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Mokka, Einspänner, Fiaker? Wiener Kaffee erklärt. | waldviertler.wien

veröffentlicht von david

Wien ist bekannt für seine Kaffeehauskultur. Mit ihr enstanden auch einige interessante Kaffeekreationen. Die besten zehn haben wir zusammengefasst.

Die Geschichte des Kaffees in Wien ist lang. Sie reicht zurück bis ins Jahr 1683 - als die zweite Türkenbelagerung Wiens endet und die Truppen aus dem Gebiet Österreichs abziehen. Im Zuge dessen lassen die Türken ihre Kaffeebestände zurück, welche zum Grundpfeiler der Wiener Kaffee(haus)kultur werden sollten. Der Autor Gerhard Rekel beschreibt den Aufstieg des Kaffees in Wien in „ Der Duft des Kaffees " im Detail folgendermaßen:

„Ein in der belagerten Stadt lebender Pole, der in türkischer Uniform durch die Reihen der Belagerer schlich, gelang es, befreundete Truppen zu Hilfe zu holen. Wien wurde befreit, die Türken zogen ab, zurück blieben braune Hülsen. ‚Kamelfutter' dachten die Wiener und begannen es zu verbrennen und in die Donau zu werfen.

Kamelfutter' dachten die Wiener und begannen es zu verbrennen und in die Donau zu werfen."

Der Pole rettete einige hundert Sack, denn er wußte vom ‚Wein des Islam'. Jahre später eröffnete Georg Kolschitzky ein Wiener Kaffeehaus. Das erste in der Stadt Wien soll es gewesen sein, sagt die Legende, obwohl bereits armenische Kuriere zuvor mehrere Kaffeehäuser aufgemacht hatten. Mit wenig Erfolg. Angeekelt wandten sich die Wiener von dem an Tinte und Ruß erinnernden Trank ab, zu bitter, zu sandig, zu schwarz. Erst als die Kaffeehausbesitzer Milch und Honig hinzufügten und den Kaffee abseihten, die Kaffeeköche, also zu Kaffeesiedern wurden und das schwarze Wasser durch Verhätschelung den Wienern anpaßten, nahm das Volk den ‚Kleinen Braunen' und die ‚Melange' an."

Der kleine Braune oder die Melange - zwei Beispiele von vielen unter den Kreationen der Wiener Kaffeekultur. Doch was macht Wiener Kaffee eigentlich aus? Und was sind richtig typische Wiener Kaffeekreationen? Wir sind hier, um diese Fragen zu beantworten.

1. Kleiner Schwarzer / Mokka

Er ist die Grundlage aller Wiener Kaffeevarianten: der Kleine Schwarze, oftmals auch Mokka genannt. Dabei handelt es sich ganz einfach um einen schwarzen Kaffee ohne Milch und Zucker. Traditionell wurde er in der Seihkanne oder Karlsbader Kanne zubereitet - das sind im Prinzip Keramikkannen mit eingebautem Kaffeefilter. Heute kommt der Kleine Schwarze fast ausschließlich aus der Espressomaschine.

2. Großer Schwarzer

Der Name lässt es bereits vermuten: Ein Großer Schwarze ist dasselbe wie ein Kleiner Schwarzer - nur in größerer Menge. Genaugenommen ein doppelter. Der Große Schwarze ist somit heute nichts anderes als ein doppelter Espresso.

3. Kleiner Brauner, Großer Brauner

Eigentlich sind der Kleine Braune und Große Braune nahezu selbsterklärend. Ein kleiner Brauner ist ein einfacher Mokka mit (flüssigem) Schlagobers und ein großer Brauner ist ein doppelter Mokka mit Schlagobers.

In vielen Kaffeehäusern bekommt den Kleinen oder Großen Braunen mittlerweile mit Milch statt Schlagobers. Das Original gibt es nur mehr in den alteingesessenen Wiener Kaffeehäusern.

