Kollegah präsentierte in Augsburg seine Rap-Künste. Auch bei schnellsten Stücken geriet er nicht außer Atem, dafür war sein Konzert aber nach nicht einmal einer Stunde schon vorbei. Von Claudia Hamburger
Für eine gute Songansage existiert kein Rezept. Deswegen wird diese Art der Interaktion mit dem Publikum bei Konzerten recht unterschiedlich gehandhabt. Es gibt Musiker, die erzählen, was sie zu dem Song inspiriert hat. Es gibt andere, die einfach nur den nächsten Titel in ihr Mikro schreien und davon ausgehen, dass die Menge allein schon dadurch ausrastet. Dann gibt es wiederum welche, die komplett auf Ansagen verzichten. Und es gibt Kollegah.
Der selbst ernannte (neue) „King of Rap" ist auch der König der schlechten Songansagen. Denn viel plumper geht es nicht. Bei seinem Auftritt in der (nicht ausverkauften) Kantine verpackt der 31-Jährige den Titel des jeweils folgenden Liedes in eine banale Erzählung oder stumpfe Inszenierung. Er legt zum Beispiel dar, wie er am Morgen aufgewacht sei und in sein Spiegelbild geblickt habe. Dabei habe er gedacht: „Du bist Boss." Auf diese Ansage folgt sein Song „Boss". Dann wiederum sagt er mit einer Stimme, die nach auswendig gelernt klingt: „Wir sind heute aus Düsseldorf angereist. Dafür haben wir nur eine Stunde gebraucht. Wisst ihr, was der Trick war? - Wir haben einen Lamborghini Kickdown gemacht!" Und schon folgt sein Track „Lamborghini Kickdown". Ein anderes Mal legt sich sein Homie Frederic theatralisch auf den Boden. „Ich kann nicht mehr", sagt er. Und Kollegah fragt: „Wat is' denn los mit dir?" Auch das ist der Titel eines seiner Songs.
Kollegahs Fans grölen Songtitel mitKollegahs Fans scheinen diese Ankündigungen nicht zu stören. Im Gegenteil: Immer wenn sie ahnen, wohin das Geschwafel führen wird, grölen sie den nächsten Songtitel mit. Sie - das sind überwiegend Jungs zwischen 15 und 25. Sie recken die Arme in die Luft, lassen sie mit dem Beat auf und ab wippen. Sie sind muskelbepackt, tragen Goldkettchen und relativ kurz geschorenen Haare. Damit erinnern sie stark an den Rapper selbst. Der hat sich dazu aber noch mit goldener Uhr und Sonnenbrille ausgestattet.
Ähnlich sind auch Rapper Koree und Frederic gestylt, die Kollegah auf der Bühne bei seinem Sprechgesang unterstützen. Letzterer ist vor allem durch regelmäßige Auftritte in Kollegahs Youtube-Kanal „BosshaftTV" bekannt. Nicht nur dort, sondern auch hier auf der Bühne muss er den „Butler" spielen: „Wenn ihr nach dem Konzert noch irgendwelche Dienstleistungen benötigt, meldet euch. Frederic kann euch zum Beispiel die Schuhe sauber lecken", lässt Kollegah wissen. Jetzt solle der Diener aber erst einmal die AKs aus dem Wandschrank holen. Drei Mal dürfen Sie raten - richtig, es folgt „AKs im Wandschrank". Wenig später muss Frederic runter auf die Knie. „Weißt du, wie lange du so verharren musst?", fragt „Boss" Kollegah. „Bis zum Morgengrauen!" Und natürlich heißt auch so ein Lied von ihm.
Bei der Auswahl der Songs hat sich Kollegah auf sein aktuelles viertes Album „King" konzentriert. Einige alte Sachen wie „Big Boss" vom zweiten Album oder „Stiernackenkommando" von einem der Kollab-Alben mit Farid Bang hat er aber auch mitgebracht. Die Songs sind größtenteils kürzer als auf Platte - jeweils abgewürgt durch ein Scherbenklirren, das DJ Arow einspielt.
Kollegah legt Zigarrenpause einDafür sitzen die Texte, selbst im Doubletime. Kollegah, der mit bürgerlichem Namen Felix Blume heißt und aus Hessen stammt, legt eine beeindruckende Leistung hin. Außer Atem gerät der Wortakrobat nicht. Und das, obwohl er neben dem Rappen fast schon boygroupmäßig synchron mit seinen beiden Buddies auf der Bühne die Arme hin und her wirft. Nach der ersten halben Stunde des Konzerts verlangt er zwar eine Pause - aber nur um eine Zigarre zu quarzen. Frederic muss sie anstecken. Und dann wird schnell klar, dass auch diese Unterbrechung reine Inszenierung ist, die Überleitung zum nächsten Song. Kollegah bläst seinem Butler den Rauch ins Gesicht. „Was ist das?", fragt er. Na klar - „Blauer Dunst".
Nach nicht einmal einer Stunde ist der Spuk vorbei. „Das war echt kurz", beschweren sich einige Fans. Kollegah gibt zwar eine Zugabe - aber die beschränkt sich auf einen einzigen Track. Wahrscheinlich hatte der Gangsta-Rapper einfach nicht mehr Song-Ansagen einstudiert. Schade eigentlich.