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Die schönsten Spaziergänge in Wien

veröffentlicht von david

Es lebe das Spazierengehen! Vor allem in Wien, wo die Idylle quer durch die Stadt reicht. Wir haben die schönsten Spaziergänge Wiens gesammelt.

Es ist eine unserer liebsten Beschäftigungen: Das Spazierengehen gehört zu Österreich wie der Stephansdom, die Habsburger-Monarchie oder gutes Bier (insbesondere Zwettler!). Dabei ist es ganz gleich, ob man alleine oder mit Freunden spazieren geht, ob es früh oder spät ist, warm oder kalt. Viel eher geht es um die geistige und körperliche Bewegung und das Stück Freiheit, das man bei jedem Spaziergang aufs neue erfährt. Ganz abgesehen davon sind lange Spaziergänge gut für die Gesundheit - und zwar in jeder Hinsicht .

Gewissermaßen bilden Spaziergänge ja ein Gegenpol zu der schnelllebigen, zielgerichteten Gesellschaft, in der wir heute leben. Vor allem in einer Großstadt wie Wien. Ein Spaziergang hat kein Ziel und sollte schon gar nicht hastig oder schnell sein. Stattdessen geht es darum, gelassen in die Welt hineinzuschlendern. Trotz der Tatsache, dass Wien der wirtschaftliche und politische Mittelpunkt Österreichs ist, können die Wiener genau das erstaunlich gut - was mit Sicherheit auch daran liegt, dass Wien ungeachtet seines Großstadtcharakters unfassbar gemütlich ist. Womöglich geht man in Wien gerade deshalb so gerne spazieren. Noch dazu sind lange Spaziergänge eine tolle Möglichkeit, um die Stadt mit all ihren Facetten besser kennenzulernen. Wir haben uns daher nach den schönsten Spazierrouten Wiens umgeschaut.

1. Erster Bezirk

Ein Spaziergang durch den ersten Bezirk einer der offensichtlichsten aber auch vielseitigsten Optionen. Er bietet eine Reise durch alles, was Wien zu bieten hat: kaiserlichen Prunk, Kaffeehäuser, zentrale Einkaufsstraßen und versteckte Gassen, Kirchen, Brunnen, Fiaker und Touristen, Theater, Universitäten, das Funkhaus, Antike und Moderne. Als Ausgangspunkte für den Spaziergang eignen sich etwa die U-Bahn-Stationen Volkstheater, Schottentor oder Karlsplatz. Von dort aus kann man sich problemlos seinen Weg in und durch den ersten Bezirk bahnen. Besonders spannend sind dabei übrigens die unzähligen kleinen Gassen, die der Bezirk zu bieten hat. Eine Abbiegung hier, eine Abbiegung da und plötzlich steht man mitten im wunderschönen Innenhof eines alten Hauses. Auch ein Abstecher in den Stadtpark bietet sich im Zuge einer Tour durch den ersten Bezirk an.

Beim Prater denken die meisten an eines von zwei Bildern: den Vergnügungspark inklusive Kaiserwiese oder die Prater Hauptallee. Doch wer sich einmal die Zeit nimmt, um den Prater genauer zu erkunden, merkt schnell: Das Areal hat so viel mehr zu bieten. Immerhin ist der Prater knappe sechs Quadratkilometer groß. Er ist irgendetwas zwischen Naherholungsgebiet, riesiger Sportwiese und Stadtwald. Und dann gibt es noch den WU-Campus, die Trabrennbahn und den Praterstern (inklusive berühmt-berüchtigten Billa). So viele Kontraste lassen sich nirgendwo sonst in einen Spaziergang packen. Wie auch im ersten Bezirk gilt im Prater das Motto „je planloser, desto besser". Die unscheinbaren Abzweigungen entlang der Hauptallee führen oftmals in ruhige Waldstücke, zu grünen Wiesen und an schöne Teiche. Und von dort aus geht es immer weiter in ungeahnte Tiefen.

3. Kahlenberg

Wer einen schönen Ausblick über Wien sucht, der sollte definitiv den Gipfel des Kahlenbergs besuchen. Er ist einer der besten Aussichtspunkte Wiens und mit den umliegenden Weinbergen eine der schönsten Gegenden der Stadt. Für einen gemütlichen Spaziergang zahlt es sich aus, mit der Buslinie 38A bis zur Endstation „Kahlenberg" zu fahren und von dort aus die Hügel zu erkunden. Oder man geht zu Fuß auf den Berg. Ob das dann noch ein Spaziergang ist, ist eine andere Frage. Eine richtige Wanderung ist es jedenfalls auch noch nicht.

4. Wilhelminenberg

Alternativ zum Kahlenberg bietet sich für einen weiten Blick über Wien auch ein Spaziergang am Wilhelminenberg an. Dieser liegt am Rande des 16. Bezirks und ist mit U-Bahn und Bus ziemlich gut erreichbar. Von der U-Bahn-Station Ottakring aus sind es circa 20-30 Minuten bis zu den Stadtwanderwegen 4 und 4a, die sich über den gesamten Wilhelminenberg und darüber hinaus erstrecken. Zudem bietet der Berg einige interessante Ziele: die Jubiläumswarte, das Schloss Wilhelminenberg, die Kuffner-Sternwarte und den gesamten Ottakringer Wald. Ein Tipp übrigens: Geht nicht im Hochsommer in der prallen Mittagssonne auf den Wilhelminenberg. Auch nicht auf den Kahlenberg. Ich spreche aus Erfahrung.

