Cori S. Socaciu

Autorin | Social Entrepreneur | Consultant, Ffm

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Arbeitsmarkt: Berufseinsteiger rügen unfaire Bedingungen

Vincent Jünger, Anusch Arash und Tobias Huth (v.l.) berichten über die Chancen junger Menschen. Foto: Rolf Oeser

Beim Hessischen Sozialforum fordern ältere Zuschauer „Grundeinkommen für alle" und „mehr Pazifismus", junge Teilnehmer haben andere Sorgen. Sie beklagen die Bedingungen für Berufseinsteiger.

"Was hindert uns daran, gut zu leben?", war eine der Fragen, mit der das 10. Hessische Sozialforum am Samstag im Haus am Dom eingeladen hatte. Dass die Kluft der Interessen dabei aber nicht nur parteipolitisch bedingt ist, sondern auch zwischen den unterschiedlichen Generationen vorherrscht, zeigte sich bereits an den Diskussionsschwerpunkten der Teilnehmer. Während ältere Zuschauer „Grundeinkommen für alle" und „mehr Pazifismus" forderten, trieben junge Teilnehmer andere Sorgen um.

„Das kann nicht die Zukunft unserer Gesellschaft sein", sagte Tobias Huth, Vorsitzender der DGB-Jugend. Für junge Menschen sei es unter den aktuellen Arbeitsmarktbedingungen unmöglich geworden, eine Familie zu gründen und für die Zukunft zu planen. Es sei Normalität geworden, dass Azubis am Ende ihrer Ausbildung nur noch Zeitverträge erhielten und anschließend für weniger Geld als Leiharbeiter arbeiten müssten.

Auch einen Mindestlohn gebe es nicht während der Ausbildung, beklagte Huth. Während in der Automobilbranche bis zu 1000 Euro monatlich üblich seien, würden Friseure ihre Auszubildenden mit etwa 300 Euro entlohnen. „Um das zu ändern, braucht es mehr Massen, die auf die Straße gehen", sagte der 38-Jährige. Damit forderte er auch ein breiteres Engagement aller Gesellschaftsschichten für die Interessen junger Menschen.

Soziale Herkunft entscheidet

Mit Zukunftsfragen beschäftigte sich auch der stellvertretende Landesschulsprecher, Anusch Arash. Noch immer würde die soziale Herkunft über den Verlauf der schulischen und beruflichen Karriere entscheiden. „Alle Menschen verdienen die gleichen Chancen im Schulsystem", sagte der 20-Jährige. Tatsächlich hätten Facharbeiterkinder heute aber 14-mal schlechtere Chancen ein Gymnasium zu besuchen.

Nach Lösungen für diese Probleme junger Menschen hätten Huth und Arash bisher vergebens auf dem Hessischen Bildungsgipfel gesucht. „Der Bildungsgipfel ist ein Gipfel der politischen Farce", sagte Arash. „Es ist eine Veranstaltung, die ihren Namen nicht verdient."

In den bisherigen Sitzungen habe es kaum Fortschritte gegeben, um die Richtlinien der UN-Konvention für Kinder und Menschen mit Behinderungen zu realisieren. „Der Gipfel ist bereits gescheitert, noch ehe überhaupt Fragen nach sozialer Gerechtigkeit geklärt werden konnten", konstatierte der Landesschulsprecher.

Fairness und Teilhabe sei jedoch auch jungen Menschen nicht garantiert, die den Sprung aufs Gymnasium schaffen und schließlich an einer Universität studieren könnten, sagte Vincent Jünger, Student und Asta-Vorsitzender an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen. „Wir brauchen mehr Finanzierungsmöglichkeiten für das Studium", sagte er. Das Deutschlandstipendium, das ursprünglich für acht Prozent der Studierenden ausreichen sollte, decke lediglich 0,8 Prozent ab.

Eine gute Nachricht brachte Jünger jedoch auch mit. In Zusammenarbeit mit der Hochschulleitung sei es dem Asta gelungen, 17 Flüchtlingen eine Unterkunft in Sankt Georgen zu stellen und folgerte: „Es gibt auch Dinge, die man verändern kann."

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