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100 Prozent Bio-Kraftstoff: Fliegen ohne Ruß und Reue?

Eine neue Studie untersucht weltweit zum ersten Mal, wie sich vollständig nachhaltiger Flugkraftstoff auf den Betrieb von Flugzeugen und auf die Emissionen der Triebwerke auswirkt. Der synthetische Kraftstoff SAF wird aus hydroprozessierten Estern und Fettsäuren gewonnen. 2021 fanden mehrere Tests statt.

Forschungsflugzeug misst Abgase in 100 Meter Entfernung

Vom oberbayerischen Oberpfaffenhofen aus ist im November das Forschungsflugzeug "Falcon 20E" Richtung Mittelmeer gestartet. Die kleine Maschine des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat eine Langstreckenmaschine für den Passagierflugverkehr vom Typ A350 verfolgt, um in die Abgasstreifen des Airbus zu fliegen und dort den Ausstoß von Ruß-Partikeln zu messen. Dabei nähert sich das kleine Flugzeug dem Airbus bis auf 100 Meter und ist deshalb großen Turbulenzen ausgesetzt.

An der Studie beteiligt sind neben dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auch der Flugzeugbauer Airbus, der Triebwerkebauer Rolls Royce sowie "Neste", der finnische Hersteller des Biotreibstoffs SAF. Um einen Vergleich der erzeugten Emissionen herzustellen, fliegt der A350 abwechselnd mit SAF und mit herkömmlichem fossilem Kerosin.

Deutlicher Emissionsrückgang durch SAF

Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Die Triebwerke erzielen schon bei der Verwendung einer 50-50-Mischung aus Kerosin und dem nachhaltigen Kraftstoff eine Halbierung der Eiskristallanzahl im Kondensstreifen unter realen Flugbedingungen. Dies führt laut DLR zu einer 20 bis 30 Prozent geringeren Klimawirkung der Kondensstreifen.

Bei der Verbrennung von 100 Prozent Biotreibstoff werden die Rußpartikel und die Eisanzahlen aber noch stärker reduziert, sagt Prof. Dr. Christiane Voigt, die die Forschungsflüge beim DLR wissenschaftlichen leitet.

Klimakiller Kondensstreifen

Die Kondensstreifen haben laut Voigt den größten Beitrag des Luftverkehr zur Klimaerwärmung. Das liegt an den Rußpartikeln, die von Flugzeugtriebwerken ausgestoßen werden. Sie wirken als Kondensationskeime für winzige Wassertropfen, die auf Reise-Flughöhe und bei feuchter Luft zu Eiskristallen gefrieren und schließlich als Kondensstreifen am Himmel sichtbar werden.

Die Kondensstreifen, schreibt das DLR, können je nach Sonnenstand und Untergrund lokal eine wärmende oder kühlende Wirkung entfalten. Dabei zeigen zahlreiche Forschungsarbeiten, dass global die wärmende Wirkung überwiegt, indem die Streifen die Wärmestrahlung der Erde reflektieren.

Bessere Luft oben und unten

Durch die Emissionsmessungen der Falcon konnte gezeigt werden, dass sich der Einsatz von Biotreibstoffen lohnt, um die Partikelemissionen im Flugverkehr in Zukunft deutlich zu reduzieren und damit den Flugverkehr klimafreundlicher zu gestalten, so die Auswertung der ersten Ergebnisse.

Die Messungen wurden auch auf dem Boden ausgeführt und zeigten ebenfalls erhebliche Einsparungen von Emissionen. Daraus schlussfolgert Prof. Dr. Voigt, dass die Luftqualität durch die Verwendung von Biotreibstoffen auch an Flughäfen erheblich verbessert würde.

Das Vermeiden von Kondensstreifen kann aber auch ohne Biosprit erzielt werden, sagt Voigt. Dazu müsse man aber Regionen und Flughöhen umfliegen, in denen sich Kondensstreifen bilden. Es gebe die Möglichkeit, die Wetterbedingungen und Kondensstreifenregion in die Flugrouten einzuplanen. So könnte man täglich und stündlich wettergenau Regionen umfliegen, in denen sich Kondensstreifen bilden, so Christiane Voigt.

Bio-Treibstoffe noch zu teuer und zu rar

Die Forschung zeigt, dass klimafreundliches Fliegen durchaus möglich ist. Neben der Reduktion von Rußpartikeln kann auch die CO2-Bilanz der Luftfahrt theoretisch durch Methoden wie dem Einsatz von auf Algen basierten Biosprit ausgeglichen werden. Doch die Industrie ist trotz des Engagements von Airbus oder Rolls Royce noch lange nicht soweit. Denn bislang sind synthetische Biokraftstoffe noch viel teurer als das klimaschädliche Kerosin und kaum verfügbar.

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