5. Türkenschanzpark

Wer in und um Währing zuhause ist, für den lohnt sich ein Spaziergang im Türkenschanzpark. Zwar ist er „nur" ein Park - aber was für einer! Blühende Pflanzen, strahlendes Grün, plätschernde Wasserstellen und mahnende Statuen: Der Türkenschanzpark bietet alles, was das Herz begehrt. Und mit dem anliegenden Sternwartepark, der Universität für Bodenkultur und den Außenrändern des 18. und 19. Bezirks gibt es auch um den Park herum viel zu erkunden.

6. Schönbrunn

Normalerweise ist Schönbrunn ja von Touristen nur so überlaufen. Deshalb bringt ein Spaziergang dort nicht immer die erwartete Ruhe mit sich. Während des diesjährigen Post-Corona-Sommers ist das ein bisschen anders - es gibt es kaum etwas Schöneres. Die Gärten sind ruhig und entspannt und die einzigen Mitmenschen sind entweder andere Spaziergänger oder Läufer. Und der Schönbrunner Park ist ja wirklich unglaublich idyllisch und weitläufig. Überall gibt es etwas zu entdecken: Statuen, Ausblicke oder gleich einen ganzen Irrgarten.

7. Lainzer Tiergarten

Ein wunderbarer Ort für Naturliebhaber ist der Lainzer Tiergarten am Rande von Hietzing. Die Bezeichnung „Tiergarten" ist hier aber womöglich etwas irreführend. Der Lainzer Tiergarten ein Tiergarten im Sinne eines riesigen Waldgebiets mit frei lebenden Wildbeständen. Mit seinen 25 Quadratkilometern ist es praktisch unmöglich, ihn auf ein Mal zu erkunden. Gerade das ist jedoch das Spannende. Es wird nie langweilig und man stößt immer auf neue Enden und Ecken des Gebiets.

Fun Fact: Die Wissenschaft des Spazierens

Übrigens: Dass wir beim Spazierengehen auf die besten Ideen kommen, ist kein Zufall. Die ruhige, rhythmische Bewegung beim Gehen , jenen Teil des Gehirns, der für das Lernen zuständig ist und vernetzt die Hirnhälften. Das wiederum fördert die Aufmerksamkeit. Nicht umsonst setzen selbst Führungskräfte großer Unternehmen auf stimuliert den Hippocampus Meetings im Spazierengehen. Steve Jobs ist bis heute bekannt dafür.

In der Vergangenheit beschäftigte das Spazierengehen einige Menschen sogar so sehr, dass es mittlerweile eine eigene Spaziergangswissenschaft gibt - die Promenadologie. Kein Scherz! Sie wurde vom Schweizer Soziologen und Ökonomen Lucius Burckhard begründet und untersucht als Disziplin der Kulturwissenschaft das Zusammenspiel von Gehen, Wahrnehmen und Denken. Laut ihm liegt die Kunst des Spazierens darin, „das nicht Zielgerichtete als zielführend zu begreifen", schreibt die deutsche Rundfunkanstalt . Weiter gehe es darum, „Fuß- und Gedankengang in einen Rhythmus zu bringen und somit das Denken als einen Prozess des Schritt-für-Schritt im wörtlichen Sinne zu erleben. Oberstes Gebot dabei: Bloß keine Eile!"

Gehen heißt Vorwärtsdenken!

Spazierengehen ist also viel mehr als eine nette Nebenbeschäftigung. Regelmäßige Spaziergänge fördern die Gesundheit und das Denkvermögen und bieten zugleich die Möglichkeit, völlig neue Teile der Stadt kennenzulernen. Spazierengehen ist eine Hauptbeschäftigung - das haben wir in Österreich schon lange verstanden.

Wer nach weiterer Inspiration für seine Spaziergänge sucht, findet auf wienzufuss.at , einer Kampagne der Mobilitätsagentur Wien, noch viele weitere Routen und Spaziermöglichkeiten. Grundsätzlich gilt aber: Es gibt keine Regeln. Ein gelungener Spaziergang beginnt mit dem Unbekannten, mit dem Wunsch, sich zu bewegen, ohne Ahnung, was das Ziel ist. Aus gutem Grund waren viele große Denker leidenschaftliche Spaziergänger. Der Philosoph und Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau schrieb etwa in seinen Bekenntnissen: „Ich kann nur im Gehen denken, sobald ich stehen bleibe, denke ich nicht mehr, mein Kopf arbeitet nur mit den Füßen gleichzeitig." Er fand auf langen Spaziergängen einen Zustand der Ruhe und des Glücks, den er „rêverie" (Träumerei) nannte. Treffender lässt sich das Spazierengehen wohl kaum beschreiben.

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