Cori S. Socaciu

Autorin | Social Entrepreneur | Consultant, Ffm

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Erzählte Zeitgeschichte im Black History Month

Die Initiative für schwarze Menschen setzt sich für eine bessere Verständigung ein. Für Februar lädt sie zum Festival „Africa Alive" ein. Es umfasst Filme, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte.

„Man wird anders wahrgenommen", sagt Ismahan Wayah. In ihrer Nachbarschaft seien ihre Eltern und sie die einzige schwarze Familie gewesen, in der Schule und im Kindergarten habe es kaum schwarze Kinder gegeben. Spätestens im Lehramtstudium habe sich für sie abgezeichnet, was sie zuvor nicht konkret in Worte fassen konnte.

„Im eigenen Land werde ich manchmal wie eine Fremde behandelt", sagt die 28-Jährige. Häufig würden Menschen betont langsam mit ihr sprechen, als verstehe sie die Sprache nicht oder sie werde gleich auf Englisch angesprochen. „Manche Menschen nehmen automatisch an, dass ich mich hier nicht auskenne und man mir Regeln und Gesetze erklären muss, obwohl ich von klein auf in Deutschland aufgewachsen bin", sagt die Doktorandin. Vorurteile dieser Art habe sie auch in weiteren Lebensbereichen erfahren, etwa bei der Wohnungssuche und in Bewerbungsgesprächen für Arbeitsstellen.

Die Initiative für schwarze Menschen in Deutschland (ISD) entdeckte die Geisteswissenschaftlerin erst zum Ende ihres Studiums hin. Einmal im Monat trifft sich Wayah seitdem mit ihrer Ortsgruppe zum Kaffeeklatsch. „Es ist wie ein Ventil", sagt sie. Mit anderen Mitgliedern der ISD könne sie offener über viele ihrer Erfahrungen sprechen, die sie sowohl als schwarze Deutsche als auch als Feministin und Muslimin im Laufe der Zeit gemacht hat. „Das Schlimmste ist nämlich, wenn man erlebten Rassismus rechtfertigen muss, weil jemand, dem du das erzählst, deine Erfahrungen niemals gemacht hat und vieles nicht nachvollziehen kann", sagt die Literaturwissenschaftlerin aus Münster.

Am 30. Januar um 20 Uhr ist Ismahan Wayah zu Gast in Frankfurter „Storytelling Salon" in der Jugendkulturkirche St. Peter. Zum Erzählabend rund um das Thema „Bewegung" im Sinne einer afrodeutschen Menschenrechtsbewegung hat die Frankfurter ISD-Gruppe drei weitere Gäste eingeladen. Mit der afrikanischen Tradition der mündlichen Geschichtsüberlieferung beabsichtigt Hadija Haruna, die Initiatorin der Frankfurter ISD-Veranstaltung, Zeitgeschichte möglichst vielfältig zu beleuchten.

Eingeladen hat Haruna neben Ismahan Wayah auch die Autorin, Filmemacherin und Aktivistin Asoka Esuruoso, den Soziologen Ibrahim Halil Özak und die amerikanische Professorin vom Wellesley College Layli Maparyan. „Die Veranstaltung soll Wissen und Lebenserfahrung vermitteln", sagt Initiatorin Hadija Haruna. „Dadurch sollen Denkprozesse in Gang gesetzt werden."

Festival als Chance begreifen

Der Erzähl-Salon ist zugleich auch Auftaktveranstaltung für die aus dem afroamerikanischen Raum übernommene Tradition des Black History Month, dem sogenannten Monat der schwarzen Geschichte. Seit 1926 wird der Festmonat im Februar abgehalten.

Unter den vielfältigen Events, die im kommenden Monat deutschlandweit von verschiedenen Vereinen zum Thema Black History organisiert werden, gibt es in Frankfurt bis zum 7. Februar das Festival „Africa Alive" mit Filmen, Lesungen, Ausstellungen und Konzerten.

Ismahan Wayah, die sich auch in ihrer Dissertation mit afrikanischen Identitäten befasst, sieht in Veranstaltungen dieser Art die Chance zu besserer kultureller Verständigung. „Man kann viel ändern, wenn man bereit ist, sich mit den Erfahrungen von Menschen zu befassen, die als anders markiert werden - seien es Schwarze, Roma oder eine andere Gruppe -, und viel zuhört."

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