Nach der 238. Serienfolge von "Friends" endet zwar unser Leben mit der Sechser-Clique aus New York, aber daran wird man sich gewöhnen
Gerade haben mir nach zehn Jahren drei Freundinnen auf einmal die Freundschaft gekündigt. Nein, sie hießen nicht Phoebe, Monica und Rachel, auch, wenn es ähnliche Charakterzüge zwischen ihnen gab. Mich persönlich beruhigte in dieser menschlich enttäuschenden Situation wenigstens die Tatsache, dass sich während eines Lebens alle sieben Jahre die Freundeskreise verändern.
Am Dienstag also noch mehr Trennungsschmerz: Es lief die allerletzte Folge der US-Serie „Friends". Seit 1996 habe ich von den zehn Staffeln mindestens sieben geschaut. In den letzten drei Jahren setzte ich aus, weil mich die inzestuösen immergleichen Verwicklungen zwischen den Seriencharakteren langweilte. Bis auf die Geschwister Monica und Ross haben schon fast alle die Partner getauscht. Und die Serienlacher vom Tonband könnte man auch mal austauschen. Eben wie in der Clique im richtigen Leben: Irgendwann braucht man neue Gesichter um sich. Trotzdem war ich irgendwie auf das Finale gespannt, das allein in den USA über 52 Millionen Menschen vor den Bildschirm zog. Darin tauchten ein letztes Mal alle sechs Charaktere auf, die gemeinsam in Manhattan wohnen und sich in jeder Folge auf ihrem Sofa im Stammcafé „Central Perk" treffen: Der erfolglose Schauspieler Joey Tribiani, der wegen seiner mangelnden Intelligenz Beschützerinstinkte weckte. Monica, die früher ziemlich dick war, nun hübsch, aber in ihrer Funktion als Chefköchin oft mit ihrer Pingeligkeit nervte. Die spirituell angehauchte Phoebe, die irgendwann ihre Zwillingsschwester entdeckte, aber solo immer noch charmant für zwei war. Ross, der trottelige Archäologe, der so ehrlich durchs Leben geht, dass er es mit Frauen schwerer hat als mit seinem Haustier, einem Äffchen. Beide gefielen mir immer sehr. Chandler, der ewig unzufriedene Spaßvogel und nicht zuletzt die beliebteste Person der Serie: Rachel. Sie stieß in der allerersten Folge zu der Clique und bleibt zehn Jahre bei ihnen und in ihren Wohngemeinschaften hängen. Damals ließ sie ihr Bräutigam sitzen und Rachel suchte Unterschlupf bei ihrer Schulfreundin Monica. Nun, in der allerletzten Folge, der Nummer 238, da will Rachel alle fünf wieder verlassen, um alleine nach Paris zu ziehen.
Wer die Serie nicht kennt, der versteht schwer, was an den immergleichen sechs Leuten so reizvoll sein soll. Mich begeisterte zuletzt vor allem die mediale Vermischung zwischen den wahren Leben der Schauspieler und ihren Serienfiguren. Da muss man gar nicht mehr zuschauen, sondern braucht nur entsprechende Zeitschriften zu konsultieren. So lässt Chandler, gespielt von Matthew Perry, Serienfans anhand seines Gewichtes sofort erkennen, aus welchem Jahr die Folge stammt. Was durchaus tragisch ist, denn Perry kämpft seit Jahren mit Tabletten- und Alkoholabhängigkeit. Wegen seiner Klinikaufenthalte verschoben sich manchmal die Drehtermine, was Courtney Cox-Arquette (spielt die Monica) für Blockbuster wie "Scream" zu nutzen wusste. Jennifer Aniston, die die vernünftige Rachel verkörpert, baute in den Serienpausen ihre Filmkarriere mit Komödien weiter aus und schnappte sich Karriere fördernd den Frauenschwarm Brad Pitt als Gatten. An allen anderen Serienstars bleibt nun wohl auf ewig die naive "Phoebe" oder der Trottel "Ross" haften. Nochmehr beim Dummkopf "Joey", der seit kurzem alleine in der Sit-Com "Joey" beim US-Sender NBC sein Glück versuchen darf. Doch ohne seine fünf Freunde ist er ebenso wenig erfolgreich, wie als Joey, der glücklose Schauspieler.
Im deutschen Finale am 11. Oktober gab es eine peinliche Ungereimtheit zwischen der Schauspielerin Courtney Cox-Arqeutte und ihrer Rolle als Monica: Letztere bekommt mit Freund Chandler dank einer Leihmutter Zwillinge. Doch keinem Zuschauer entgeht, dass Courtney-Cox zum Zeitpunkt des Drehs selbst hochschwanger war. Was die Produzenten sehr stümperhaft mit weiten Klamotten zu Übertünchen versuchen, anstatt das Drehbuch zu ändern. Die Übereinstimmung zwischen Rolle und Darsteller, die sonst nie gewünscht wird, hat das Produzententeam hier leider versäumt. Dagegen wirkt das endlose Rachel-liebt-Ross-und-Ross-liebt-Rachel-Drama nervenaufreiben, da es von Anfang an keines sein musste. Würden sich nur beide endlich eingestehen, dass sie sich lieben. Was sie am Ende in einer obligatorischen und somit abgelutschten Flughafen-Panik-Szene auch tun. Den wahren Serienfan wird der Kitsch nicht gestört haben, mich schon. Während das Finale in den USA am 6. Mai 2004 ausgestrahlt wurde, liefert das Happy-End bei uns Anlass zur Hoffnung: Schließlich ist die Schauspielerin Jennifer Aniston derzeit immer noch nicht über die schmerzvolle Trennung von Ehemann Brad Pitt hinweg, der seit Monaten mit seiner Schauspielkollegin Angelina Jolie und ihren Adoptivkindern auf Familie macht. Aniston selbst war ihre Karriere stets wichtiger als Familiengründung. Doch jetzt bekam auch sie, was sie verdiente: Als Rachel durfte sie diese Woche im deutschen Fernsehen mit ihrer langjährigen Serienliebe Ross knutschen. Schön schmalzig. Und eine wunderbare, zufriedenstellende Vermischung von Sit-Com und Leben. Jennifer, es wird alles gut. Der Abschied von dieser US-Serie fällt hiermit nicht mehr schwer. Tschüss! Und wir wissen jetzt: Manchmal muss man sich eben trennen, sei es vom Ehegatten Brad, von der längst abgelaufenen Freundschaft - oder von einem durchaus erfolgreichen Serienvertrag.