Die uneingeschränkte, individuelle Freiheit in liberalen Demokratien ist eine Fiktion, der wir blind folgen - mit dieser Volte provoziert der slowenische Philosoph Slavoj Zizek inmitten der Impfpflichtdebatte. Er hält nicht nur Impfgegner*innen, sondern auch all jene für irre, die meinten, es gebe bei der Frage nach dem Impfen überhaupt eine freie Wahl. Schließlich habe man in liberalen Gesellschaften nur Optionen, die sich innerhalb des Rahmens grundsätzlicher Normen der Gemeinschaft befinden - ein Individuum unterwerfe sich von vornherein diesen Normen, wenn es nicht die Wahl innerhalb der Koordinaten dieser Gesellschaft selbst verlieren will. Die Paradoxie einer Wahl, die eigentlich keine ist, sei somit konstitutiv für die liberale Demokratie. Bei der Frage, ob man sich Impfen lasse, gebe es daher eigentlich ohnehin nur eine Option - egal ob man das Zwang, Pflicht oder freie Entscheidung nenne. Schließlich berühre diese Frage die zentrale Aufgabe des Staates, individuelle Freiheit dort einzugrenzen, wo sie andere gefährdet.
Zum Original
Cornelius Janzen
Journalist & Filmmaker
TV-Beitrag