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Aktienmarkt in Dur und Moll

Financial Times Deutschland - Kultur  |  28. Oktober 2004   

Schwedischer Künstler vertont Börsenkurse   

von Clemens Bomsdorf, Stockholm

"La, la, la, la", singt der Microsoft- Bass in ständig variierender Tonhöhe. Die Sopranstimme von Ebay gibt denselben Text wieder, aber leicht zeitversetzt und in anderen Tonlagen.

Für sein Werk „Nasdaq Vocal Index“ hat der schwedische Künstler Ola Pehrson die Kursentwicklung der acht umsatzstärksten Titel an der amerikanischen Technologiebörse „Nasdaq“ in Noten umgewandelt, die er live von einem Chor singen lässt. Im Juni 2005 wird das ungewöhnliche Werk sogar in der kubanischen Hauptstadt Havanna aufgeführt.

Das Klangbild wird von einer Software gesteuert, die das Handelsgeschehen in Noten umwandelt. Vier Papiere mit den größten Umsätzen werden jeweils von zwei Männern gesungen, vier weitere von zwei Frauen. Die Entwicklung der Kurse und Umsätze gibt Tonlage und Tonfolge vor.

Wird ein Geschäft zu einem höheren Kurs als dem vorherigen abgeschlossen, steigt auch die Tonlage – je 0,2 Prozent Kurssteigerung um eine Tonstufe. Fällt der Kurs, geht auch die Stimme nach unten. „Die Kurse zu singen erfordert genauso viel Konzentration wie vor dem Bildschirm zu sitzen und Aktien zu handeln“, sagt der Künstler.

Stille bedeutet, dass die Handelspartner sich nicht einigen konnten und zurzeit kein Umsatz stattfindet; Lärm signalisiert rege Geschäftstätigkeit – wie im wirklichen Wirtschaftsleben. „Interessant klingt die Musik nur, wenn viel gehandelt wird und die Kurse sich entwickeln. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie nach unten oder oben gehen“, sagt Ola Pehrson.

Er sieht eine Parallele zu den Börsenmaklern, denen es auch nur auf den Umsatz und nicht die Kursentwicklung ankomme. Pehrson bezeichnet sich als kapitalismuskritischen Menschen: „Mir passt diese Wachstumsfokussierung nicht. Als müsste es immer nur nach oben gehen. Aber das liegt vielleicht im Menschen drin.“

Der schwedische Künstler setzt sich in seinen Werken immer wie- der mit der Wirtschaft auseinander. Vor einigen Jahren präsentierte er auf der Art Basel die „Yucca Investment Trading Plant“. Einer kleinen Palme klebte er Sensoren an, die die Photosynthese der Pflanze maßen und abhängig von der Aktivität Kauf- oder Verkaufsentscheidungen am Aktienmarkt trafen.

Der Pflanze gelang es mehrfach, den Stockholmer OMX-Index und den Nasdaq 100 zu schlagen. „Das sagt doch einiges über das Können der Anlageprofis aus“, glaubt der Künstler.