4. Verlängerter

Ein Klassiker in Wien und (wie auch die meisten anderen Wiener Kaffeevarianten) oft ein Rätsel für alle Nicht-Österreicher: Der Verlängerte. Dabei handelt es sich um einen kleinen Schwarzen, der mit heißen Wasser „verlängert" (verdünnt) wird. Getrunken wird er schwarz oder mit Schlagobers beziehungsweise Milch.

5. Wiener Melange

Die Wiener Melange. Der Klassiker. Ein Kaffee mit Milch und Milchschaum. Melange bedeutet im Französischen „Mischung", was in diesem Zusammenhang eigentlich alles erklärt.

Bei der Wiener Melange wird die Tasse bis zur Hälfte mit Kaffee gefüllt und mit aufgeschäumter Milch gemischt. Dadurch ähnelt die Melange stark dem Cappuccino - und in machen Cafés bekommt man unter dem Namen Melange und Cappuccino dasselbe. Doch die beiden sind nicht dasselbe. Während nämlich bei der Melange die Hälfte der Tasse mit Kaffee gefüllt wird, macht beim Cappuccino der Kaffee nur ein Drittel der Tasse aus. Außerdem wird bei klassischen Wiener Melange eine mildere Kaffeesorte verwendet. Das ist zwar ziemlich kleinliche Kritik - aber die beiden sind nicht dasselbe.

6. Milchkaffee

Der Name sagt bereits alles. Beim Milchkaffee steht die Milch im Vordergrund. Er ist das Wiener Pendant zum Latte Macchiato und besteht zu einem Drittel aus heißer Milch, einem Drittel Milchschaum und einem Schuss Mokka.

7. Einspänner

Der Einspänner ist die erste Wiener Kaffeekreation auf der Liste, bei der der Name noch nichts verrät. Ein Einspänner ist ein einfacher oder doppelter Mokka mit einer ausgiebigen Krone an kaltem Schlagobers und Puderzucker. Traditionell wird er durch die Schlagobershaube getrunken, durch die der Kaffee auch länger heiß bleibt. Außerdem wird der Einspänner üblicherweise in einem Becher mit Henkel serviert.

Hier kommt der Name wieder ins Spiel. Der Einspänner hat seinen Namen von einspännigen Pferdefuhrwerken, deren Kutscher den Kaffee gerne in den Pausen trunken. Sie hatten eine Hand an den Zügeln, und in der anderen den Kaffee. Daher der Henkel.

8. Fiaker

Die Wiener Fiaker und Kutscher dürften ausgiebige Kaffeetrinker gewesen sein, die ihren Kaffee manchmal auch gerne mit Schuss trunken. Wie sonst ließe sich der „Fiaker" erklären: ein Kaffee bestehend aus einem großen Mokka, viel Zucker, 2cl Rum oder Schnaps und einer Haube aus Schlagobers. Er wurde seinem Namen entsprechend gerne von den Wiener Fiakern getrunken. Sicher auch, um sich warm zu halten.

9. Kapuziner

An Kreativität bei der Namensgebung haben die frühen Wiener Kaffeesieder jedenfalls nicht gespart: Der Kapuziner heißt deshalb so, weil seine dunkelbraune Farbe an die Kutte der Kapuzinermönche erinnert. Er besteht aus einem kleinen Mokka mit ein paar Tropfen Schlagobers für die Färbung und einer Haube aus Schlagobers.

10. Zarenkaffee

Wem die bisherigen Kaffeesorten noch nicht ausgefallen genug sind, der dürfte vielleicht mit dem Zarenkaffee glücklich werden: Eine Kaffeekreation, die österreichischer nicht sein könnte. Es handelt sich um einen einfachen Mokka mit einer Haube aus gezuckertem und verquirltem Eigelb. Dadurch schwimmt - um metaphorisch jetzt ganz weit auszuholen - sozusagen ein Teil eines Kuchenstücks direkt im Kaffee.

Wien bietet also viel mehr als Cappuccino, Americano oder Latte Macchiato. Und das sollte man ausnutzen. Großer Brauner, Melange oder Einspänner sind ein Stück Kulturgut, die - sofern man Kaffee mag - verdammt gut schmecken. Also: Nichts wie auf ins nächste Kaffeehaus.

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