre alt ist.
Das war tatsächlich Zufall.
Kurt Prödel: Das Video war auch der Punkt, wo ich dachte »Okay, ich habe Lust das öfters zu machen und muss dem einen Namen geben. Dann habe ich beim Upload gesagt, das heißt jetzt ‚Kurt Prödel Video‘.« Eigentlich ist das schon magisch, dass das heute vor sechs Jahren war.
Zum Ende des Gespräches hat Dax Werner vorgeschlagen, dass wir uns noch »Changes« von Tupac anschauen. Im Anschluss wurde über geheime Bestattungen, versteckte Zahlensymboliken und aktuelle Sichtungen des Rappers diskutiert. Aus Geheimhaltungsgründen können wir diesen Teil des Interviews hier leider nicht veröffentlichen.
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