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Bitte recht feindlich

Was tun, wenn man rassistisch angegriffen wird und niemand hilft? Eine umstrittene Option: mit dem Handy filmen. Drei Erfahrungsberichte

„Racism is not getting worse. It's getting filmed." Der Rassismus wird nicht schlimmer, er wird nur gefilmt. Dieses Zitat von Will Smith stammt aus dem Jahr 2016, passt aber immer noch schmerzlich gut.

Am 25. Mai dieses Jahres filmte der US-Amerikaner Christian Cooper eine Auseinandersetzung mit einer weißen Frau im New Yorker Central Park. Sie drohte ihm, die Polizei zu rufen und ihr zu sagen, „dass hier ein afroamerikanischer Mann ist, der mein Leben bedroht". Eine Lüge: Cooper, der im naturgeschützten Teil des Parks Vögel beobachtete, hatte die Frau lediglich gebeten, ihren Hund anzuleinen. Obwohl sie ihre Drohung umsetzte, endete die Begegnung glimpflich. Harmlos war ihre Anschuldigung aber nicht.

Das Video sorgte für Empörung und wird von vielen als Symbol für den alltäglichen Rassismus gegen schwarze Menschen gesehen. Die Frau muss sich nun wegen Falschaussage vor Gericht verantworten. Am selben Tag wurde George Floyd in Minneapolis von einem weißen Polizisten ermordet - einer von vielen Fällen von Polizeibrutalität gegen Schwarze in den USA. Wieder spielte ein Handyvideo eine Rolle: Eine 17-jährige Passantin hatte die Tat gefilmt. Die Bilder gingen um die Welt.

Auch in Deutschland tauchen immer wieder Videos auf, in denen Menschen sich gegen rassistische Attacken wehren, indem sie die Handykamera anmachen. 2018 filmte ein schwarzer Mann in Bellenberg in Bayern, wie ein weißer Autofahrer ihn beleidigte und bedrohte. Der Täter konnte ermittelt werden und erhielt eine Geldstrafe. Weil er in der online veröffentlichten Aufnahme aber unverpixelt zu sehen war, wurde zeitweise auch gegen den Mann ermittelt, der das Video gefilmt und hochgeladen hatte - wegen Verletzung des Kunsturhebergesetzes, genauer gesagt dem Recht am eigenen Bild. (...)


Fluter.de, 24. August 2020.

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