2 Abos und 4 Abonnenten
Artikel

Neues Licht

Zwischen 30 und 50 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in deutschen Kommunen entfallen auf die Beleuchtung der Straßen. Durch den Austausch veralteter Leuchtkörper und intelligente Steuerungskonzepte lassen sich Stromkosten in erheblichem Maße einsparen.

Aus München Daniela Becker

Die Gemeinde Aldersbach im Landkreis Passau ließ 2011 durch ein Fachbüro einen Energieatlas erstellen, um zu ermitteln, wo die Kommune noch Energie einsparen kann. Vom Ergebnis war Dorfkämmerer Reiner Feldl durchaus überrascht: Der Stromverbrauch der Straßenbeleuchtung für die rund 4.500 Einwohner lag sogar noch über dem vom Klär- und vom Wasserwerk.

Da steht sie, die neue LED, die in Aldersbach eine Quecksilberdampflampe ersetzt. (Foto: Stadt Aldersbach)

Etwa 286.000 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchten die knapp 700 klassischen Hochdruck-Quecksilberdampflampen (HQL), sogenannte "Pilzleuchten", wie sie millionenfach in Deutschland zu finden sind. Jede einzelne dieser Leuchten kam auf durchschnittlich 139 Watt und verursachte Stromkosten von 131 Euro im Jahr. Dazu kamen noch jährlich rund 30 Euro Wartungskosten. Die Gemeinde sah sich gezwungen zu handeln.

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums gibt es in den 14.000 deutschen Kommunen rund 9,5 Millionen Straßenlaternen, die zusammen jährlich vier Milliarden Kilowattstunden Strom verbrauchen. Zwischen 30 und 50 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in deutschen Kommunen entfallen auf die Beleuchtung der Straßen, rechnet die Deutsche Energieagentur (Dena) vor. Insgesamt könne sich der Stromverbrauch von Kommunen um ein Viertel senken lassen.

Ein gewaltiges Sparpotenzial, das auch die Europäische Kommission erkannt hat. Gemäß der europäischen Energieeffizienzrichtlinie dürfen HQL ab kommendem Jahr nicht mehr vertrieben werden. Diese Verbote, aber auch das gestiegene Klimaschutzbewusstsein, haben eine Modernisierungswelle in deutschen Kommunen ausgelöst.

Trend zu LED

Im Jahr 2011, als Aldersbach begann über die Modernisierung nachzudenken, waren viele Kommunen noch zögerlich und entschieden sich bei Neuanschaffungen vor allem für effizientere Natriumdampflampen (NAV). "LEDs wurden Mitte 2011 nur von einem Prozent der Befragten in Betracht gezogen", sagt Ines Hanske, die beim Forschungsinstitut Trendresearch die Entwicklung der Straßenbeleuchtungssysteme beobachtet. Als Gründe seien damals vor allem die hohen Anschaffungskosten für LEDs und auch Skepsis vor der neuen Technologie genannt worden.

Bei der Technologie sei man sich im 16-köpfigen Gemeinderat von Aldersbach schnell einig gewesen, sagt Feldl, so eindeutig seien die Vorzüge der LEDs gewesen. Der Verbrauch der neuen Leuchten liegt bei 22 Watt. Die Jahresstromkosten (inklusive Netzkosten je Lampe) liegen damit bei rund 28 Euro - fast vier Fünftel weniger als zuvor. Das Beste: Der Hersteller war von seinem Produkt derart überzeugt, dass die Aldersbacher 20 Jahre Garantie aushandeln konnten. "Weniger Stromverbrauch, weniger Wartungskosten und lange Haltbarkeit - das sind die drei Argumente, die inzwischen immer mehr Kommunen überzeugen. Der Trend geht inzwischen eindeutig zur LED", sagt Hanske.

In Aldersbach wurden von den vorhandenen 700 Leuchten Ende 2012 insgesamt 483 durch LEDs ersetzt. Auch die Bürger seien zufrieden, sagt Feldl. "Die Rückmeldungen sind überwiegend positiv." Denn während die Pilzleuchten das Licht radial verteilten, haben die neuen LEDs einen sehr gerichteten Kegel. "Dadurch ist das Licht nur da, wo wir es haben wollen, nämlich auf der Straße und nicht in irgendwelchen Schlafzimmern oder an Hauswänden", sagt Feldl.

Gegen Nachtabschaltung

Neben dem Lampenaustauch besteht die Möglichkeit einer intelligenten Steuerung der Straßenbeleuchtung. Einige Kommunen nutzen das für eine Halbnacht- oder Nachtabschaltung. "Dagegen wächst allerdings der Widerstand aus der Bevölkerung", sagt Hanske von Trendresearch. Eine andere Möglichkeit Energie zu sparen sind Dimmtechnologien, um eine Nachtabsenkung zu erreichen. In Göttingen startete im Jahr 2011 ein Pilotprojekt: LED-Leuchten werden auf 20 Prozent ihrer Leistung gedimmt und entwickeln ihre volle Lichtstärke erst dann, wenn Verkehrsteilnehmer im Erfassungsfeld auftauchen.

Daneben gibt es Steuerungskonzepte wie zum Beispiel vom Unternehmen Dial4Light: Öffentliche Räume wie dunkle Straßen, Sportanlagen, Radwege oder Parkplätze lassen sich von registrierten Nutzern über ein Telefonkommando beleuchten. "Ob sich das deutschlandweit durchsetzen wird, ist fraglich, weil der Bürger hier stark gefordert ist", meint Hanske.

Aldersbach zahlte für die Modernisierung 291.000 Euro. Durch die deutlich gesunkenen Stromkosten soll sich das in knapp sechs Jahren amortisiert haben. Obwohl sich die Anschaffung rentiert, sind Investitionen in solchen Höhen für viele Kommunen aber schwer zu stemmen. "Größere Gemeinden rüsten meist sukzessive um, weil die Gesamtinvestitionssumme ansonsten zu hoch ist", sagt Hanske.

Für Kommunen gibt es die Möglichkeit, über die KfW-Förderbank ein zinsgünstiges Darlehen zur Modernisierung der Straßenbeleuchtung zu erhalten. Bei der Ausschreibung können mehrere Kommunen zusammenarbeiten, wie das in Aldersbach der Fall war. Die bayerische Gemeinde hat sich mit ihrer Nachbargemeinde die Kosten für das Ingenieurbüro geteilt und konnte zudem eine größere Menge von den Lampenherstellern anfragen.

Altes Licht: Zwischen 30 und 50 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in deutschen Kommunen entfallen auf die Beleuchtung der Straßen. (Foto: Verena Kern)

Bislang funktionieren die neuen LEDs in Aldersbach. Und sollte doch mal etwas sein, sei der Austausch sehr unkompliziert, meint Reiner Feldl. Besonders zufrieden macht den Gemeindekämmerer jedoch, das nicht mehr jede Nacht sinnlos Energie verbrannt wird. Dadurch spart Aldersbach nicht nur jährlich 48.000 Euro, sondern vermeidet gleichzeitig den Ausstoß von fast 50 Tonnen CO 2.

Please enable JavaScript to view thecomments powered by Disqus.comments powered by

Diesen Text mit einem Klick honorieren: [Erklärung]

Übrigens: Guter Journalismus kostet...

Sie können die Texte auf klimaretter.info kostenlos lesen. Erstellt werden sie jedoch von bezahlten Redakteuren. Unterstützen Sie den Klimaretter-Förderverein Klimawissen e. V. einmalig durch eine Spende oder dauerhaft mit einer Fördermitgliedschaft.

Spendenkonto
Zum Original