Deutschland hat endlich seine Slacker-Queen. Ilgen-Nur liefert mit "Power Nap" ein starkes Debüt ab, welches selbst mit Szenegrößen aus den USA mithalten kann.
Ilgen-Nur Borali, mittlerweile nicht mehr Wahl-Hamburgerin, sondern Wahl-Berlinerin sorgte schon mit ihren ersten musikalischen Outputs für Aufsehen in der deutschen Indie-Szene. Mit "Cool" oder "17" lieferte sie Indie-Hits ab, die man sonst nur aus den USA kennt. Starke Songs, die ihren Ausbruch aus der schwäbischen Provinz hinein in die Großstadt Hamburg beschreiben. Wer ihre Songs hört, merkt schnell wieviel Talent in ihr lodert. Ein Talent was uns beinahe verwehrt geblieben wäre.
„Hätten mir nicht mit 12, 13 irgendwelche dummen Jungs das Gefühl gegeben, dass ich nichts auf dem Kasten habe, hätte ich schon vor vier, fünf Jahren, mit 18, mit 19, was rausgehauen. Ich habe so lange gebraucht, mein Selbstbewusstsein wieder aufzubauen."
Wir dürfen also froh sein, dass uns nun mit "Power Nap" ein ausgefeiltes Debüt einer selbstbewussten und umso mehr talentierten Künstlerin erwartert. Schon die erste Single-Auskopplung "In My Head" stellt einen fabelhaften Opener für die halbstündige Platte dar. Ein treibender Beat, während Ilgen in ihrem Kopf feststellt, wie wichtig es ist Zeit für sich selbst zu haben.
Auch die zuletzt erschienene Single "Nothing Surprises" verlässt sich auf diese Grundelemente. Im Vergleich zur EP hat Ilgen ihren Gesangsstil aber nochmal verfeinert. Die Produktion ist generell glatter, aber dadurch nicht langweilig. Es ist schön, immer wieder neue Details in den Songs zu erkennen, wie das spät einsetzende Saxophon in "Soft Chair".
Wer sich durch das Album hört, merkt schnell, dass das Niveau der Songs keineswegs sinkt. Mit "TV" gibt es einen stark von den Drums (Schlagzeuger Simon Starz) geprägten Smasher über die Generation Social Media. Eine Generation, welche sich ständig mit anderen vergleicht, und dadurch unglücklich wird. Mit ihrer Art Texte zu schreiben und dazu Musik zu machen muss sich Ilgen-Nur keineswegs vor , Soccer Mommy oder Courtney Barnett verstecken. Selbst mit nur wenig Text, schafft Ilgen eine berührende Atmosphäre, so geschehen bei "Easy Way Out".
Das Debüt "Power Nap" von Ilgen-Nur ist das perfekte Beispiel dafür, dass vor allem von Frauen noch viele musikalische Highlights zu erwarten sind. Die Zeiten des privilegierten männlichen Indie-Quartetts sind vorbei. Das wütend vor sich hin schrammende "You're a Mess" passt da nur zu gut. Abgerundet wird die Platte vom charmanten Piano-Stück "Deep Thoughts".
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